Allmen und der rosa Diamant
Handelsregister nichts von dieser kalten Enteignung Allmens.
Mit der Erwähnung der Investitionen hatte Allmen Carlos’ wunden Punkt getroffen. Auch bei ihm war das Finanzielle eine Schwachstelle, nur im umgekehrten Sinn: Während sich bei Allmen wegen seiner Verschwendungssucht alles ums Geld drehte, war es bei Carlos wegen seiner Sparsamkeit.
Und Allmen setzte eins obendrauf: »Kommt dazu, dass Allmen International Inquiries bereits einen Vorschuss bezogen hat.«
Carlos entgegnete nichts darauf. Er kannte seinen Patrón gut genug, um ihm nicht vorzuschlagen, das Geld zurückzugeben. Er wusste, dass er froh sein konnte, wenn noch etwas fürs Haushaltsgeld übriggeblieben war.
3
Allmen hatte Herrn Arnold gebeten, den 1978er Cadillac Fleetwood in der Garage zu lassen und ihn mit seinem normalen Mercedes Diesel zu fahren. Er hatte es ungern getan, aber es lag nun mal im Interesse der Anonymität des Ermittlers.
Sie fuhren durch das zersiedelte Umland der Stadt Richtung Schwarzegg, eine Ortschaft in Flughafennähe. Der dunstige Himmel war mit Kondensstreifen schraffiert. Allmen hatte die Scheibe heruntergelassen. Es roch nach Teer und Sommer.
Die Gelbburgstraße lag am Ortsrand. Eine Siedlung aus öden Mehrfamilienhäusern aus den achtziger Jahren, umgeben von eintönigen Rasenflächen. Zu jedem Haus führte ein schnurgerader Plattenweg an Müllcontainern und Fahrradständern vorbei.
Vor dem Plattenweg der Nummer vierzehn stieg Allmen aus. Das Haus war kürzlich etwas aufgemotzt worden. Über dem Eingang sollte eine Art Baldachin aus Chrom und Glas den Eindruck von moderner Gediegenheit vermitteln. Allmen betrat die Halle. Es roch nach Reinigungsmitteln. Ein Mann in Arbeitskleidung saß auf einer Maschine und bohnerte den Boden aus gelbem gesprenkelten Kunststein. Er beachtete Allmen nicht.
Der Briefkasten von Apartment 12 trug keinen Namen, nur die Überreste eines abgerissenen Namensschildes. Im Lift stand neben dem Knopf der dritten Etage »Ap. 8-12«.
Auch die Klingel an der Wohnungstür war nicht beschriftet. Allmen drückte darauf.
Zu seiner Überraschung wurde die Tür sofort geöffnet. Der abgestandene Mief einer ungelüfteten Wohnung schlug ihm entgegen. Ein mittelgroßer blonder Mann stand vor ihm. Er trug ein Hemd mit geöffnetem Kragen und gelockerter Krawatte zu einer bunten Jogginghose. Die Füße steckten in nicht mehr ganz sauberen weißen Hotelpantoffeln.
»Ja?«, fragte er und brachte es fertig, in diese zwei Buchstaben so viel Akzent zu packen, dass Allmen sofort erriet, dass er einen Ungarn vor sich hatte.
»Verzeihen Sie die Störung, ich suche Herrn Sokolow.«
»Kenne ich nicht.«
»Nach meinen Informationen ist er an dieser Adresse zu finden.« Allmen hielt ihm sein Notizbuch mit der Adresse unter die Nase.
Der Mann warf einen flüchtigen Blick darauf. »Die Adresse stimmt, aber der Name nicht. Die Leute kommen und gehen. Business Apartments.«
»Verstehe. Ihr Vorgänger.«
Der Mann zuckte mit den Schultern. »Oder dessen Vorgänger. Fragen Sie doch im Büro.«
»Welchem Büro?«
»Der Immobilienfirma. Die das vermietet. Warten Sie.«
Der Mann verschwand aus seinem Blickfeld. Allmen hörte das Ploppen von Tennisbällen und die trägen Bemerkungen eines Fernsehkommentators. In der Diele stand ein halboffener Koffer und gab den Blick auf den unordentlichen Inhalt frei.
Der Mann kam mit einer Agenda zurück. »>Immolandia< heißt die Firma. Ich dachte, ich hätte eine Karte, aber die muss ich einem Ihrer Vorgänger gegeben haben.«
»Vorgänger?«
»Sie sind der Dritte, der sich nach Sokolow erkundigt.«
Er diktierte ihm die Adresse ins Notizbuch. Noch ehe sich Allmen bedankt hatte, war die Tür wieder geschlossen.
4
Der Firmensitz von Immolandia lag in einem ehemaligen Quartierladen in einem Außenbezirk. In dem kleinen Schaufenster hingen ein paar Werbefotos von eleganten Apartments und als Businessmänner verkleideten Models. Darüber stand: »Immolandia. Ihr Spezialist für temporäre Business Apartments!«
Allmen ging die drei Treppenstufen zur Eingangstür hinauf und betrat das Geschäft.
Zwei Schreibtische mit Desktops, eine Sitzgruppe für vier Personen, an den Wänden Anschlagbretter mit Fotos der tatsächlichen Objekte. Sie waren um einiges weniger elegant als die symbolischen im Schaufenster.
Es roch nach Zigaretten und dem warm gehaltenen Filterkaffee, der auf einer Heizplatte vor sich hin köchelte.
An einem der Schreibtische saß eine
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