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Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Alles, was er wollte: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was er wollte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anita Shreve
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schwammiger geworden, und die Konturen des gutgeschnittenen Gesichts – dieses hochmütigen Gesichts – hatten sich mit dem Alter ein wenig verwischt.
    »Oh, ich habe mich offensichtlich geirrt«, sagte Keep. »Ich dachte, Etna hätte ein Gemälde verkauft, das sie geerbt hat.«
    »Was denn für ein Gemälde?« fragte ich wieder.
    Keep trank einen Schluck aus seinem Sherryglas. »Woher soll ich das wissen, wenn Sie es nicht wissen.«
    »Etna hat kein Gemälde verkauft«, sagte ich. »Sonst wüßte ich davon.«
    »Natürlich«, sagte Keep.
    »Ich verstehe gar nicht, wie Sie auf den Gedanken kommen, daß sie ein Gemälde geerbt hat«, fuhr ich fort. »Wir besitzen eine Reihe von Gemälden, aber keines, das sie geerbt hat.«
    »Gewiß«, sagte Keep und trank noch einen Schluck Sherry (einen Amontillado, den ich selbst für diesen Anlaß besorgt hatte).
    »Wissen Sie, wer der Maler ist?« fragte ich.
    »Es wird kaum einen Maler geben können, wenn es kein Gemälde gibt«, versetzte Keep merklich gereizt.
    »Es gibt keines.«
    »Das sagten Sie schon.«
    Ich rümpfte die Nase. »Wirklich, Keep, wie sind Sie nur auf diese seltsame Idee gekommen?«
    »Vielleicht ein Claude Legny?«
    »Ausgerechnet ein Legny«, sagte ich mit milder Belustigung.
    Ich hätte wahrscheinlich weiterhin auf diese etwas verdrehte Art und Weise an meiner Ahnungslosigkeit festgehalten, hätte nicht das Wort Legny unversehens eine Erinnerung wachgerüttelt; eine Erinnerung an ein Gespräch, das ich im Spätsommer mit William Bliss geführt hatte, kurz nachdem er erkrankt war und die Schmerzen mit Morphium bekämpfte. (Später verschmähte er die Droge, da sie ihn, wie er sagte, wirr im Kopf machte.) Er hatte das Mittel gerade eingenommen, und es ist möglich, daß er sich in der Dosis geirrt hatte, denn seine Rede war ziemlich konfus. Er stellte Fragen und äußerte Behauptungen, die keinen Sinn erkennen ließen. Ich gab hin und wieder ein Ja, ja oder So, so von mir, achtete aber in Wirklichkeit kaum auf seine zusammenhanglosen Äußerungen. In diesem Moment jedoch, in William Bliss’ Speisezimmer, am Tag seiner Beerdigung, mit Josip Keep an meiner Seite, erinnerte ich mich plötzlich, daß Bliss die Wörter Legny und Etna in einem Atemzug ausgesprochen hatte. Es war so eine Verknüpfung von Namen, wie sie sich normalerweise irgendwo im Gedächtnis einnistet und dort verweilt, bis sie sich im Grab auflöst, es sei denn, sie wird vorher durch eine ähnliche Wortverbindung aktiviert.
    Legny. Etna.
    »Es hat nie ein Gemälde gegeben«, sagte ich.
    »Nein, natürlich nicht«, sagte Keep. »Es ist mir schleierhaft, wie ich auf so eine Idee gekommen bin.«
    »Ich muß jetzt zu meiner Frau«, sagte ich.
    »Selbstverständlich«, sagte Keep.
    Der Mann, der im Speisewagen neben mir sitzt, stochert mit der Gabel in seinem geschmorten Schinken herum, während er mit seinem Gegenüber ein Gespräch über den neuen deutschen Reichskanzler führt. Ich nehme an, sie sind einander fremd. Etwas weiter entfernt liest ein älterer Mann die Zeitung, an fast jedem Ort ein mühsames Unterfangen, jedoch beinahe unmöglich, wenn man in einem fahrenden Zug vor seinem Mittagessen sitzt. Firmengründer, der seine eigene Salbe aß, stirbt mit 96 , lautet die Schlagzeile. (Ich glaube, der Artikel bezieht sich auf den Erfinder von Vaseline.) Und noch ein Stück weiter weg bemerke ich einen Mann, dessen Gesicht mir bekannt vorkommt. Ich weiß nicht genau, woher; ich bringe das Gesicht mit Sport in Verbindung. Nach den mangelhaften Tischmanieren des Mannes zu urteilen, könnte ich da recht haben. (Er hat sich vorhin in seine weiße Serviette geschneuzt, eine unerhörte Flegelei!) Neben ihm sitzt ein Geistlicher und liest Thoreau.
    Ich bleibe an meinem Tisch, während ich dies schreibe, weil ich auf eine neuerliche Begegnung mit Mrs. Hazzard hoffe, einer Witwe aus Holyoke, Massachusetts, die offenbar von ihrem verstorbenen Mann ein halbes Dutzend Spinnereien geerbt hat, von denen eine in Südkarolina liegt, dem Ziel ihrer Reise. Man hat uns heute morgen beim Frühstück zusammengesetzt. Zwei große Familien – jede mit mindestens sieben Kindern – nahmen die meisten anderen Tische in Beschlag und veranstalteten ein solches Spektakel, daß die Witwe und ich uns weit über unsere Omeletts (mit Guajavakonfitüre) hinwegneigen mußten, um einander hören zu können. Dadurch entstand, zumindest bei mir, so etwas wie Zuneigung, und ich würde sie darum gern wiedersehen. Es hat mir in

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