Alles ist mir nicht genug
von Calypso angezogen.
Jetzt saß sie auf der Veranda, rauchte eine Merit und machte sich Gedanken
über Audrey Hepburn, während sie auf Serena wartete.
Als würde sie
nicht sowieso ständig an Audrey denken.
Eine weitere
bewundernswerte Eigenschaft, die sie in ihrem Bewerbungsessay unbedingt
ansprechen wollte, war Audreys Wandlungsfähigkeit. Man konnte sie hinstellen,
wo man wollte, und ihr anziehen, was man wollte - das spießige Tweedkostüm, das
sie in »Ein süßer Fratz« im Buchladen getragen hatte, oder den abgefahrenen
Hut und das Spitzenkleid aus der Ascotszene in »My Fair Lady« -, sie passte
sich jedem Kleidungsstil und jedem Milieu perfekt an, ohne je ihre coole
»Audreyhaftigkeit« zu verlieren.
Blair hoffte,
dass sie sich an der Uni ähnlich mühelos einfügen würde. Sie und Nate würden
ja nun aller Voraussicht nach nicht in einer geilen Wohnung in New Häven zusammenwohnen,
also würde sie sich wahrscheinlich im Studentenwohnheim ein Zimmer mit einer
Studienkollegin teilen müssen. Vielleicht würde sie in der Mensa essen und
ganz sicher in die Vorlesungen gehen müssen. Aber eines wusste sie jetzt schon.
Sie würde keine schlabbrigen Sweatshirts mit Yale-Aufdruck anziehen und sich
auch keinen Rucksack zulegen. Nein, sie würde ihre Würde, ihren Stil und ihre
einzigartige »Blairhaftigkeit« bewahren.
Sie zog
nachdenklich an ihrer Zigarette und versuchte, sich Audrey in dem Kleid aus
»Frühstück bei Tiffany« mit den langen schwarzen Handschuhen und dem
Perlenhalsband auf dem Campus in Yale vorzustellen.
Und plötzlich
wusste sie es. Das war die Idee für
ihren Bewerbungsessay. Sie würde ein Drehbuch schreiben und Audrey darin zur
Yale-Studentin machen!
Ms Glos hatte
ihr empfohlen, kreativer zu sein, und ein Drehbuch zu schreiben war ja wohl so
ungefähr das Kreativste, was man sich vorstellen kann. Sie sprang hoch, riss
die Fliegengittertür auf und stürzte ins Zimmer, um sich sofort an die Arbeit
zu machen. Auf die lahme Party konnte sie verzichten. Es war viel wichtiger,
sich ihren Studienplatz in Yale zu sichern.
Serena stand
vor dem Spiegel und verknotete gerade einen meergrünen mit Perlen bestickten
Pareo in der Hüfte. Sie hatte noch immer ihren feuchten weißen Bikini an und in
ihren Haaren klebten Sandkörnchen.
Blair blieb
stehen. »Wie? Ich dachte, du ziehst dich um.«
Serena verzog
das Gesicht. »Ach, ich hab keinen Bock.« Natürlich erwarteten alle, dass sie
sich für Flow ganz besonders aufstylte - aber mal ehrlich: Wozu denn?
Tatsache war,
dass Serena sowieso zehnmal besser aussah als jedes andere Mädchen auf der
Insel, ganz egal, was sie anzog.
»Willst du im
Bikini auf die Party?«, fragte Blair verwirrt.
Serena nickte.
Blair zog ihr
iBook aus der Tasche und ließ sich damit aufs Bett fallen. »Ich glaub, du bist
in der Trotzphase.«
Serena setzte
sich neben sie. »Kann sein.« Sie sah Blair, deren Finger bereits über die
Tastatur flogen, fragend an. »Was wird das denn?«
»Ein
Drehbuch.« Blair hatte in die erste Zeile schon ihren Namen und das Datum - 24.
Dezember - getippt und darunter den vorläufigen Titel: »Audrey geht zur Uni«.
»Ich hab mir überlegt, dass ich lieber gleich damit anfange und nicht auf die
Party geh.«
»Ach, wer ist
denn jetzt hier trotzig? Miles ist ganz heiß drauf, endlich was mit dir zu
machen, und ich geh auf gar keinen Fall allein.« Serena legte den Kopf auf
Blairs Schulter. »Heute ist Weihnachten. Willst du denn gar keinen Spaß haben?«
Blair nagte an
ihrer Unterlippe. »Schon, aber noch lieber will ich nach Yale.«
Doch da hatte
Serena schon entschlossen den Deckel des iBooks zugeklappt. »Ich kümmer mich
darum, dass du alles kriegst, was du willst.« Sie sprang vom Bett und zog Blair
auf die Füße. »Bitte komm mit, ja? Bitte!«
Blair stöhnte.
Serena besaß die bemerkenswerte Fähigkeit, sich innerhalb von Sekunden von
einer Zicke in ein juchzendes Partygirl zu verwandeln. »Okay«, seufzte sie.
»Aber wenn die in Yale mich nicht nehmen, ist das ganz allein deine Schuld.«
Miles und
Aaron erwarteten die Mädchen in der Bar. Aaron trug einen schwarzen Leinenanzug
und ein graues T-Shirt und hatte sich die Dreadlocks seitlich flach gestrichen
und oben hochgezwirbelt. Wäre er nicht Blairs Stiefbruder gewesen, hätte sie
ihn richtig süß gefunden.
Aaron fand
Blair mehr als süß. Sie war noch brauner geworden und ihre dunklen Haare
hatten in der Sonne einen goldenen Schimmer angenommen. Ihr durchsichtiges
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