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Alles paletti

Titel: Alles paletti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Assaf Gavron
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Abendessen tranken sie ein bisschen Wein, um es besser hinunterrutschen zu lassen, und danach, als sie ins Excalibur zurückkehrten und in die Bar hinuntergingen, entdeckten sie, dass es dort Zubrowka gab, den polnischen Wodka mit dem Bison auf dem Etikett. Pozailov erkundigte sich, ob es einen in Bisonurin getränkten Strohhalm gebe - so würden die Polen, die etwas auf sich halten, den Zubrowka trinken -, doch der Barkeeper verzog das Gesicht. Es gibt Dinge, die gibt es nicht einmal in Las Vegas.
    Doch im Verhältnis gesehen tranken sie so gut wie nichts. Vladimir klärte Pozailov endlich darüber auf, dass Excalibur nicht der Name einer Stadt war, sondern ein Königreich im Mittelalter gewesen sein sollte. Pozailov sagte: »Wisst ihr, was mich wahnsinnig macht? Beim Ausgang von der Achterbahn war ein Stand, wo man Bilder von sich selber in dem Zug kaufen konnte, für sechs Dollar. Wegen diesen Israelis bin ich nicht dazu gekommen. Wenn ich jetzt hingehe, sind unsere Bilder dann noch da?«
    Ein paar Minuten nach neun traten sie im Letzten Mohikaner an, geduscht, frisiert, so weit wie möglich gut angezogen, und begannen, wie Vladimir befohlen hatte, um die Slotmaschinen herumzutänzeln. Er schärfte ihnen ein, die Seriennummern noch einmal zu überprüfen, hin und wieder zur Kontrolle einen Dollar hineinzuwerfen und sich ganz allgemein bereitzuhalten.
    Die Zeit verstrich zäh. Die bunten Lichter und das permanente Geklingel begannen Pozailov und Popeye zu zermürben. Vladimir spürte, wie sich ein spannungsgeladener Klumpen in seiner Brust aufbaute, doch er konnte ihn leider nicht mit dem probaten Gegenmittel, nämlich Wodka, vertreiben.
Er hatte das wichtigste Problem noch immer nicht gelöst - wer um Mitternacht an dem Automaten stehen und sich den Gewinn holen würde. Eigentlich hätte es eine ortsansässige Frau sein sollen, die Boris organisiert hatte, doch nun war es nichts mit Boris, es gab niemanden. Dieses Thema quälte ihn schon den ganzen Tag. Er hatte Boris darum gebeten, fast angefleht, wenigstens das, doch Boris hatte nur gesagt, er werde darüber nachdenken, und nun reagierte er bereits seit einigen Stunden nicht mehr auf Anrufe. Im Moment war seine einzige Möglichkeit Popeye, was jedoch eine miserable Option war, dessen war er sich bewusst. Er hatte sogar daran gedacht, sich einfach an irgendjemanden zu wenden, eine x-beliebige Person, die sich zufällig im Kasino herumtrieb, die ganz gewöhnlich, unscheinbar aussah, absolut unverdächtig. Aber er wusste, das wäre eine sogar noch miserablere Option als Popeye. Wie sollte man sich auf jemanden verlassen, den man nicht kannte? Die Leute liebten zwei Dinge ganz besonders - Geld und Geplapper. Per Zufall jemanden zu finden, der sowohl das Geheimnis bewahrte als auch das gewonnene Geld herausrückte, das war praktisch eine unlösbare Aufgabe.
    Er rief noch einmal Boris an. Keine Antwort.
     
    Wer sich dagegen durchaus erlaubte, hemmungslos zu trinken, war Chaim, der aus reinem Versehen in die Bar des Letzten Mohikaners geriet. Er war auf dem Weg zu der Bar mit den Mädchen, ins Tropicana, an die er sich von der vergangenen Nacht her erinnerte, wobei es auch die davor oder noch eine davor gewesen sein mochte. Er wollte eine Frau aufgabeln, mit ihr aufs Zimmer gehen, es ihr anständig besorgen, sich dann um die Sache mit dem Leihwagen kümmern und ein Flugzeug nach New York besteigen, oder vielleicht nach Chicago, wo
er sich von seinem Chevi Suburban getrennt hatte. Wie auch immer, unterwegs sah er eine Frau, von der er den Eindruck hatte, sie lächele ihm zu, und folgte ihr, den Blick auf ihren Hintern geheftet, und so fand er sich in der Lobby der kleinen und - im Maßstab von Las Vegas - relativ armseligen Spielhalle des Letzten Mohikaners wieder.
    Die Frau, der er gefolgt war, traf jemanden, den sie herzlich begrüßte und küsste. Chaim setzte sich an die Bar und bestellte einen Glenfiddich mit Eis. Während er die ersten Schlucke hinunterkippte, sah er sich noch um, war noch auf der Jagd. Nach vier Gläsern dachte er, Schlussausbasta, und begann, in sich selbst abzutauchen, in das Glas, in die Frustration des Fehlschlags und die Depression des Scheiterns, in diese schwarze Bitternis, die sich Chaim Galil nannte, die Sababa Moving and Storag’e hieß - und Zorn erfüllte ihn.
    Er ging auf die Toilette. Neben ihm am Pissoir stand Izzi. Izzi aus Obernazareth. Izzi, sein Arbeiter, Mitarbeiter von Sababa Moving and Storag’e, oder vielleicht richtiger

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