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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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diesen langen Jahren nicht an weiblicher Gesellschaft gefehlt, aber ich habe die Frauen, mit denen ich zusammen war, nur selten gemocht, daher ist es mir ein Vergnügen, mich mit einer so lebhaften und anregenden Frau zu unterhalten. Sie hat mir erzählt, sie sei entschlossen, den Firmen ihres Mannes nicht nur als Aushängeschild zu dienen, sondern das Geschäft von Grund auf zu lernen, um die Firmenleitung zu übernehmen. Sie scheint sich in der Tat schon jetzt recht gut mit Webstühlen, Bilanzen und Geschäftskrediten auszukennen, lauter Dinge, von denen ich keine Ahnung habe. Ich nahm es ihr nicht übel, daß sie nie von Thrupp gehört hatte. Sie hat ein hübsches Lachen und eine Figur, die sich sehen lassen kann, auch wenn sie meiner Schätzung nach schon etwa Ende Vierzig ist. Aber obwohl ich ein Mensch bin, der innerhalb eines Augenblicks die Zukunft vor sich sehen und sich in einem Gesicht ein ganzes Leben vorstellen kann, dachte ich keinen Moment an Heirat.
    Ich werde nie wieder heiraten. Das ist meine Buße.

 
    MRS. HAZZARD UND ICH HABEN HEUTE ABEND zusammen gegessen, und ihre Gesellschaft hat mir wohlgetan. Bei Schmorbraten plauderten wir in aller Freundlichkeit über ihren verstorbenen Mann, und ich erfuhr unter anderem, daß er nicht nur ein begeisterter Kinogänger war, sondern auch Automobilsammler. Die Witwe Hazzard ließ durchblicken, daß er außerdem ein Schürzenjäger war, aber sie schien darüber nicht sonderlich verbittert zu sein. Nach einer kleinen Pause, während deren ich vielleicht der Höflichkeit halber eine Bemerkung zu meinem eigenen Leben hätte machen sollen, fragte Mrs. Hazzard (Betty, wie sie von mir genannt werden möchte), wie lange ich schon verwitwet sei. Ich gab ihr Antwort, wie es sich gehört, lenkte aber dann das Gespräch in andere, weniger gefährliche Bahnen und erzählte von meinem Sohn. Niemals könnte ich mit einem wildfremden Menschen über Etna sprechen, auch wenn es sich um eine so reizende Person wie Betty Hazzard handelt. Und nachdem ich einmal das Thema Kinder angeschnitten hatte, erzählte Mrs. Hazzard recht ausführlich (jedoch keineswegs ermüdend) von ihren eigenen Kindern, die sie unverkennbar sehr liebt. So war die gefährliche Klippe der Wahrheit glücklich umschifft.
    Mrs. Hazzard schalt mich gutmütig ob meiner gestelzten Sprache (die, fürchte ich, im Verlauf der Jahre nur noch schlimmer geworden ist) und unterbrach mich einmal, als ich das Wort dessenungeachtet gebrauchte. » Dessenungeachtet , Mr. Van Tassel?« sagte sie. Aber wenn auch das Wort dessenungeachtet nicht unbedingt der Verteidigung würdig ist, argumentierte ich als Professor der Englischen Literatur dennoch, daß man die schlichte (und für mein Gefühl verarmte) Sprache der heutigen Zeit anprangern müsse, da sie den Menschen in seinem Vokabular beschränke und ihm nicht erlaube, den Moment in einer Folge von Nebensätzen (Schachtelsätzen meinetwegen, wie der Volksmund sie nennt) aufzugliedern – ihn also gewissermaßen zu sezieren.
    Sie ließ sich das eine kleine Weile durch den Kopf gehen und sagte dann, sie unterhalte sich trotzdem gern mit mir und finde mich sehr charmant und amüsant. Da es einige Zeit her ist, daß eine Frau mich als charmant oder amüsant bezeichnet hat, errötete ich (das Blut meiner holländischen Vorfahren verrät mich im fortgeschrittenen Alter noch genauso wie in meiner Jugend), was sie erst recht zu erheitern schien, denn sie neigte den Kopf zur Seite und lächelte – ein Lächeln, das ich gern aufbewahren würde, um es in Momenten der Niedergeschlagenheit hervorzuholen.
    Wir saßen lange beim Kaffee, und ich wurde mir bewußt, daß mich der bevorstehende Abschied von ihr bedrückte, ich wußte ja, daß sie in Charleston aussteigen würde. Sie lud mich ein, sie zu besuchen, sollte ich auf der Rückreise in Charleston Station machen. Ich weiß natürlich, daß man solche Einladungen aus Höflichkeit ausspricht und nicht erwartet, daß der Eingeladene je erscheinen wird, aber nachdem wir den Speisewagen verlassen hatten und in unsere Abteile zurückgekehrt waren, gestattete ich mir eine Weile Phantasien von einem Besuch in dieser Südstaatenstadt, einem netten Beisammensein mit Mrs. Hazzard und vielleicht einer Freundschaft von Dauer.
    Die ersten Tage nach William Bliss’ Beerdigung waren schlimm für Etna, die sich in ihrem Zimmer verschanzte und nicht nur ihre wohltätige Arbeit, sondern auch ihre Familie vernachlässigte. Nicky, Clara und ich

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