Alles was ich sage ist wahr
es hören kann? So ein Zufall aber auch. Mein Gott, ich bin ein Genie! Ich weiß wirklich nicht, warum ich noch kein Förderstipendium bekommen habe, verdient hätte ich es.
* * *
»Unglaublich, du hast gar kein anderes Thema mehr als Isak«, sagt Oma eines Abends. »Wie oft ist er eigentlich in eurem Café?«
»Viel zu selten.«
»Und wie oft hast du ihn schon getroffen?«
»Ein Mal.«
»Nur ein Mal?«, sagt Oma und reißt die Augen auf. »Mehr nicht?«
Ich seufze.
Alte Menschen haben wirklich ein Talent, sich an völlig unwesentlichen Dingen aufzuhängen.
»Patience, my pet, patience«, sage ich.
»Was?«
»Ach, nichts. Mach dir einfach keine Sorgen. Das wird schon.«
* * *
Und das tut es. Exakt zwei Wochen nachdem ich Isak zum ersten Mal gesehen und entschieden habe, dass er der Mann meines Lebens ist, betritt er wieder das Café. Ich bin in der Küche und kümmere mich um die Spülmaschine, aber ich kriege es trotzdem gleich mit, weil Ellen den Kopf zur Tür reinsteckt und sagt, dass wir die Arbeitsverteilung ändern müssen.
»Du willst jetzt an die Kasse«, sagt sie. »Glaub mir.«
Und damit drückt sie mir den Notizblock, auf dem wir die Essensbestellungen aufnehmen, in die Hand und schiebt mich von der Spülmaschine weg. Und ehe ich richtig kapiert habe, was eigentlich los ist, stehe ich hinter der Kasse und einen halben Meter vor mir steht er. Mit der Lockenmähne und den Linien neben den Mundwinkeln und überhaupt.
Ich schlucke.
Er nimmt ein Tablett und sieht mich an.
Ich lächele.
Er lächelt.
»Hallo«, sagt er.
»Hallo«, sage ich.
»Kaffee mit Milch.«
»Ich weiß«, sage ich, ohne den Blick von ihm zu nehmen.
»Was?«
Er sieht unglaublich gut aus, wenn er verwirrt ist. Selbst dann.
»Du trinkst deinen Kaffee immer mit Milch«, sage ich einfach.
Er lächelt wieder.
»Haben wir …?«
»Nein.«
Ich strecke meine Hand über den Tresen. Er grinst, nimmt aber auf alle Fälle meine Hand. Ob er wohl die fünftausend Volt spürt, die von meinem in seinen Körper strömen, als unsere Hände sich berühren? Ich glaube schon, jedenfalls wird er rot.
»Alicia«, sage ich.
»Isak«, sagt er.
»Ja«, sage ich. »Das weiß ich auch.«
Er lacht, und ich bin sicher, dass er meine Hand eigentlich nicht loslassen will, auch wenn er es am Ende tut.
»War’s das?«, frage ich.
»Ja«, sagt er. »Oder, nein! Ich nehm noch so einen.«
Er nimmt ein Buttercookie von dem Teller neben der Kasse und legt ihn auf sein Tablett. Ich überlege, was ich noch sagen könnte, um unsere Unterhaltung zu verlängern, komme aber auf nichts Gescheites. Dann muss ich mich eben mit dem Naheliegenden begnügen.
»Das macht dann 38 Kronen.«
Er tastet in seiner Gesäßtasche nach seinem Portemonnaie, als das Mädchen neben ihm in der Schlange eine Geldbörse hochhält und ihm damit leicht auf den Arm schlägt.
»Hier«, sagt sie gereizt. »Die hab ich eingesteckt, remember?«
Oh, Aschenputtel! Steht sie schon die ganze Zeit da?
Hab ich völlig übersehen.
Isak dreht sich verwirrt zu ihr um, als hätte er ihre Anwesenheit auch völlig vergessen, murmelt ein Dankeschön und zieht zwei Zwanziger heraus, die er mir reicht. Sein Fokus hat sich verschoben, merke ich und sage nichts mehr. Gebe ihm die zwei Kronen Wechselgeld und bediene sie. Ganz normal.
Tee und ein Hefeteilchen, 40 Kronen, danke, wer kommt jetzt?
Nachdem die Schlange an der Kasse abgearbeitet ist, husche ich in die Küche, um einen Lagebericht abzugeben. Ellen stürzt sich auf mich wie ein Falke.
»Wie ist es gelaufen?«, fragt sie. »Seid ihr jetzt zusammen?«
Ich grinse.
»Mehr oder weniger«, sage ich. »Er weiß jetzt zumindest, wie ich heiße. Und wie es sich anfühlt, meine Hand zu halten.«
»Uuuuuuuh!«, stößt Ellen begeistert aus. »Gut gemacht!«
Dann schickt sie mich zurück ins Café, damit ich von meinem Platz hinter dem Tresen Isak beim Kaffeetrinken anschmachten kann. Große Überredungskünste muss sie nicht anwenden, wenn ich ehrlich sein soll. Der Teil des Jobs gefällt mir besonders gut. Ich drücke die Musikliste, die wir zusammengestellt haben, und stehe einfach nur da. Glotze und warte, glotze und warte, glotze und warte.
Am liebsten würde ich Isak ganz langsam mit einem Löffel verputzen. Er sieht so unglaublich appetitlich aus. Wenn ich ihn lange genug anschaue, verlier ich wahrscheinlich die Kontrolle über meine Speicheldrüsen und fange an zu sabbern. Echt wahr. Wäre es nicht so traurig, dass er dann
Weitere Kostenlose Bücher