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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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dass er beschattet wurde, und wollte sich nun aus dem Staub machen?
    Er musste herausfinden, was Sokolow vorhatte. Er musste erfahren, wohin er ging, mit wem er in Kontakt stand.
    Er musste in dessen Suite.
    Allmen wählte Sokolows Zimmernummer. Niemand meldete sich. Er stand auf, zog Badehose und Bademantel an, packte die Strandtasche und machte sich auf die Suche.
    Es war ein schöner, etwas windiger Tag. Wolken, so weiß wie das Hotel, zogen wie Schwäne über den blauen Himmel. Licht und Schatten wechselten sich in einem angenehmen Rhythmus ab. Ein wunderbarer Strandtag, wie geschaffen für Leute mit empfindlicher Haut.
    Am Strand war er nicht. »Ist Herr Sokolow schon gegangen oder noch nicht gekommen?«, erkundigte er sich beim Strandwärter, der ihn hatte kommen sehen und dabei war, Allmens Korb bereitzumachen.
    »Ich frage mal nach, habe gerade angefangen.«
    Der Strandwärter ließ auf sich warten. Als er endlich kam, war er in Begleitung von Vanessa und ihrem Mann. Er nahm die Gitter von ihrem Korb. Und plötzlich, als sei ihm Allmens Auftrag erst jetzt wieder eingefallen, rief er ihm zu: »Herr Sokolow war heute noch nicht da.«
    »Danke«, murmelte Allmen.
    »Kein Thema!«, schrie der Strandwärter.
    Auf Vanessas Lippen lag der Anflug eines spöttischen Lächelns.
    Allmen nickte ihr zu und setzte seine Suche fort.
    Wenn es Sokolow nach dieser bizarren Nacht ähnlich ging wie ihm, dann war er wohl verkatert. »Was mir manchmal hilft, ist die Sauna«, hatte er gesagt.
     
    15
     
    Der Ruheraum war leer. Die gleiche Meditationsmusik, die gleichen bedeutungsvollen Farbwechsel der led-Beleuchtung, der Duft nach Ätherischem.
    Keine der Liegen schien besetzt, auf keiner lag ein Badetuch oder ein Bademantel.
    Allmen ging zum Korridor, der in den Poolbereich führte. Noch bevor er ihn erreicht hatte, kam ihm Sokolow entgegen.
    »Ich habe dir die Nacht verdorben. Entschuldige. Izvini.«
    »Vergiss es.«
    Es entstand eine Verlegenheitspause.
    »Kommst du mit in die Sauna?«, fragte Sokolow.
    »Ich lege mich dort hin. Und wenn du fertig bist, gehen wir an die Poolbar, deinen Flüssigkeitsverlust ausgleichen.«
    Sie gingen in den Ruheraum, Sokolow legte seine Sachen auf eine Liege, und Allmen richtete sich daneben ein.
    Kaum war Sokolow in der Sauna verschwunden, tastete Allmen dessen Bademantel ab. In der rechten Tasche war ein Handy, in der linken die Zimmerkarte. Er nahm sie an sich.
    An der Poolbar saßen die beiden Engländer. Einer unterschrieb gerade die Rechnung, der andere stand wartend daneben.
    Falls sie es wieder auf Sokolows Zimmerkarte abgesehen haben, sind sie zu spät gekommen, dachte Allmen.
    Der Gang in der zweiten Etage war leer bis auf einen Putzwagen vor der Hundertachtundneunzig. Im Vorbeilaufen ließ Allmen ein paar Einweghandschuhe mitgehen und steckte sie in die Bademanteltasche.
    Als er die Zweihundertvierzehn erreicht hatte, klopfte er und wartete. Nichts.
    Er klopfte ein zweites Mal. Wieder kam niemand an die Tür. Allmen zog die Putzhandschuhe an und schob die Karte in den Schlitz. Das Schloss klickte, die Tür war offen.
    Er hängte das Schild »Bitte nicht stören« von der inneren an die äußere Türklinke und betrat die Suite. Sie war seitenverkehrt zu seiner und besaß den besagten Erker, sonst war alles wie bei ihm.
    Das Zimmer war noch nicht gemacht. Das Bett war zerwühlt, und es herrschte große Unordnung.
    Auf dem Bett lagen Kleider und Unterwäsche, die Sokolow wohl achtlos dort hingeworfen hatte, als er sich für die Sauna bereitmachte. Im Bad hing ein benutztes Handtuch über dem Hahn des zweiten Lavabos. Der Wasserhahn des anderen war nicht ganz zugedreht.
    Durch eine offene Schranktür waren die beiden Anzüge zu sehen, die Sokolow abwechselnd getragen hatte. Auch zwei Hemden hingen an Bügeln. Auf der Récamiére lagen die Einkaufstaschen eines Warenhauses in Rostock. Daneben drei noch originaiverpackte Hemden. Und vier ladenneue Krawatten, eine schrecklicher als die andere.
    Der Tresor befand sich im gleichen Schrank wie bei ihm und war umgeben von sauberer und schmutziger Wäsche und den verdorbenen Überresten der Früchteschale, die die Direktion an jedem Wochenende auf die Zimmer schickte.
    Die winzige Hoffnung, Sokolow hätte vielleicht vergessen, den Tresor zu schließen, erfüllte sich nicht.
    Zwischen den Wäschestücken war nichts versteckt, auch in den Schuhen war nichts zu finden.
    Allmen überlegte sich, wo er selbst in Hotelzimmern Dinge versteckte. Das

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