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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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ein Messer schwingt. Darunter steht: Ich kriege euch alle.«

    »Ich kriege euch alle.« Malin drückte die Kippe aus. Ihr Aschenbecher war gelb getöpfert mit braunen Figuren drauf. »Das ist interessant.«

    »Inwiefern?«

    »Eine klassische Allmachtsfantasie«, orakelte sie. »Typisch für einen Messianopathen.«

    »Was könnte sie bedeuten?«

    Die Psychologin geleitete mich zur Tür. »Aus dem Stegreif lässt sich das nicht so leicht sagen«, meinte sie. »Aber falls sich herausstellen sollte, dass Herr Defries doch noch lebt, würde ich Ihnen raten, ihn bald zu finden.«

21

    Es war Viertel nach sechs. Der Nieselregen hatte sich wieder verzogen, am rötlichen Abendhimmel glänzte die warme Frühlingssonne und lockte, das Tagewerk niederzulegen, auszugehen und irgendwo gemütlich zu Abend zu essen. Aber ein vages Gefühl hielt mich davon ab. Es hatte mit Kittel und Miss Armbruster und ihrer Absicht zu tun, meine Detektei zu übernehmen. Dass sie sich nicht gemeldet hatten, wertete ich nicht als gutes Zeichen.

    Mein Gefühl trog nicht. In unseren schönen, lichtdurchfluteten Büroräumen traf ich zwar die beiden nicht an, dafür aber einen Köter, der mich von mindestens zehn Hochglanzpostern angrinste – in Kittels und in meinem Büro, im Wartezimmer und im Empfangsbereich. Sogar auf der Toilette warb er für Hundefutter der Marke Armbruster & Sons. Ich sammelte den Krempel ein, trabte in den Hof hinunter und stopfte ihn in den Papiermüllcontainer. Jetzt ging es mir schon besser.

    Ins Büro zurückgekehrt, trat ich ans Fenster, atmete zufrieden aus und genoss den Blick hinunter auf die Kanalmeile, auf der Menschen in schicker Feierabendgarderobe an den Restaurants vorbeiflanierten oder auf Holzbänken ihr Bier genossen.

    Eine ganze Weile wartete ich auf meine Klientin. Ich wählte ihre Nummer und lauschte dem Tuten des Freizeichens. Sie meldete sich nicht.

    Und dann ließ ein Knacken des Fußbodens mich erstarren. Magensaft gluckerte hinter mir. Jemand räusperte sich, aber es war nicht Antje Nebel.

    Im Flur, neben dem Empfangstresen, stand eine Gruppe seltsamer Gestalten. Ich kannte sie aus der KSG.

    Sie glotzten mich an. Niemand sagte etwas.

    Endlich trat jemand vor. Es war die Frau mit der schrillen Stimme. »Tut mir leid, dass wir gestern ein wenig unfreundlich waren«, brummte sie kleinlaut.

    »Unfreundlich ist ja wohl eine starke Verniedlichung.«

    »Sie arbeiten für Frau Nebel, nicht wahr?«, fragte der Kerl mit dem Ziegenbärtchen. Auf seiner Strickjacke trug er einen Button: Taufen ist cool. »Sie sagt, dass sie Sie damit beauftragt hat, Jens zu suchen.«

    »Frau Nebel arbeitet für die Stadt Münster. Da sitzen jede Menge Hexenverfolger und Inquisitoren zusammen«, spottete ich.

    Der Mann mit dem Button trat vor. »Jens hat ihr eine E-Mail geschrieben, allerdings vor einer Woche schon. Sie ist in Frau Nebels Junkordner verloren gegangen.«

    »Was steht denn drin?«

    »Sie handelt davon, dass diejenigen, die sich der Sünde des Fleisches schuldig gemacht haben, nicht davonkommen werden«, erklärte die Frau feierlich.

    »Sie kommen nicht davon? Wen zum Teufel meinte er denn damit?«

    »Uns bestimmt nicht. Wir leben streng enthaltsam und entsagen der Fleischeslust in jeder Beziehung.«

    »Also wer ist dann gemeint? Etwa Frau Nebel?«

    »Ich denke, er hat uns ein Rätsel aufgegeben«, erklärte der in der Strickjacke feierlich, »und wir werden es lösen.«

    Die Frau trat vor, überreichte mir einen Briefumschlag und lächelte aufmunternd. »Wir haben zusammengelegt.«

    Im Umschlag lagen fünfhundert Euro in kleinen Scheinen.

    »Verstehen Sie, es ist äußerst dringend, dass Sie Jens Defries finden. Wir brauchen ihn für den Tag des Gerichts.«

    »Was denken Sie denn, was ich Tag und Nacht tue?«, fragte ich gereizt. »Herumsitzen und Däumchen drehen?«

    Sie sahen mich an, als hätten sie genau das vermutet.

    »Wenn nicht«, kündigte der Mann mit dem Taufbutton an, »werden wir die Sache selbst in die Hand nehmen. Wenn es sein muss, werden wir die Katholiken aus der Stadt jagen.«

    »Das haben Sie doch schon mal versucht«, spottete ich. »Und was ist dabei herausgekommen? Eine Stadt, in der sogar Fahrräder am Kommunionsunterricht teilnehmen.«

22

    Nachdem ich die Täuferabordnung hinausbegleitet hatte, schloss ich den Laden ab und fuhr nach Hause. Ich ärgerte mich darüber, dass ich nicht reinen Tisch machte und diesen armen verirrten Seelen erklärte, was wirklich mit

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