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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Glocke.
    Ting-ting-ting.
    Die beiden Figuren drehten sich um und kehrten durch die Luke ins Innere des Turms zurück.
    »Zum erstenmal habe ich sie als kleines Mädchen gesehen«, sagte Frau Flinkwert. »Ned Simnels Urgroßvater hat sie gemacht. Damals habe ich mich oft gefragt, was sie tun, wenn sie nicht an die Glocke klopfen. Ich dachte immer, daß sie hinter dem Ziffernblatt in einem kleinen Haus wohnen oder so.«
    DAS BEZWEIFLE ICH. ES SIND NUR DINGE. UND DINGE SIND NICHT LEBENDIG.
    »Hmm. Nun, die Figuren sind schon seit einigen Jahrhunderten hier. Vielleicht ist Leben eine Frage der Geduld.«
    JA.
    Sie warteten stumm. Gelegentlich hörte man das Geräusch des vorrückenden Minutenzeigers.
    »Deine Gesellschaft war mir… recht angenehm, Bill Tür.«
    Er antwortete nicht.
    »Und ich weiß deine Hilfe bei der Ernte sehr zu schätzen.«
    DIE TÄTIGKEIT AUF DER FARM WAR EINE INTERESSANTE ERFAHRUNG FÜR MICH.
    »Ich hätte nicht soviel von deiner Zeit beanspruchen dürfen. Nur für ein wenig Getreide…«
    NEIN. DIE ERNTE IST WICHTIG.
    Bill Tür öffnete die Hand, und erneut erschien die Lebensuhr.
    »Ich weiß noch immer nicht, wie du das anstellst.«
    ES IST NICHT SCHWER.
    Das Zischen des rieselnden Sands wurde immer lauter, bis es den ganzen Platz zu füllen schien.
    »Du hast jetzt noch die Möglichkeit, einige letzte Worte zu sprechen.«
    JA. UND SIE LAUTEN: ICH MÖCHTE NICHT STERBEN.
    »Nun, das ist ziemlich klar ausgedrückt.«
    Bill Tür stellte erstaunt fest, daß die alte Frau seine Hand hielt.
    Am Uhrenturm trafen sich Minuten- und Stundenzeiger. Wieder rasselte es, noch lauter als vorher. Die Luke schwang auf, und einmal mehr glitten die beiden Figuren nach draußen. Sie verbeugten sich voreinander, hoben ihre Hämmer…
    Dong.
    Hufe klackten übers Kopfsteinpflaster.
    Am Rand ihres Blickfelds beobachtete Frau Flinkwert purpurne und blaue Flecken, wie das unstete Glühen eines Nachbilds ohne Bild.
    Wenn sie den Kopf schnell von einer Seite zur anderen neigte, konnte sie schemenhafte graue Gestalten erkennen, die über der Mauer schwebten.
    Die Inspektoren, dachte sie. Sind hier, um sich zu vergewissern, daß alles nach Plan läuft.
    »Bill?« fragte sie.
    Er schloß die Hand ums goldene Gefäß der Lebensuhr.
    JETZT GEHT ES LOS.
    Das Klacken der Hufe schwoll zu einem unheilvollen Donnern an.
    DENK DARAN: DU BIST NICHT IN GEFAHR.
    Bill Tür wich in die Finsternis zurück.
    Kurz darauf trat er noch einmal vor.
    GLAUBE ICH, fügte er hinzu und verschwand in der Dunkelheit.
    Frau Flinkwert setzte sich auf die Treppe des Uhrenturms und hielt das schlafende Mädchen in den Armen.
    »Bill?« flüsterte sie.
    Eine Gestalt ritt über den Platz.
    Es handelte sich tatsächlich um das Skelett eines Pferds. Bei jeder Bewegung leckten blaue Flammen über die Knochen. Frau Flinkwert fragte sich, ob es die Überreste eines echten Rosses waren, das einst wirklich gelebt hatte. Oder sah sie ein Skelettwesen? Sie erkannte die Absurdität ihrer Überlegungen und klammerte sich trotzdem an ihnen fest – um so wenig wie möglich an jene grauenhafte Realität zu denken, die sich ihr nun näherte.
    Striegelte man ein solches Pferd? Oder polierte man es auf Hochglanz?
    Der Reiter stieg ab. Er war ein ganzes Stück größer als Bill Tür, doch angesichts des Kapuzenumhangs ließen sich keine Details erkennen. Die Gestalt trug etwas, das nicht ganz eine Sense war, obwohl es eine gewisse Verwandtschaft mit derartigen landwirtschaftlichen Werkzeugen kaum leugnen konnte; ebensowenig kann ein modernes chirurgisches Werkzeug über den Stock als Urahn hinwegtäuschen. Eines stand jedoch fest: Diese Sense hatte nie einen Grashalm berührt.
    Die Gestalt trat Frau Flinkwert entgegen, das Sensen-Äquivalent an die Schulter geneigt.
    Wo ist Er?
    »Weiß überhaupt nicht, wen du meinst«, erwiderte Frau Flinkwert. »Und an deiner Stelle würde ich dem Pferd mehr Futter geben.«
    Die Gestalt schien nicht recht zu wissen, was sie mit dieser Antwort anfangen sollte. Schließlich traf sie eine Entscheidung, nahm die Sense und blickte auf das Kind herab.
    Ich finde Ihn, sagte sie. Doch zuerst…
    Der neue Tod unterbrach sich und erstarrte.
    Hinter ihm erklang eine Stimme.
    LASS DIE SENSE FALLEN UND DREH DICH LANGSAM UM.
     
    Etwas in der Stadt, dachte Windle. In Städten gibt es nicht nur Bewohner, sondern auch Handel, Geschäfte, Religionen…
    Was für ein Unsinn! rief er sich innerlich zur Ordnung. Städte sind Dinge. Sie leben nicht.
    Aber

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