Alles - worum es geht (German Edition)
wieder, bis der Mann endlich aufhörte zu rufen und nach ihm zu schlagen, sodass der Junge ihn loslassen und sich stattdessen darauf konzentrieren konnte, die Lollis einzusammeln.
Ganz ruhig ging der Junge zurück zum Regal mit den Süßigkeiten und stopfte sich die Taschen voll mit Lollis in allen Farben, dann nahm er noch so viele in die Hände, wie er tragen konnte. Er machte einen großen Schritt über den Kaufmann, der still am Boden lag, öffnete die Tür mit der klingenden Glocke und verließ den Laden.
Das kleine Mädchen saß auf der Bank und sah aus, als ob ihr langweilig wäre, aber als sie den Jungen und die Lollis sah, sprang sie jubelnd auf.
»Du hast sie, du hast sie, du hast sie!« Sie tanzte um den Jungen herum.
»Hier!« Er reichte ihr eine Handvoll. »In meinen Taschen sind noch mehr.«
Der Junge schwenkte sie halb herum und schlug sich dann auf die prallvollen Taschen. Er war so stolz und froh, ihm war, als hätte er einen Springbrunnen in sich, und er konnte nicht still stehen, sondern musste von einem Fuß auf den anderen treten, immer wieder. Das kleine Mädchen und er waren Freunde, und er hatte alles geschafft, er hatte nicht versagt, und von nun an würden sie beide für immer beste Freunde sein.
Sie gingen wieder los, der Junge und das kleine Mädchen, Seite an Seite, jeder mit einem Bund Lollis in der Hand, so als wären es Blumensträuße, und das Mädchen hatte schon einen Lolli im Mund. Der Junge hatte vergessen, in welche Richtung sie gehen mussten, aber das machte nichts, denn es gab nur noch Lollis und Sonne und Glück und Lachen, und wegen all der Lollis konnte er das Mädchen nicht an der Hand nehmen, aber auch das machte nichts, denn die Lollis fühlten sich an wie eine Verbindung zwischen ihnen. Noch nie im Leben war der Junge so stolz gewesen.
Später, nachdem viele Menschen mit verschiedenen Gesichtern auf ihn eingeredet hatten, mit verschiedenen Stimmen und in verschiedenen Räumen, nachdem seine Mutter geweint hatte und wieder sehr lange erkältet gewesen war, bis sie nicht mehr so oft zu Besuch kam, nachdem er mehrere Tage nicht mehr aus dem Bett aufstehen konnte, außer wenn zwei Männer ihn festhielten, um ihn umzuziehen oder mit ihm zur Toilette zu gehen, nachdem er viele verschiedene Tabletten in vielen verschiedenen Farben und Formen geschluckt hatte, saß der Junge wieder still auf einem Stuhl und schaute hinaus.
Er konnte seinen Baum sehen. Nicht den zu Hause im Hof, sondern einen neuen. Und er wusste, dass das kleine Mädchen auf den anderen, seinen alten Baum, aufpasste. Hier konnte er auf seinen neuen Baum aufpassen, und keiner störte ihn, außer wenn sie ihm sein Essen brachten, und das geschah zum Glück nur dreimal am Tag. Es war auch immer das gleiche Essen, sodass er dadurch nicht sehr gestört wurde. Und er musste sich auch wegen der Strümpfe keine Sorgen mehr machen, es gab kein System, alle Strümpfe hatten die gleiche Farbe und waren auch sowieso nicht wichtig. Und er war glücklich, denn er wusste, er hatte es geschafft, und er wusste, eines Tages, wenn die Sonne schien, würde das kleine Mädchen mit den Rattenschwänzen rechts und links und den roten Backen im weißen Gesicht die lange Einfahrt heraufkommen, durch das verschlossene Eisentor treten, und sie würde dem Baum zulachen und ihm winken, und er würde hinuntergehen, und sie würden zusammen spielen, und er würde noch mehr Lollis für sie finden, denn sie waren Freunde, und er hatte nicht versagt.
Alles – was ich erzählen kann
Vielleicht muss man ein bisschen verrückt sein, um Bücher zu schreiben.
Ich selbst bin ausgesprochen verrückt. Ob das meine Bücher besser macht, weiß ich nicht. Aber das Schreiben hält mir den Wahnsinn ein bisschen vom Leib. Deshalb fange ich schon morgens an. Dann möchte man sich am wenigsten verrückt fühlen. Solange die Stimmen und das Gewimmel der Zigtausend Bilder in eine Handlung passen, die aus meinen Fingern kommt, bin ich es, die bestimmt. Am besten funktioniert das mit Kaffee. Und ohne Unordnung in der Wohnung. Deshalb räume ich immer erst auf, bevor ich mich an den Schreibtisch setze. Das Telefon zu ignorieren, die Post ungeöffnet zu lassen oder dem Supermarkt fernzubleiben, fällt mir nicht schwer. Mein Kühlschrank ist immer leer. Die Post schaue ich montags an. In der Regel. Das Telefon nehme ich ab, wenn ich glaube, dass ich in der Wirklichkeit bin. Das ist nicht immer der Fall.
Oft fühle ich mich, als habe ich ein Kartenhaus
Weitere Kostenlose Bücher