Alles Sense
einzelnen Geräuschen, die jemand einfach aneinandergereiht hatte – genausogut konnte man versuchen, die Karte eines Lands zu zeichnen, von dem man überhaupt nichts wußte.
Hnjip. Jnjip. Hwjomp.
»Es hat seinen Ursprung außerhalb der Stadt«, sagte Ludmilla. »Wohin gehen… all… die… Leute? Sie mögen die Musik doch nicht etwa, oder?«
»Ich kann es mir kaum vorstellen«, entgegnete Windle.
»Andererseits… Erinnerst du dich an die Probleme mit den Ratten im letzten Jahr? Ein Mann kam mit einer Flöte und meinte, er könnte die Ratten mit besonderen Klängen fortlocken.«
»Ja, aber die ganze Sache war ein Schwindel. Später entlarvte man Herrn Wunder Maurice und seine Gehorsamen Nagetiere…«
»Und wenn so etwas rein theoretisch möglich wäre?«
Windle schüttelte den Kopf.
»Musik, um Menschen anzulocken? Willst du darauf hinaus? Nein, unmöglich. Wir fühlen uns doch auch nicht davon angezogen. Mir scheint, das Gegenteil ist der Fall.«
»Ja, aber du bist kein Mensch mehr, zumindest kein lebender«, sagte Ludmilla. »Und ich…« Sie unterbrach sich und errötete.
Windle klopfte ihr auf die Schulter.
»Guter Hinweis«, sagte er. »Leuchtet mir ein.«
»Du hast es gewußt, nicht wahr?« fragte die junge Frau, ohne zu dem untoten Zauberer aufzusehen.
»Ja. Und falls es dich tröstet: Ich glaube nicht, daß man sich wegen so etwas schämen muß.«
»Meine Mutter ist anderer Ansicht. Sie sagt immer, es wäre schrecklich, wenn jemand dahinterkäme!«
»Ich schätze, es hängt davon ab, wer dahinterkommt«, erwiderte Windle und sah zu Lupine.
»Warum starrt mich dein Hund so an?« erkundigte sich Ludmilla.
»Er ist sehr intelligent.«
Windle griff in die Tasche, holte mehrere Handvoll Erde daraus hervor und entdeckte schließlich sein Tagebuch. Zwanzig Tage bis zum nächsten Vollmond. Der sehr interessant zu werden versprach.
Es kam Bewegung in den großen Metallhaufen. Karren rasselten hin und her. Hunderte, vielleicht sogar Tausende von Ankh-Morpork-Bürgern bildeten einen großen Kreis und beobachteten das Geschehen aufmerksam. Die alles andere als melodische Musik erklang auch weiterhin.
»Da ist Herr Schnapper«, sagte Ludmilla, als sie sich einen Weg durch die Menge bahnten. Die Leute um sie herum leisteten keinen Widerstand, wirkten wie hypnotisiert.
»Was verkauft er diesmal?«
»Ich glaube nicht, daß er irgend etwas verkaufen will, Herr Poons.«
»So schlimm ist es? Dann stecken wir in ziemlich großen Schwierigkeiten.«
Blaues Licht schimmerte aus einem der vielen Löcher im Haufen. Teile geborstener Einkaufswagen klimperten wie metallene Blätter herab.
Windle bückte sich und hob einen spitzen Hut auf. Er machte einen recht mitgenommenen Eindruck – offenbar waren mehrere Drahtgebilde darüber hinweggerollt –, aber er ließ sich noch immer als etwas erkennen, das auf den Kopf einer Person gehörte.
»Es befinden sich Zauberer da drin«, sagte Poons.
Silbriges Licht glitzerte auf dem Metall, schien sich dabei wie Öl zu bewegen. Windle streckte die Hand danach aus, und ein dicker Funken zuckte zu seinen Fingern.
»Hmm«, murmelte er. »Ein großes thaumaturgisches Potential…«
Dann hörte er die Stimmen der Vampire.
»Halliieh-hallooh, Herr Poons!«
Er drehte sich um. Die Notfaroutoes hielten auf ihn zu.
»Wir… Ich meine, vir fären schon eher gekommen, aber…«
»Ich konnte den verdammten Kragenknopf nirgends finden«, brummte Arthur ungehalten und schnappte kurzatmig nach Luft. Er trug einen zusammenfaltbaren Zylinder. Nun, in Hinsicht auf die Zusammenfaltbarkeit war mit dem Klappzylinder alles in bester Ordnung, aber es mangelte ihm an typischen Huteigenschaften, was dazu führte, daß eine Art schwarze Ziehharmonika auf Arthurs Kopf zu ruhen schien.
»Oh, hallo«, sagte Windle. Die Entschlossenheit der Winkings, allen Erfordernissen der vampirischen Existenz gerecht zu werden, hatte etwas Faszinierendes.
»Und fer ischt diesche junge Dahme?« fragte Doreen und bedachte Ludmilla mit einem strahlenden Lächeln.
»Wie bitte?« erwiderte Windle.
»Vas?«
»Doreen, ich meine, die Gräfin hat gefragt, wer die junge Dame ist«, übersetzte Arthur und seufzte.
»Ich habe mich verstanden«, sagte Doreen scharf. Jetzt wies ihr Tonfall deutlich darauf hin, daß sie in Ankh-Morpork aufgewachsen war und nicht in irgendeiner transsilvanischen Feste. »Ach, wenn ich alles dir überlassen würde, gäb’s überhaupt kein Niveau mehr…«
»Ich heiße
Weitere Kostenlose Bücher