Alles paletti
den Weg gestellt wurden. In dem Jahr, in dem er nicht in der Gegend gewesen war, hatten sie die Glücksspielszene völlig unter ihre Kontrolle gebracht und seine Zatoka-Gruppe fast gänzlich übernommen. Er konnte es seinen Leuten nicht verdenken, sie hatten Arbeit gebraucht. Ganz langsam, im Einklang mit der Depression, mobilisierte er
neue Partner und plante den Schlag, der ihn wieder aufs Gleis setzen würde. So fand er Achmadan Pozailov, Absolvent der Sondereinsatztruppen Russlands, ein furchteinflößender kaukasischer Rotschopf mit einem Gewicht von hundertdreißig Kilo und der Größe von einem Meter neunzig, der in Afghanistan im Krieg gegen die Mudschaheddin gedient hatte. Pozailov war einfach eines Morgens, auf der Suche nach Arbeit, ins Zatoka hereingeschneit. Und er fand sie. Die Bekanntschaft mit ihm war der erste bedeutende Schritt auf dem Weg zurück. Pozailov brachte seinen russischen Freund Popeye mit, einen jungen Computerprogrammierer und ein Elektronikgenie. Mordechai, den genialen Mathematiker, der für die Österreichische-Bank-Operation in Moskau verantwortlich gewesen war, traf Vladimir per Zufall in Israel wieder, wo er seine Familie in Haifa besuchte. Als er hörte, wie jemand seinen Namen aus einem Café am Karmel rief, dachte er, er träume. Doch es war Mordechai, der ihm sagte, dass er Arbeit suche und sich freuen würde, mit ihm nach New York zu kommen. Das war der Augenblick, in dem Vladimir endgültig begriff, wozu er sich reichlich Zeit gelassen hatte - er war wieder im Geschäft, und diesmal würde er es richtig machen.
Vladimir begann, mit Mordechai über die Spielautomaten zu reden, eine Idee, die bereits seit geraumer Zeit in seinem Hinterkopf vor sich hingärte, schon seit er sich den wilden Reisen Arkadi Silbers nach Atlantic City angeschlossen hatte, vor allem als er zum ersten Mal die Mega-Bucks-Automaten gesehen hatte, die riesige Jackpotgewinne über die Vernetzung ermöglichten. Der Ort, der zu seinem Sturz geführt hatte, lieferte die Inspiration für das Comeback. Es war der perfekte Weg für die Rückkehr, denn er verknüpfte seine beiden Aktionsbereiche - Glücksspiel und Computer.
Und nun dachten zwei törichte israelische Jungen in einem blauen Lastwagen, sie könnten ihm das vermasseln. Er nahm einen Schluck Wodka und schloss kurz die Augen.
ZUM WABIGOONI-RESERVAT
Jonsy versuchte, eine bequeme Lage zu finden. Er wartete auf das sanfte Abgleiten in den Schlaf in der geheizten Lastwagenkabine, das Brummen des Motors im Ohr. Izzi starrte nach draußen in die kalte Nacht. Der Wind rüttelte an den Bäumen.
Er sagte: »Sag mal, Jonsy, dieser Russe, Vladimir, kam dir der nicht ein bisschen dubios vor? Das heißt, ich weiß auch nicht, irgendwie ein bisschen gefährlich?«
Jonsy ließ ein kurzes verächtliches Schnauben aus der Dunkelheit hören. »Weißt du, was ein Frajerski im Russischen ist? Das ist ein Frajer, ein Trottel. Ich hab gleich in der ersten Sekunde gesehen, dass er ein Trottel ist. Schluss damit, Izzi, es reicht mit der Paranoia. Schlaf jetzt. Morgen ist ein neuer Tag.«
Doch sie kamen nicht zum Schlafen. Da waren Stimmen. Menschen, die draußen vor dem Lastwagen redeten. Izzi flüsterte: »Jonsy, hörst du das?«, und sein Herz begann zu hämmern. Noch bevor Jonsy antworten konnte, vernahmen sie ein Klopfen am Fenster. Jonsy richtete sich auf. Er sah eine Hand, die wieder klopfte. Und dann dachte er, er träume: Draußen stand ein atemberaubendes Mädchen, das aussah wie eine indianische Prinzessin, und blickte zu ihm hinauf. Sie hatte langes schwarzes Haar, zu einem Zopf geflochten, eine Spur
schräg stehende Augen, und in dem matten Licht, das der Mond und der Schnee erzeugten, sah er, dass sie ihn anlächelte. »Was ist das denn?«, flüsterte er. Auch Izzi hob den Kopf.
Sie öffneten das Fenster.
Das Mädchen sagte: »Es tut mir leid, dass ich störe, aber, also ich meine, ich habe quasi gesehen, dass der Motor läuft, und deshalb habe ich gedacht, ihr seid sicher wach, oder?«
Jonsy antwortete: »Der Motor läuft die ganze Nacht wegen der Heizung. Das besagt gar nichts. Aber wir waren wirklich noch wach.« Er sah sie mit einem fragenden Blick an, und nun bemerkte er zum ersten Mal den jungen Mann, der neben ihr stand, in abgewetzten Jeans, mit glattem Haar und Bartstoppeln.
»Kann man was helfen?«, fragte Jonsy.
»Wir haben ein kleines Problem«, sagte sie. »Mit dem Auto. Es ist, also quasi …« Sie suchte nach Worten. »Es funktioniert
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