Alles Ist Ewig
Rücken.
Adam schien ihr Unbehagen zu spüren. »Ich habe eine bessere Idee. Warum machen wir nicht einen Spaziergang und gehen zu Fuß zum Restaurant? Ich habe einen Tisch im Amrita reserviert.« Er hielt Haven die Tür auf. Erst als sie einen Block weit gelaufen waren, fiel Haven auf, dass Adam keinen Mantel angezogen hatte. Es mussten um die minus sechs Grad sein. Und Adam hier draußen nur in seinem dünnen Kaschmirpullover zu sehen, war ein bisschen, wie Clark Kent ohne Brille zu erwischen.
»Erzähl es mir«, forderte sie ihn auf.
»Haven, hältst du es für möglich, dass Beau mit Absicht untergetaucht ist?«
»Nein!«, antwortete Haven energisch. »Warum sollte er denn so was machen?«
»Gordon Williams hat sich nur darüber gewundert, dass Beau sein College einfach verlassen hat, obwohl einige wichtige Prüfungen anstanden.«
»Er war aufgeregt«, versuchte Haven zu erklären. »Er war fest davon überzeugt, er würde in New York den Mann treffen, der für ihn bestimmt ist. Ich glaube, er hat noch nicht mal mehr an seine Prüfungen gedacht .«
»Gordon fand es außerdem auch seltsam, dass Beau neulich auf der Straße gesehen wurde. Hört sich nicht unbedingt an, als würde er irgendwo gegen seinen Willen festgehalten, meinst du nicht?«
»Wovon redest du eigentlich? Sein Gesicht war voller blauer Flecken! Worauf willst du hinaus, Adam?«
»Du hast doch bisher Beaus Studiengebühren bezahlt, oder?«
Beim Gedanken an ihre derzeitige Armut runzelte Haven die Stirn noch stärker. »Ja, zumindest bis Virginia Morrow mich des Betrugs bezichtigt hat. Aber was hat das damit zu tun?«
»Gordon hat mir erzählt, dass Beau sich in seinem Studium nicht besonders angestrengt hat. Er hat Kurse geschwänzt, und seine Noten waren ziemlich miserabel.«
»Das Semester ist doch noch nicht mal halb rum!«, wandte Haven ein. »Beau hätte noch genug Zeit gehabt, um wieder aufzuholen.«
Adams Stimme klang nun sanfter. »Aber vielleicht hatte er selbst nicht das Gefühl, er könnte es noch schaffen. Vielleicht hat er sich dafür geschämt, dass dein Geld nutzlos verschwendet wird.«
»Aha. Jetzt verstehe ich, was hier läuft.« Haven warf Adam einen finsteren Blick zu. »Anstatt nach Beau zu suchen, erfindet Commissioner Williams irgendwelche Ausflüchte, um seine eigene Unfähigkeit zu verschleiern. War er deswegen heute Abend hier? Um dich davon zu überzeugen, dass Beau absichtlich verschwunden ist, nur damit ich nicht erfahre, dass er an der Vanderbilt grandios gescheitert ist?«
»Es ist ja bloß eine Theorie, die Gordon mit mir besprechen wollte.« Adam blieb stehen. »Haven, ich habe einen Blick für jene Seiten, die die Menschen gern vor anderen verbergen. Glaubst du, es besteht auch nur die geringste Möglichkeit, dass Beau vielleicht gar nicht gefunden werden will?«
»Nein!«, rief Haven wieder. »Ich fasse es einfach nicht! Denkt Commissioner Williams vielleicht auch, Beau hätte sich selbst zusammengeschlagen?«
»Es könnte eine andere Erklärung für seine Verletzungen geben.«
»Nein! Nein, Adam! Beau würde nie jemandem, den er liebt, solche Angst einjagen, nur um sein Gesicht zu wahren. Außerdem, wenn Beau in seinen Kursen durchgefallen wäre, hätte er mir das ganz sicher erzählt!«
»Und das makellose Bild riskiert, das du von ihm hast?«
»Er hätte es mir erzählt!«, wiederholte Haven, die sich weigerte, eines der letzten Dinge, deren sie sich sicher gewesen war, infrage zu stellen. Sie hatte ein ganz ähnliches Gefühl gehabt. Irgendetwas war faul an Beaus Verschwinden. Vielleicht hatte er wirklich Probleme am College. Aber er hätte Haven niemals absichtlich durch diese Hölle geschickt. Es spielte keine Rolle, was für Indizien darauf hindeuteten. Beau Decker würde ihr niemals wehtun. Das – da war Haven sich vollkommen sicher – war eine unumstrittene Tatsache.
»Es tut mir leid«, sagte Adam, der sich nun geschlagen gab. »Es war ja auch nur eine Vermutung. Gordon war einfach verwundert, dass seine Männer den Fall bisher nicht lösen konnten. Er hat sich gefragt, ob Beau womöglich irgendwie erfahren hat, dass wir nach ihm suchen, und New York wieder verlassen hat.«
Haven kaute auf ihrer Unterlippe und versuchte, ihre Wut im Zaum zu halten.
»Es tut mir leid«, sagte Adam abermals. »Wir suchen weiter nach Beau. Und ich werde Gordon noch ein bisschen Druck machen. Mach dir keine Sorgen. Können wir das Ganze jetzt vielleicht einfach vergessen und unser Abendessen
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