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Allmen und der rosa Diamant

Allmen und der rosa Diamant

Titel: Allmen und der rosa Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Suter
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leere Reisegepäck fiel ihm ein, der Spülkasten der Toilette, die Ritzen zwischen Sofa- und Sesselkissen.
    Plötzlich Frauenstimmen auf dem Korridor. Sie wurden etwas lauter, als sie vor der Tür angelangt waren. Allmen erstarrte. Doch dann hörte er, wie sich die Stimmen wieder entfernten.
    Fünfzehn Minuten war er nun schon weg.
    Im Bad lag das Reisenecessaire. Ein kleines Schmuckschächtelchen steckte in einer Seitentasche, zusammen mit einer Rolle Zahnseide.
    Allmen stockte der Atem. Er ließ den Deckel des Schächtelchens aufspringen. Es enthielt ein Paar goldene Manschettenknöpfe mit den Initialen A. S.
    Er steckte sie zurück an ihren Platz, ging ins Schlafzimmer und sah sich um.
    Die Kleider auf dem Bett! Die Hose!
    In der rechten Hosentasche steckte Sokolows Portemonnaie. Es enthielt neben Quittungen, Visitenkarten und Fresszetteln ein paar hundert Euro und drei Kreditkarten.
    Allmen ging damit zum Tresor und zog den Magnetstreifen der ersten Karte durch den Kartenleser.
    Mit einem leisen Piepen öffnete sich das Schloss.
    Das Licht der Schrankbeleuchtung fiel auf Sokolows kleinen Laptop. Allmen nahm ihn heraus. Darunter lagen ein Schlüsselbund, ein Pass, ein kleiner Stapel Fünfhunderteuroscheine, ein Autoschlüssel.
    Kein Diamant. Rosarot war einzig ein kleiner usb-Stick.
    Allmen nahm den Speicherstick an sich, den Laptop und, angesichts von Montgomerys Zahlungsmoral, fünf von den neuen, steifen Fünfhundertern. Er schloss den Tresor, steckte die Kreditkarte in den Geldbeutel und diesen in die Hosentasche zurück, öffnete die Tür einen Spalt, vergewisserte sich, dass die Luft rein war, und ging in seine Suite.
    Er konnte seinen Tresor nicht benutzen, dazu hätte er eine Kreditkarte besitzen müssen. Er legte seine Beute in die Schublade zu seinen anderen Wertsachen, wie er es in allen Hotels tat (und noch nie war ihm etwas abhandengekommen), und beeilte sich, zurück in die Sauna zu kommen.
     
    16
     
    Im Ruheraum herrschte Unruhe. Mitarbeiter im Dress des Spa liefen mit ernsten Mienen eilig hin und her. Ein paar Gäste in Badeanzügen oder Frotteemänteln standen in einem Grüppchen und besprachen sich aufgeregt und mit gedämpften Stimmen.
    »Was ist passiert?«, erkundigte sich Allmen bei einem dicken Mann, den er vom Speisesaal kannte.
    »Jemand ertrunken«, erklärte er. »Im Abkühlbecken. Das erträgt eben nicht jeder Kreislauf, diese extremen Temperaturwechsel.«
    Allmen ging zum Durchgang in den Abkühlbereich. Eine Therapeutin, die er von einer Massage her kannte, stellte sich ihm in den Weg. »Hier dürfen Sie nicht rein, Herr von Allmen.«
    Er sah ihr über die Schulter. Ein paar Angestellte des Spa kauerten um einen Körper. Allmen sah nur ein langes weißes Bein.
    »Ist es…?«
    »Ich fürchte, ja. Es ist Herr Sokolow.«
    Allmen konnte sich nicht vom Fleck rühren. Er starrte zu der Gruppe Helfer hinüber. Und zu Sokolows langem dünnen Bein.
    Erst als sich Sanitäter und Notarzt zwischen den Gästen hindurchdrängten, kam wieder Bewegung in ihn.
    Langsam und wie betäubt ging er auf den Ausgang zu. Beim Pool fiel ihm Sokolows Zimmerkarte ein. Er ging noch einmal zurück und setzte sich wie unter Schock auf Sokolows Liege. So glaubwürdig, dass nach kurzer Zeit die Therapeutin zu ihm kam und fragte, ob alles okay sei.
    »Es geht schon«, sagte Allmen, und die Therapeutin ging zurück auf ihren Posten.
    Als er sich erhob, steckte Sokolows Zimmerkarte wieder in dessen Bademantel.
     
    Dritter Teil
     
    1
     
    Der Regen trommelte auf das Strandkorbdach. Die Tropfen machten kleine Dellen in den feinen Sand. Die flachen Steine waren saubergewaschen und glänzten wie Halbedelsteine. Manchmal schrie eine Möwe, echote ihren eigenen traurigen Schrei und ließ ihn verklingen.
    Vom Saunabereich war Allmen gleich in sein Zimmer gegangen und hatte versucht, Carlos anzurufen. Schon wieder hatte Maria Moreno abgehoben und ihm mitgeteilt, Herr de Leon sei beschäftigt.
    »Es ist sehr, sehr dringend«, hatte er ungehalten beharrt.
    »Er ist drüben in der Villa. Ein Rohrbruch. Er wurde gerufen. Versuchen Sie es später wieder.«
    Allmen öffnete die Schublade mit seinen Wertsachen. Er nahm den Laptop heraus und sah sich in der Suite um.
    Über dem Schreibtisch hing ein Ölgemälde. Ein Blumenstillleben von zweifelhafter Qualität in einem schweren Goldrahmen. Er hob es etwas von der Wand weg, stellte den Laptop hochkant in den Keilrahmen und senkte das Bild vorsichtig wieder zurück.
    Danach

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