Alles total groovy hier
unternehmen.
Doch nein. Es machte mich kirre.
Wie immer schien das Meer nachts noch glatter zu sein als bei Tag, und obwohl Scuzzi sichjede Mühe gab, rührte er ganz schön in der Suppe herum, warf weiße, fluoreszierende Gischt auf. Ich löste ihn ab und nahm Kurs auf die offene See, entschlossen, einen größtmöglichen Bogen zu schlagen. Wir mussten quer über die Bucht, vorbei an der Strandparty, und da wir das Geschehen am Strand so deutlich sehen konnten, war nur schwer zu glauben, dass es umgekehrt anders sein sollte. Doch seit meiner Feuerwache gestern Nacht hatte ich eine ziemlich präzise Vorstellung davon, wie weit der Lichtschein des Strandfeuers aufs Wasser reichte. Ich steuerte einen Kurs weit außerhalb, durchs tiefe schwarze Dunkel, ruderte obendrein mit leichtem Schlag, fast ohne Wellenbildung, unsichtbar. Trotzdem war es eine entnervende Erfahrung.
Die ganze Zeit dröhnten die Trommeln, gleichmäßig, eintönig, stumpfsinnig.
Unglaublich langsam zog die Strandparty an uns vorbei. Niemand rief, niemand zeigte auf uns, setzte uns nach mit heulendem Außenborder und gezückten Schlag-und Schusswaffen.
Nur die Trommeln dröhnten und dröhnten. Afrikanische Buschtrommeln, die ausgewachsene, ernste, hypnotische Sorte. Und sie wurden nicht länger geklopft, sie wurden geschlagen. Kein Gitarrengedudel, kein Singsang mehr, um sie zu begleiten. Die Trommeln sprachen für sich selbst. Aufputschend für die eine Seite, einschüchternd für die andere. Ein in Jahrhunderten, wenn nicht Jahrtausenden erprobter Effekt, dem man sich nicht entziehen konnte. Nach rund zwei Dritteln der Distanz wurden mir die Arme lahm, also tauschte ich wieder die Plätze mit Scuzzi und bereitete mich für meinen Tauchgang vor. Die Jeans ließ ich an, sie waren eh schon nass, wechselte nur die Schuhe gegen Flossen, schnallte den Bleigürtel um den Bauch und das Tauchermesser an die Wade, legte Brille und Stirnlicht bereit, verschraubte das Atemgerät mit der Flasche, drehte das Ventil auf. Vorbereitungen so weit abgeschlossen, blieb mir nichts zu tun, als zu warten und mit meiner wachsenden Beklommenheit zu ringen. Ruderschlag auf Ruderschlag arbeiteten wir uns um die beide Buchten trennende Klippe herum. Keine Brandung, nichts erlöste mich von dem Gefühl von latenter Bedrohung, das von der stillen, schwarzen Wasserfläche aufstieg wie Nebel. Nach dem Passieren der Felsnase und dem Andocken an der ersten der Bojen waren wir vor Blicken sicher, und ich atmete ein wenig auf. Immer noch erreichten uns die Trommeln, doch mittlerweile aus solcher Distanz, dass ihr Geräusch fast schon etwas Beruhigendes hatte. Nun denn. Pressluftflasche umgeschnallt, Seil hinten am Bleigürtel befestigt, Brille vollgerotzt und ausgespült und aufgesetzt, Stirnlicht ausgerichtet, Mundstück zwischen die Zähne geklemmt, und ich war bereit. Na ja. So bereit man eben ist für einen nächtlichen Tauchgang im Atlantik, ausgestattet mit der geballten Erfahrung eines beim Karaoke gewonnenen Schnuppertauchkurses im Mülheimer Hallenbad Süd. Die Trommeln wurden wieder lauter, schienen näher zu kommen, steigerten sich in ein gemeinsames Crescendo und verstummten nach einem letzten, heftigen, dreifachen Schlag. Dröhnende Stille folgte und ließ Raum für die Frage, womit sich die Trommler wohl als Nächstes beschäftigen würden.
Plötzlich war es zu still, mich klatschend ins Wasser fallen zu lassen, deshalb glitt ich unbeholfen vom Heck des Dingis hinunter und, Beine voran, zögernd hinein in die schaurig kühle, schweigende Schwärze unter mir. Nichts, musste ich feststellen, befeuert die Fantasie in ähnlichem Maße wie die Unmöglichkeit, auch nur ahnen zu können, ob sich von irgendwoher in dieser fremden Unterwasserwelt etwas nähert, irgendein Vieh mit kaltem Blut und starren Augen, das gleich exploratorisch an einer nackten Stelle deiner Haut zutzeln oder dir ohne viel Federlesens den Sack abreißen wird.
Für einen Moment aufkeimender Panik stoppte ich jede Bewegung. Nichts kam, um mich in die Tiefe zu ziehen und anschließend seinen Jungen zum Ausweiden zu überlassen. Meine Anspannung löste sich zögernd. Im Grunde hatte ich es jetzt nur noch eilig, und Scheißekalt war mir auch. Ich knipste das Stirnlicht an, bemühte mich um eine gleichmäßige Atemfrequenz, gab Scuzzi ein Zeichen und tauchte unter.
Erst mal sah ich nicht viel. Erst mal war ich auch abgelenkt durch die Leine, die sich dauernd um meine Beine und Flossen wickeln wollte. Ich
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