Allie kommt gross raus Band 4
seine Freundin Harmony eingeladen. Sie kamen alle kurz vor dem Abendessen, weil Good News um sieben Uhr anfängt. Dad servierte den Erwachsenen sein filmreifes Chili mit Nachos und ein besonderes Getränk in einem komischen kaktusförmigen Glas. Für uns Kinder gab es nur den üblichen Saft.
»Auf Liz’ Debüt«, sagten die Erwachsenen und stießen mit den Gläsern an. Dann lachten sie sich kaputt.
Harmony war hin und weg von Moms neuem Job. Sie studiert Journalismus an dem College, wo auch meine Eltern arbeiten; auch Onkel Jay studiert da. Es stellte sich heraus, dass sie ein großer Fan von Good News war.
»Hast du Lynn Martinez schon kennengelernt?«, fragte Harmony Mom. Lynn Martinez ist die Haupt-Moderatorin bei Good News .
»Ja, sie ist sehr nett«, antwortete Mom.
»Das denke ich mir«, sagte Harmony. »Könntest du mir für den Sommer vielleicht einen Praktikumsplatz bei ihr besorgen?«
»Äh«, erwiderte Mom. »Ich kann ja mal fragen.«
»Danke, das wäre einfach großartig«, sagte Harmony.
»Ich finde das so spannend«, sagte Erica andauernd, während wir Nachos in uns reinschaufelten (meine aß ich ohne Salsa wegen meiner Regel, dass ich nichts Rotes esse.)
»Bist du nicht aufgeregt, Allie?«
»Ich bin total aufgeregt«, antwortete ich. Alle waren aufgeregt, nur Ericas Schwester Missy nicht, die permanent ihren Freunden simste, und John, der oben mit Mark Fußball spielte (mir war das klar, weil es über uns so wummerte, aber meine Mutter hatte es noch gar nicht gemerkt).
»Bist du aufgeregt, Missy?«, fragte Erica.
»Klar«, antwortete Missy, ohne viel Interesse zu zeigen. Sie schaute nicht mal von den Handytasten auf. »Ich bin so aufregt, dass ich gleich aus den Latschen kippe.«
»Sie meint es nicht so«, sagte Erica entschuldigend. »Sie ist wirklich aufgeregt. Neben euch zu wohnen ist fast so, als würde man neben Filmstars wohnen.«
»Ich weiß«, sagte ich. Ich wollte ja nicht angeben, aber es stimmte nun mal.
»Hallo, kommt alle her, es geht los«, rief Mrs Harrington aus dem Fernsehzimmer. Sie war noch aufgeregter als die anderen.
Also rannten wir alle rüber. Und da war meine Mom im Fernsehen zu sehen!
Es ist schon seltsam, die eigene Mutter, die man sein ganzes Leben lang kennt, im Fernsehen zu sehen. Sie sah toll aus und wirkte überhaupt nicht nervös. Ich konnte kaum verstehen, was sie sagte, weil alle so laut kreischten, aber ich glaube, es ging hauptsächlich darum, dass man sich »Requiem für einen Schlafwandler« nicht anschauen sollte, und warum.
»Falls Sie für einen moralinsauren und langweiligen Schundfilm gerne zehn Dollar und fünfzig Cent aus dem Fenster werfen, kann ich Ihnen ›Requiem für einen Schlafwandler‹ guten Gewissens empfehlen«, sagte Mom und lächelte in die Kamera. »Sie können das Geld aber auch sparen und stattdessen gemütlich zu Hause Good News gucken.«
Als sie sich selbst auf dem Bildschirm sah, legte meine Mutter die Hände vor den Mund und sagte: »Oh, nein.«
»Was ist los, Liz?«, fragte mein Vater lachend. »Du siehst toll aus!«
»Du siehst fantastisch aus, Elizabeth«, sagte auch Mrs Harrington. »Diese Farbe steht dir traumhaft gut.«
»Das war meine Idee«, trumpfte Kevin auf.
Aber meine Mutter sah immer noch unglücklich aus. »Sie haben kein Geld für eine professionelle Maske«, sagte sie. »Deshalb habe ich mich selbst geschminkt. Lynn hatte mir geraten, nicht mit Make-up zu sparen, weil man im Scheinwerferlicht so blass aussieht, aber wenn ich das gewusst hätte…«
»Du siehst super aus, Mom«, sagte ich.
Aber sie sagte nur: »Wo sind meine Wimpern? Ich sehe aus wie ein Kaninchen.«
»Du siehst doch nicht aus wie ein Kaninchen, Mom«, protestierte ich und sah noch mal genauer hin. Meine Mutter sah kein bisschen aus wie ein Kaninchen. Und selbst wenn, was wäre dabei? Kaninchen sind niedlich und kuschelig, jeder mag Kaninchen, obwohl sie einem in die Hand kacken.
»Ha«, sagte Missy und hob den Blick von der Tastatur ihres Handys. »Sie sehen wirklich ein bisschen wie ein Kaninchen aus, Mrs F.«
John und Mark waren mittlerweile auch ins Fernsehzimmer gekommen. John fing an zu lachen.
»John Junior! Melissa Ann!«, schimpfte Mrs Harrington. »Wollt ihr etwa direkt nach Hause gehen?«
»Ja«, sagte Missy.
»Beachte sie nicht, Elizabeth«, sagte Mrs Harrington. »Du siehst spitze aus. Und dir habe ich es zu verdanken, dass ich alle in meinem Büro davor warnen kann, in ›Requiem für einen Schlafwandler‹ zu
Weitere Kostenlose Bücher