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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Sturzflut:
    »Wir haben es nicht gewußt. Niemand hat es gewußt, bis wir heute morgen hier ankamen. Kendra hatte Ralph und Serena gesagt, sie sollten es niemandem mitteilen. Sie hatte Angst, jemand könne es Loren erzählen, und das wollte sie unter allen Umständen verhindern. Sie wußte selbst noch nicht, wie krank er war. Keiner wußte es. Aber er war krank und litt Schmerzen, und sie hat gemeint, warum soll man es ihm noch schwerer machen? Sie hat auch Ralph gesagt, er solle im Laden nichts erzählen, weil die Packjungen so gern klatschen. Sie hat es nicht einmal meinem Mann gesagt. Er war zwei- oder dreimal hier, um mit Loren zu sprechen, und Loren schien es ganz gut zu gehen. Natürlich war er noch schwach, aber immerhin … Also, er wußte es nicht, und mein Mann wußte es auch nicht. Aber heute haben wir es erfahren. Mein Mann ist 'runter ins Geschäft gegangen, weil er sich hier nicht mehr nützlich machen konnte, aber ehe er ging, mußte er Kendra versprechen, kein Wort zu verraten. Doch jetzt kommen Sie und wollen Kendra besuchen, und Kendra hat Sie so gern, daß Sie's Ihnen erzählen wird, denn sie weiß ja, daß Sie's Loren nicht weitersagen werden …«
    Marny bebte vor Ungeduld.
    »Mrs. Chase, worüber reden Sie denn eigentlich? Sprechen Sie es doch endlich aus!«
    »Ich will's Ihnen doch die ganze Zeit sagen, aber es ist so schwer«, murmelte Mrs. Chase. Wieder mußte sie weinen. Mühsam sagte sie dann:
    »Es ist das Baby, Marny.«
    »Um Gottes willen«, flehte Marny, »reden Sie doch endlich! Was ist mit dem Baby?«
    Mrs. Chase riß sich zusammen.
    »Der Kleine hat sich in dieser Nacht eine Erkältung geholt. Man hat es erst am Tag gemerkt, nachdem sie Loren nach Hause gefahren hatten. Es schien bloß so eine kleine Erkältung zu sein, aber es ist schlimmer geworden. Jetzt kann er kaum noch richtig atmen. Er glüht vor Fieber. Der Doktor hat alles getan, was in seinen Kräften stand, aber nun ist er am Ende mit seinem Latein.«
    »Und Loren weiß nicht einmal, daß das Kind krank ist?« flüsterte Marny.
    Mrs. Chase schüttelte den Kopf. »Sie haben die Krippe nach unten gebracht. Kendra hat Loren nichts erzählt. Sie hat geglaubt, der Kleine wäre in ein paar Tagen wieder in der Reihe. Loren hatte seine Verletzung, und deshalb wollte sie ihm keine weiteren Schmerzen zufügen. Wenn Loren nach dem Kind fragt, redet sie sich damit heraus, daß der Arzt gemeint habe, es sei bei diesem feuchten Wetter besser, das Kind nicht aus seiner warmen Krippe zu nehmen und über die zugige Treppe nach unten zu tragen. Das hat Loren richtig gefunden. Aber mit jedem Tag ist es schlimmer geworden mit dem Kind, und jeden Tag muß Kendra lächeln und Loren sagen, daß es ihm gutgehe. Es geht dem Kind aber gar nicht gut. Ich habe es heute morgen gesehen.«
    Mrs. Chases Stimme brach. Über ihre rosigen Wangen rollten die Tränen. »Marny, dieses Kind ist schwer krank. Und Kendra weiß das auch. Erst einen Monat alt, und sie sind so schwach und hilflos, die Kleinen. Marny, ich weiß nicht, wie es um Loren steht, aber dieses Kind … Marny, ich glaube, es wird sterben.«

51
    Zitternd lehnte sich Marny an das Treppengeländer. Sie mußte an Lorens Freude denken, als er in den Calico-Palast gekommen war, um ihr von der Geburt seines Sohnes zu berichten. Sie mußte an ihren ersten Besuch danach bei Kendra denken. Und an Kendras Worte: »Ich bin ja so glücklich über ihn! Ich hätte nie geahnt, wieviel ein Baby bedeutet.«
    »Gott steh' ihr bei!« murmelte Marny. »Kendras Kind!«
    Mrs. Chase nickte und trocknete ihre Tränen. »Jetzt werde ich Kendra sagen, daß Sie hier sind.«
    »Wenn Kendra mich nicht sehen möchte, richten Sie ihr aus, wie sehr ich mit ihr fühle.«
    »Ich nehme an, sie wird mit Ihnen sprechen wollen. Sie ist jetzt bei dem Baby. Warten Sie hier.«
    Mrs. Chase ging ins Eßzimmer. Marny fiel ein, wie ausgelassen sie an diesem Tisch gewesen waren. Und wie anders war nun heute alles! Auf diesem Tisch lagen neben der Krippe die Sachen des Kleinen, und in der Krippe selbst verhauchte der Kleine sein bißchen Leben.
    Wenn ich nur irgend etwas tun könnte, dachte Marny. Irgend etwas, um zu helfen. Aber sie konnte nichts tun. Sie hatte nie eine Krippe geschaukelt. Nie im Leben hatte sie ein Kind gewickelt.
    Kendra kam aus dem Eßzimmer und schloß die Tür leise. Auch in der Düsternis des Flurs war zu erkennen, daß sie in der vergangenen Woche dünner geworden war. Marny ging auf sie zu, legte ihre Arme um

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