Alles paletti
befindet. Möglich sind Cape Girardeau, eine relativ große Stadt, oder New Madrid, ein viel kleinerer Ort, wo es jedoch eine Werkstatt gibt, die alles anbietet -
Schlosserarbeiten, Lackierungen, was immer man will. »New Madrid«, sagt der Tankwart, »ist eine halbe Stunde weiter südlich, wenn ihr das abwarten könnt.«
Jonsy entscheidet sich für New Madrid. Als sie wieder auf der Straße sind, ist es schon völlig dunkel geworden. Jonsy sagt: »Merkst du das, was für eine Stille?« Sie halten an einem Laden, der rund um die Uhr geöffnet hat, fragen nach der Werkstatt und kaufen etwas zu essen ein, denn das einzige Restaurant in New Madrid hat bereits geschlossen. Anschließend folgen sie der Richtung, die ihnen die Verkäuferin beschrieben hat. In der Dan Street, am äußersten Rand des Städtchens, finden sie das Holzschild mit dem Pfeil und der Aufschrift: »Harry - New Madrid Garage - alle Reparaturen«. Auf der ganzen Fahrt dorthin haben sie nur eine einzige Frau mit einem Hund gesichtet. Die Häuser sind großzügig angelegt, hell und farbenfroh gestrichene Holzhäuser mit Veranden. Izzi sagt, dass ihn diese Kleinstadt an einen Film mit Kevin Spacey erinnere, den er vor kurzem gesehen hat. »Kevin Costner?«, fragt Jonsy. »Nein«, seufzt Izzi kopfschüttelnd.
An der Werkstatt brennt noch Licht. Sie klingeln, und ein paar Sekunden darauf kommt jemand im weißen Unterhemd heraus. Er hört sich Jonsy an und sagt: »Kein Problem, wir lackieren ihn in der Früh.« Er geht um den Lastwagen herum. »Die Farbe schaut doch noch total in Ordnung aus«, bemerkt er.
Jonsy erwidert: »Wissen wir.«
»Dann ist er geklaut«, stellt Harry fest. »Das kostet euch mehr. Seid ihr aus New York hergekommen, um ihn lackieren zu lassen?«
Jonsy antwortet: »Er ist nicht geklaut. Die Firma, die draufsteht, ist pleitegegangen. Wir haben den Laster dem Besitzer
abgekauft. Er hatte Schulden, ist aus Amerika getürmt. Er wollte nicht, dass wir in eine Werkstatt in New York gehen, denn dann hätte ihn sofort die Einkommensteuer beschlagnahmt. Wir waren bis jetzt mit Arbeit beschäftigt, aber gerade haben wir mal kurz Zeit, also wollen wir ihn lackieren lassen. Wenn Sie nicht wollen - Sie müssen nicht, wir finden was andres.«
Harry betrachtet Jonsy eingehend. Auch Izzi blickt ihn an, beeindruckt von seinem Monolog. Ohne seinen Gesichtsausdruck zu verändern, sagt Harry schließlich: »Morgen früh um sieben. Habt ihr tausend Dollar?«
Jonsy zeigt ihm das Geld.
Sie parken mit dem Lastwagen im Riverside Park, am Mississippi. Von der Holzpromenade, die am Fluss entlangführt, zeichnet der Schein der runden Straßenlaternen Muster ins Wasser, umringt von hunderten Flügelwesen. Plötzlich hat man eine Menge Zeit. Solche Orte sind voller Zeit, wenn du am Abend ankommst, nichts zu tun hast und es nur dich, den Lastwagen und die Dunkelheit gibt, den Geruch des Flusses, die Stimmen der Tiere. Izzi sagt: »Vielleicht sollten wir noch mal zu dem Laden fahren und ein Anti-Mücken-Spray kaufen?«
Es wird kühl. Sie essen im Lastwagen. Im Radio spielen sie nur Countrymusik. Ab und zu kommt jemand vorbei. Sie fühlen sich sicher. Und morgen werden sie sich noch sicherer fühlen mit dem farbgetarnten Lastwagen. Die letzten Gedanken, die Jonsy durch den Kopf gehen, bevor er einschläft, drehen sich um die Frage, in welcher Farbe man den Lastwagen am besten lackieren lassen soll und ob es sich lohnt, etwas auf die Seitenwand zu schreiben.
Und Izzi denkt, im Mississippi gibt es Krokodile, meine Lieblingstiere.
EINE NEUE FARBE
Montgomery Cohen folgte dem gelben Nissan über zwei Stunden. Er konnte nicht anhalten, um Psych und Cornelia anzurufen, denn dann hätte er den Wagen verloren. Er musste darauf warten, dass die Ukrainer tanken, etwas essen oder weiß Gott was tun würden. Was zu guter Letzt auch geschah. Sie parkten an einem Motel und stiegen mit ihren Taschen aus. Es schien, als wollten sie über Nacht dort bleiben. Monty stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.
Er war schon kurz davor gewesen, vor Langeweile verrückt zu werden - der Highway Nr. 70 durch Westkansas und anschließend Ostcolorado, bevor es ins Gebirge hinaufging, war nicht gerade spannend. Es war auch nicht leicht, zwei Stunden lang konzentriert ein Auto zu verfolgen.
Er hörte sich Nachrichten an, lauschte den Worten von Liedern. Er mochte »The Way« von Fastball. Der Text erzählte von einem Elternpaar, das mit dem Auto strandete, anfing, zu Fuß zu gehen,
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