Allmachtsdackel
willst du?«
»Du willst doch auch!« Ich strich ihr hintenherum über die Hüften.
Sie wich aus. »Lisa, ich spiele nicht den Lückenbüßer, wenn es zwischen dir und Rocky gerade mal nicht rund läuft.«
Meine Muschi frohlockte. »Aber du spielst!« Ich fingerte mich schon mal unter den Saum ihres T-Shirts. Ihre Haut fühlte sich erwartungsweich und schneeweiß an, unberührt von indiskreter Sommersonne und Männerhänden. Ich riss das Shirt aus dem Gürtel und …
»Lisa, ich habe dir gesagt, für Affären bin ich nicht mehr zu haben.«
»Ja, ja!« Sie und ich, sie oder Richard, sie und mein Leben. Darunter tat sie es nicht. Doch sie ahnte nicht, dass all das marginale Probleme waren, Pillepalle und Pipifax, angesichts der Erkenntnis, die ihr unmittelbar bevorstand, nämlich dass ihr Sohn Victor eine mörderische Affäre mit Jannik Filser gehabt hatte.
Falls ich es ihr sagte. Aber musste ich es wirklich tun? Ich? Musste ich es herausgefunden haben?
»Mit Richard ist Schluss!«
»So?« Sie wurde etwas weicher in der Hüfte. »Lisa, du weißt doch gar nicht, was du tust!«
»Wenn ich immer wüsste, was ich tue, dann …«
»Wenn du nur Sprüche klopfen kannst! Lisa, ich habe vier Kinder.«
»Und einen Mann. Den müsstest du natürlich rausschmeißen.« Ich vertraute meine Hand der Doppelnaht an und ließ mich, mit dem Mittelfinger voran, zwischen die Backen entführen.
»Du Krabbe! Lass das! Nicht hier!«
»Dann komm!« Ich nahm sie bei der Hand. Ein Vogel flatterte durchs Gebüsch. Das ausgebleichte Gras raschelte unter unseren Füßen.
»Wohin denn?«, fragte sie mit einem kleinen Sträuben in Stimme und Hand. »Zum Gartenhäuschen? Das ist verschlossen.«
»Wem gehört es?«
»Der Witwe Mauthe. Sie wohnt da oben.«
Der Elektrozaun lief etwa zwei Meter vor dem Häuschen vorbei. Dahinter mischte sich trockenes Gras mit Klettenstauden und Disteln. Cipión schnüffelte einen deutlich sichtbaren Trampelpfad entlang, der zu einem aus vier Platten zusammengefügten Vorplatz führte. Die Tür war grob zusammengehauen, mit einem festen Riegel versehen und mit einem Hängeschloss gesichert.
»Ziemlich frisch geölt«, stellte ich fest und ruckelte am Hängeschloss. »Ein Abus N-45/50. Besser als die meisten Sicherheitsschlösser.«
»Was du nicht sagst!«
Ich fuhr herum. »Wirst du wohl aufhören, alles zu bespötteln!«
Was Gras und Kraut, was Stein und Holz und Farbe einer Tür, ja sogar das Messing eines Hängeschlosses und der eiserne Riegel nach einem Tag Sonne an Geruchsmolekülen absondern konnten, ergoss sich über mich mit solcher Wucht, dass mir die Besinnung abhandenkam. Doch eigentlich war ich betrunken von Barbaras geheimnisvollem Duft nach Mandeln und Maiglöckchen. Ihre Lippen verwandelten meine Nerven in Lunten, die an den verschiedensten Stellen meines Körpers Explosionen zündeten. Wir wälzten uns auf den Platten, und ich erkannte sie. Binnen Sekunden installierte sich die Liebe meines Lebens in meinem unordentlichen inneren Haus und sprengte die Wände. Ich würde umziehen müssen. Mit Sack und Pack in ein neues Leben.
22
Nicht grübeln! Ich saß auf der Weinbergtreppe am Gartenhäuschen der Witwe Mauthe. Barbara hatte mich verlassen, um Maxi im Laden abzulösen, eine halbe Stunde zu spät, und daran war ich schuld. Dabei war ich Barbara doch nur suchen gegangen, weil es jemand den Müttern sagen musste, denen von Jannik und Victor.
Und nun saß ich allein im menschenleeren Tal auf einer Treppe, die im blauen Himmel endete, und rauchte eine Lust-, Schuld- und Unfähigkeitszigarette.
Zum dritten Mal steuerte ich die Mobilnummer von Dr. Zittel an, dem Leichenfledderer von Balingen und Autor eines verdienstvollen Buchs über das Gleichgewicht der Welt.
»Zittel!«, meldete er sich, kaum dass es klingelte.
»Schwabenreporterin Lisa Nerz. Schön, dass ich Sie endlich erreiche. Ich bin Journalistin und …«
»Ah, es geht um das Buch«, lächelte die Stimme eines jung gebliebenen Endsechzigers. »Meine Frau sagte mir schon so was.«
»Herr Dr. Zittel, ich würde Sie gerne …«
»Ja, natürlich können wir uns treffen. Wo sind Sie? Schon in Balingen? Kennen Sie sich hier aus?«
»Das Klein Venedig kenn ich. Sagen wir, in einer halben Stunde.«
Der direkte Weg nach oben war die Staffel. Cipión streikte auf halber Strecke. Mit ihm auf dem Arm keuchte ich hinter einem Haus hervor, das sich zwischen Thujahecken eingekastelt hatte. Ich stieg vorne über den Zaun hinaus auf
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