Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
aßen, bis es uns würgte. Um genau zu sein, aßen wir, bis die Kinder kamen. Danach ließen wir’s bleiben, und ich vermisste es auch noch – sonst konnte man ja nirgendwo hingehen.
Wir haben sandigen Boden, rot und leicht. Wegen des organischen Düngers fuhr ich bis nach Westmeath und brachte die erste Ladung auf einem Anhänger mit. Einen Laster konnten wir uns nicht leisten. Fünfmal bin ich gefahren.
»Aus Mist Gold machen«, sagte J. P., während er den Dünger um die Pflanzen schaufelte. »Aus Mist Gold machen.« Mittlerweile ist die Erde so fein, dass sie einem zwischen den Fingern zerbröselt.
Im Jahre drei schloss ich einen Handel mit einem kleinen Zulieferer in Smithfield ab. Im Jahre vier bekamen wir unser Bio-Siegel. Die Preise zogen an. Drüben in Gerties Restaurant sagte Ist-dein-Daddy-auch-satt-geworden, die Kartoffeln seien voller »Würmer«, und die Hochnäsige meinte, sie finde Bio »ziemlich gut«, aber woanders gebe es »bessere Bioprodukte«. Ich schaffte meinen ersten Lieferwagen an. Ich schaffte meinen zweiten Lieferwagen an. Jeden Tag donnerten sie an Gerties Tür vorbei.
»Weißt du, was mich fertigmacht?«, pflegte ich zu J. P. zu sagen. »Wenn sie jetzt anfingen, uns das Zeug abzunehmen, würden sie es damit begründen, dass die Qualität besser geworden sei. Oder sie würden zwar den Romana annehmbar finden, aber den Rest so schlecht wie eh und je. Und ich würde ihnen lächelnd Romana verkaufen. Das macht mich fertig.«
J. P. hört so etwas nicht gern. Er ist ein zurückhaltender Mann. Er liebt es, das Land zu bestellen. Ich tue so, als würde er mich damit auf die Palme treiben, aber natürlich ist es genau das, was mich bei Verstand hält. Heute Abend zieht er seine Klamotten aus, als wären sie ein Härtetest, als hätte sein Hemd ihn den ganzen Tag am Wickel gehabt. Er wirft sie in den Wäschekorb und knallt den Deckel zu. Dann kommt er nackt ins Bett: mein biologisch-organischer Mann. Er schließt die Augen, rollt sich zu mir, um meine Schulter zu küssen, rollt sich wieder weg und schläft ein.
Um vier Uhr morgens werfe ich einen Blick aus dem Badezimmerfenster und sehe den armen Ahorn, wie Saft aus ihm herausquillt, darüber jagen die Wolken. Gierige Bäume, diese Ahorne, in ihrem Schatten wächst nichts. Ich schaue in den Spiegel und denke über Gertie nach. Ich sehe sie noch als Fünfzehnjährige beim Gebet in der Schulkapelle, mit diesen klobig wirkenden weißen Handschuhen, die alle Mädchen trugen, wenn die Jungfrau Maria sie überkam. Ich denke an den kleinen Tyrannen, den sie geheiratet hat, an ihre Mutter, die immer unter irgendwelchen unbestimmbaren Symptomen litt. An deren Begräbnis um einiges später. Und an das Begräbnis
meines Vaters, wiederum später. Als Gertie mir die Hand schüttelte.
»Mein aufrichtiges Beileid.«
Gott, wie ich diese Frau hasse. Ich stütze mich auf das Handwaschbecken, beuge mich vor und schließe die Augen. Und denke an die Feldfrüchte, die ich für Gertie ernten muss: die wunderbar festen Kopfsalate, die violett sprießenden Broccoli, die frühen Bohnen. Ich male mir aus, wie ich sie, noch morgenkühl, aus der Erde ziehen und in ihre Kisten setzen werde und ihre Blätter die süße Luft einschließen. Ich denke daran, wie ich sie aufsammeln, sortieren und zusammen mit einem kleinen Bund Rosmarin und Thymian verpacken werde. Ich stelle mir vor, wie Gertie das kleine Bouquet herausnehmen, betrachten und zu schätzen wissen wird. Und ich seufze.
Ronan, unser Jüngster, kommt herein, das Gesicht noch ganz schlaftrunken. Er hält sich vorn den Schlafanzug. Ich helfe ihm, zur Toilette zu gehen, und er brummelt etwas von Kamelen, die ihr Wasser so lange im Körper halten könnten. Ich muss lächeln.
»Hydroponik«, sage ich zu J. P., als ich wieder ins Bett krieche. »Ebbe und Flut.«
»Das sagst du immer«, antwortet er. Es dämmert schon fast. Eigentlich könnte er aufstehen und mich weiterschlafen lassen. Das Licht vor unserem Fenster ist noch unentschlossen, und wir liegen in hellwacher Intimität da. J. P. hat das alles schon mal gehört – er kennt meinen Traum vom Wasser, von dem ins Unendliche wachsenden Salat, Reihe um Reihe von dem Zeug, das aus einem
spiegelglatten See sprießt, sodass man nichts als Salat und die Spiegelung von Salat sieht. Und, als ich einschlafe, vielleicht noch mich, wie ich in ihm treibe, vollkommen still inmitten all des Grüns.
Schacht
Sobald ich eintrat, wusste ich, dass er ihn berühren
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