Alles, was er wollte: Roman (German Edition)
verantwortlich. Ich war alt genug, um mir über die Konsequenzen meines Handelns im klaren zu sein und sie zu akzeptieren. Hingegen habe ich allen Anlaß, Ihrem Bruder, ebenso wie den Umständen der Trennung von ihm, dankbar zu sein. Eine Heirat mit Mr. Bass aus Brockton wäre aus vielerlei Gründen ein Desaster gewesen. Meine Beziehung zu Ihrem Bruder Samuel setzte dieser Verlobung ein notwendiges, wenn auch kompliziertes Ende, und darüber werde ich immer froh sein.
Was meinen Mann und das zukünftige Vertrauensverhältnis angeht, so sehe ich keinen Grund, mit ihm über eine Episode zu sprechen, die so lange zurückliegt. Ich hoffe, daß Sie uns am Sonntag besuchen und daß mein Mann und ich Sie als den Phillip Asher kennenlernen werden, der erst jüngst nach Thrupp gekommen ist.
Hochachtungsvoll
Etna Van Tassel
Hotel Thrupp
31. Oktober 1914
Sehr verehrte Mrs. Van Tassel,
zum Tod Ihres Onkels, William Bliss, spreche ich Ihnen mein tiefempfundenes Beileid aus. Ich habe Ihren Onkel bedauerlicherweise nicht gekannt, doch welche Hochachtung ihm von der gesamten Collegegemeinde in Thrupp entgegengebracht wurde, ist nur zu offenkundig. Wenn ich Ihnen in dieser für Sie schweren Zeit in irgendeiner Weise behilflich sein kann, so zögern Sie bitte nicht, es mich wissen zu lassen.
Ihr sehr ergebener
Phillip Asher
Holyoke Street
14. November 1914
Lieber Professor Asher,
verzeihen Sie, daß ich mich erst heute für Ihr freundliches Schreiben der Anteilnahme bedanke. Mein Onkel William war ein liebevoller Ehemann, ein treusorgender Vater und ein allseits geschätzter Lehrer. Man wird ihn sehr vermissen. Auch ich bedauere, daß Sie ihn nicht mehr kennenlernen konnten. Ich bin sicher, Sie beide hätten sich glänzend verstanden.
Mit Dank
Ihre Freundin
Etna Van Tassel
Hotel Thrupp
16. November 1914
Liebe Mrs. Van Tassel,
ich bedauere, Sie in der Zeit Ihrer Trauer zu belästigen, aber ich wollte Sie doch wissen lassen, wie leid es mir tut, daß ich den Begräbnisfeierlichkeiten zu Ehren Ihres Onkels nicht beiwohnen konnte. Unter den gegebenen Umständen hielt ich es für das beste, mich fernzuhalten.
In Gedenken an Ihren Verlust
Phillip Asher
Holyoke Street
18. November 1914
Lieber Mr. Asher,
bitte glauben Sie mir, wir haben es nicht als Affront empfunden, daß Sie nicht an der Beerdigung meines Onkels teilgenommen haben. Es waren viele da, die um ihn getrauert haben, auch, wie wir mit Genugtuung zur Kenntnis nahmen, eine große Zahl seiner früheren Studenten. Ich denke, ein besseres Zeugnis für seine Qualitäten als Physiklehrer gibt es nicht.
Ich weiß nicht, wann mein Mann und ich das nächstemal Gelegenheit haben werden, Sie in unser Haus einzuladen. Der Tod meines Onkels hat mich unerwartet schwer getroffen. Ich weiß nicht, warum, da ich hinreichend Gelegenheit hatte, mich auf seinen Tod vorzubereiten. Das Ereignis scheint eine alte Wunde aufgerissen zu haben, die ich längst verheilt glaubte. Kurz nach der unglücklichen Episode mit Ihrem Bruder starb mein Vater, und ich vermute, diese beiden Ereignisse sind in meinem Herzen mit dem gegenwärtigen verbunden.
Ich hoffe, Ihr Bruder befindet sich wohl. Ich würde mich freuen zu hören, wie es ihm geht.
Herzlich Ihre
Etna Bliss Van Tassel
Hotel Thrupp
20. November 1914
Liebe Mrs. Van Tassel,
mein Bruder hält sich in London auf, er wurde für die Dauer des Krieges in Europa zur Admiralität in London abkommandiert. Er darf uns nicht mehr über seine Tätigkeit berichten, als daß sie mit Astronavigation zu tun hat, dem Fachgebiet, das er, wie Sie sich vielleicht erinnern werden, in Exeter unterrichtete. Mein Bruder wanderte bald nach dem Ende seiner Beziehung zu Ihnen nach Kanada aus. Er ist seit 1897 Professor für Astronavigation in Toronto. Seine Frau Ardith und die vier Kinder der beiden leben weiterhin dort und werden ihm erst nach London folgen, wenn das Reisen wieder sicher ist. Wir alle beten um ein schnelles und gerechtes Ende des Konflikts in Europa.
Darf ich Ihnen sagen, daß die Erinnerung an Ihr Erscheinen im Haus meiner Eltern an jenem schneereichen Januarmorgen zu den nachhaltigsten meines frühen Erwachsenenlebens gehört? An jenem Tag gewann ich zum erstenmal eine Ahnung von der Wildheit der Liebe, die sich hinter dem Schleier kultivierten Betragens verbirgt. Es war für alle Betroffenen ein schrecklicher Moment, dennoch trage ich die Erinnerung daran seit Jahren in mir. Ich kann das Verhalten meines Bruders an dem
Weitere Kostenlose Bücher