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Alles - worum es geht (German Edition)

Alles - worum es geht (German Edition)

Titel: Alles - worum es geht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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(Mesocricetus auratus), Peruanisches Lama (Lama glama) und so weiter und so weiter, bis zu dem Durcheinander, das von den Blumenbeeten und den Schildern übrig war, die alle aus Metall und in die Erde gesteckt waren und sich leicht herausziehen ließen: Königin-Ingrid-Geranie (Pelargonium), Mme Pierre Oger-Rose (Rosa borboniana), Mark-Erbse (Pisum sativum var. Sativum) und so weiter, zum Schluss war nur das Keramikschild da, das oben an einem Nagel am Stamm des Apfelbaums hing, das ich nicht losbekommen konnte und deshalb dort, wo es hing, in Stücke schlug, und das war es dann.
    Eins nach dem anderen. Ich pfefferte sie in das Loch. Hinunter zum Schild, das Jens-Ole an der Voliere aufgehängt hatte, nachdem sie mich hineingestoßen hatten. Auf manche sprang ich drauf, sodass sie unkenntlich wurden und zerbrachen, ehe ich sie hinunter auf den Haufen schmiss, eins nach dem anderen oben auf das Schild drauf, das Namensschild, auf dem kein Name stand, weil sie sich nicht einigen konnten, welchen sie daraufschreiben wollten, weil sie nicht zufrieden waren, weder mit Fremdarbeiter, Laboro Extraneus , wie einer rief, noch mit Deutschenflittchen oder Österreichische Bergziege.
    Und dann fingen sie alle laut an zu lachen, bis sie schrien vor Lachen, und Jens-Ole johlte:
    »Du bist noch ekliger als ein Deutschenflittchen, du bist eine billige Mischung, du bist nichts, nicht mal eine Österreichische Bergziege!«
    Und was hätte ich denn antworten sollen?

Lollipops
    Es regnete in Strömen. Der Junge betrachtete die Tropfen, die gegen das Fenster schlugen, komische Geräusche machten und sonderbare Flusslandschaften auf die Scheibe zeichneten. Draußen war nichts als der leere Hof mit dem aufgeplatzten Asphalt und der Ulme, die im Regen traurig und einsam aussah. Die Blätter hingen schlaff hinunter, so als hätte der Baum einfach aufgegeben. Vielleicht war es ja so. Der Junge fand den Baum sehr schön, selbst wenn die Blätter hinunterhingen und der Baum weinte. Es war sein Baum. Ab und zu, wenn die Sonne schien, kamen andere Leute vorbei und taten so, als wäre es ihr Baum. Doch da täuschten sie sich. Das wusste der Junge. Der Baum gehörte ihm, ihm allein, und das schon seit sehr Langem. Manchmal sprach der Baum zu ihm. Vor allem abends, wenn der Junge allein in seinem Bett lag, flüsterte der Baum mit seiner ruhigen, rauen Stimme. Der Baum sagte ihm, dass alles war, wie es sein sollte, dass es nichts machte, wenn die anderen nicht mit ihm spielen wollten und er immer allein war, er sei trotzdem ganz in Ordnung. Der Baum sagte ihm, dass er ihn liebe, dass er ihm gehöre und nur ihm allein und dass er nichts auf die anderen gab, die an ihm hochklettern wollten und dabei Äste abbrachen, Blätter abrissen und Buchstaben und Zeichen in seinen alten Körper schnitten. Solche Leute konnte der Baum nicht ertragen! Das wusste der Junge gut, das musste der Baum ihm nicht erst sagen, doch er sagte es trotzdem.
    Der Junge betrachtete den Baum. An diesem besonderen Tag sah er besonders traurig aus. Der Junge spürte die Traurigkeit des Baums, als wäre es seine eigene. Den ganzen Morgen über hatte er schon auf der Fensterbank gesessen und den Baum beobachtet, und den ganzen Morgen über war der Baum traurig gewesen. Gesagt hatte der Baum nichts, doch der Junge wusste es trotzdem. Als wäre irgendetwas nicht richtig, oder als sollte etwas geschehen, das nicht richtig war. Der Junge rutschte unruhig auf der Fensterbank hin und her. Hatte er heute etwas falsch gemacht? Er schaute auf seine Füße hinunter, besah sie sich lange mit prüfenden Augen. Erst den linken, dann den rechten, dann wieder den linken und schließlich beide gleichzeitig. Nein, er hatte am Morgen daran gedacht, sich Strümpfe anzuziehen. Und sie hatten auch dieselbe Farbe. Alle beide. Der Junge starrte konzentriert auf die Strümpfe, richtete den Blick fest auf denselben grauen Punkt, während er sich so weit vorbeugte, dass sein Kopf auf den Knien ruhte und er die Beine ausstrecken musste, um das Grau im Auge zu behalten.
    Die Strümpfe waren aus Wolle. Das wusste der Junge nicht, doch er mochte das leicht kratzige Gefühl, wenn er sie mit dem Handrücken berührte. Er strich mit der linken Hand vorsichtig über den linken Strumpf, auf und ab, auf und ab, bis da nur noch dieses leichte Kitzeln auf dem Handrücken war, der sich anfühlte wie eine Katze, die nass geworden und nun wieder trocken war.
    Der Junge richtete sich mit einem Ruck auf. Der Baum hatte etwas

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