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Alles - worum es geht (German Edition)

Alles - worum es geht (German Edition)

Titel: Alles - worum es geht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janne Teller
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dumm!«
    Dem Jungen krampfte sich der Magen zusammen. Blut und Hitze schossen ihm in die Wangen und über die Stirn bis unter die Haare, und sogar seine Nase pochte und schwitzte. Fast weinte er, denn das kleine Mädchen war sein Freund, sein einziger Freund außer dem Baum, und auch wenn der Baum sein bester und ältester Freund war, so war er doch nur ein Baum, während das Mädchen ein richtiger Freund war, und nun wollte sie Lollis haben, und er konnte ihr keine geben, deshalb fand sie ihn dumm, und vielleicht würde sie gehen und nicht mehr zurückkommen.
    »Du darfst nicht weggehen«, sagte er. »Wenn ich sage, wir bekommen Lollis, dann bekommen wir sie auch!«
    Der Junge griff nach der Hand des Mädchens, und sie gingen wieder los. Er war sich nicht ganz sicher, wohin sie gehen sollten, doch das machte nichts, denn eins wusste er genau: Er musste diese Lollis finden.
    Der Junge und das kleine Mädchen gingen erst die eine Straße hinunter und dann eine andere, ohne etwas anderes zu sehen als rote Häuser und einen kleinen Park hinter einer Hecke.
    »Ich bin müde«, sagte das Mädchen und blieb stehen.
    »Aber du willst doch gerne Lollis haben, oder?« Einen Moment lang hoffte der Junge, dass sie Nein sagen würde, denn dann könnten sie zurückgehen, und wenn seine Mutter nach Hause kam, würde er in seinem Zimmer sitzen und den Baum ansehen, und alles wäre wie immer und ganz normal.
    »Wenn ich keinen Lolli kriege, werde ich krank!«
    »Nein«, sagte der Junge, »du sollst ja deinen Lolli haben.« Das kleine Mädchen durfte nicht krank werden.
    »Aber ich will nicht mehr laufen.«
    »Es ist nicht mehr weit.« Der Junge wiederholte die Worte, die er von seiner Mutter kannte, denn er wusste nicht, was er sonst sagen sollte.
    »Das weißt du doch gar nicht«, sagte das Mädchen, und gleich pochte wieder das Blut in der Stirn des Jungen.
    »Das weiß ich wohl! Das weiß ich wohl! Das weiß ich wohl!«, rief er und stampfte mit dem Fuß auf.
    »Aber ich bin zu müde, um noch weiterzugehen.«
    »Es ist gleich um die Ecke.« Der Junge wiederholte noch andere Sätze seiner Mutter und zeigte auf ein großes gelbes Haus an der nächsten Kreuzung. Da sagte das kleine Mädchen nichts mehr, sondern kam widerstrebend mit, als der Junge ihre Hand nahm und sie weiterzerrte.
    Der Junge fing an, ein Lied zu summen, dass er nicht erkannte, bis ihm einfiel, dass es das war, das sie gesungen hatten, als sie vor langer, langer Zeit um den Baum herumgelaufen waren. Er durfte nicht vergessen, an den Baum zu denken, aber er durfte auch das Mädchen nicht vergessen. Es war schwer, an zwei Dinge gleichzeitig zu denken, den Baum und das Mädchen, das Mädchen und den Baum und wieder an den Baum und das Mädchen, und jetzt musste er auch noch an Lollis denken, rote Lollis, solche, die das Mädchen haben wollte, und vielleicht wollte der Baum auch gern einen haben, den könnte er ihm mitbringen, vielleicht in einer anderen Farbe, aber immer noch war er gezwungen, an das Mädchen zu denken, und dann an den Baum, an den Baum und das Mädchen und daran, sie fest an der Hand zu halten, und an die Lollis und auch an den, den sie dem Baum mitbringen sollten. Oh, wie war das alles kompliziert! Aber er musste das alles schaffen, musste alles gleichzeitig im Kopf behalten, denn er war der Auserwählte.
    Der Junge richtete sich auf und setzte entschlossen einen Fuß vor den anderen in seinen großen braunen Schuhen mit den gleichen grauen Strümpfen, und seine Füße fühlten sich ganz in Ordnung und nur ein kleines bisschen betrübt von innen.
    An der Kreuzung bogen sie ab, und es kam ganz, wie der Junge gesagt hatte: Mitten in einer Reihe kleiner Läden, einer Bäckerei, einer Buchhandlung, einem Friseursalon und ein paar anderen, von denen der Junge die Namen nicht wusste, war das Lebensmittelgeschäft, nach dem sie gesucht hatten.
    »Da ist es!«, rief das kleine Mädchen lachend, und der Junge war so stolz, dass er sie hochhob und wie auf einem schrägen Karussell herumschwenkte, bevor er sie wieder absetzte und sie weitergingen.
    Vor dem Friseursalon saß ein großer Hund, der an einem Baum angebunden war. Armer Hund, dachte der Junge, sitzt so alleine da, ohne jemanden, der mit ihm spielt.
    »Was für einen Lolli willst du?«, fragte er das Mädchen.
    »Ich will einen roten und einen grünen und einen mit Lakritz, und alle, die es sonst noch gibt.«
    »Du bekommst einen roten und einen grünen und einen mit Lakritz, und alle, die es sonst

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