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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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zu deren Füßen sich Wasserpfützen bildeten.
     
Wieder ein Donnerkrachen, sie fuhren zusammen und drängten sich lachend enger aneinander. »Bin ich froh, daß die Tür offen war.« Vic legte ihren Arm wieder um Chris.
     
»Ich auch.«
     
»Eben war der Himmel noch klar, und in der nächsten Sekunde kam Wind auf.« Vic beobachtete für ihr Leben gern Gewitter über dem James. »Ist dir schon mal aufgefallen, wie viele Sorten Regen es gibt?«
     
»Stürmischer Regen, sanfter Regen.«
     
»Es gibt Regen mit Tropfen, die hier und da fallen, dicke Tropfen wie nasse Tupfen. Dann gibt es Regen, bei dem das Wasser fällt wie ein Perlenvorhang, stetig, silbern. Manchmal fällt der Regen sanft, dann stark, dann wieder sanft, als hätte er einen Beschleuniger. Ich sehe ihm gerne zu. Ich habe Regen gesehen, der seitwärts auf unser Haus schlug. Im NeunzigGrad-Winkel vom Erdboden. Das ist irre.«
     
»Ich mag das Geräusch.«
     
»Vor allem auf einem Blechdach.«
     
Der Donner grollte, noch nahe, zog aber flußabwärts.
     
»Ich weiß nicht, ob ich das schon mal gehört habe«, sagte Chris.
     
»Irgendwann wirst du auf der Farm sein, wenn ein Gewitter kommt, dann gehe ich mit dir in den Tabakschuppen. Hört sich an wie diese Kügelchen, die aus Kinderluftgewehren abgeschossen werden, oder wenn es stark regnet, wie Gewehrkugeln. Und da steht man auf der festgestampften Erde und all die Räuchergerüche steigen auf. Gott, riecht das gut.«
     
»Ich weiß nicht, ob ich eine Tabakpflanze erkennen würde.«
     
Vic, die alles liebte, was wuchs, erwiderte: »Sie sind erstaunlich. Sie werden sehr groß.« Der starke Wind rüttelte an der schweren Tür. Chris drückte sich eng an Vic. »Hast du Angst vor Gewittern?«
     
Chris sagte: »Nein… doch, manchmal.« Sie sah Vic fest an. Chris schauderte, und ihr Herz klopfte.
     
Vic bekämpfte die Regung, sie zu küssen. Statt dessen legte sie den anderen Arm um sie. »Sobald es aufhört zu blitzen, können wir zum Auto rennen. Ich wollte, ich hätte da ein paar Sachen zum Anziehen drin.«
     
»Fahr mit mir zum coolsten Laden. Ich kaufe uns Shorts und Pullover.«
     
»Du mußt mir nichts kaufen.«
     
»Hey, ich war übers Wochenende bei euch zu Hause. Deine Mutter hat mich mit Essen voll gestopft. Das Wenigste, was ich tun kann, ist dir einen Pullover und Bermudashorts kaufen, bevor wir uns beide vor Kälte den Tod holen.«
     
»Heißt das, daß wir uns nackt ausziehen müssen?«, scherzte Vic.
     
»Kurz.« Chris stellte sich auf die Zehenspitzen in der Erwartung, daß sie gleich losrennen würden. »Los!« Am liebsten wäre sie im Vestibül stehen geblieben, hätte sich dort auf der Stelle ausgezogen und dann die Arme um Vics großen Körper geschlungen. Sie vermutete, daß die katholische Kirche das nicht gutheißen würde.
     
Chris öffnete die Tür. Der Regen, stetig, aber nicht peitschend, hatte die Rinnsteine gefüllt, die überall überliefen.
     
Sie stürmten zu dem Impala.
     
Vic fuhr weg vom Randstein, an dem Wasser entlang strömte. Überall lagen Blätter und kleine Zweige verstreut. »Bin ich froh, daß die Tür von St. Bede offen war.«
     
»Ich auch.« Chris zeigte auf einen entwurzelten Baum. »Wir hätten eine Kerze anzünden sollen, damit sie uns Glück bringt.«
     
»Ich glaube, für unser Glück sind wir selbst verantwortlich.« Ein Haufen nasser Kleidungsstücke durchweichte den Fußboden. Vic trocknete sich in der einen Umkleidekabine ab, Chris in der anderen. Die Kabinen waren durch hohe Trennwände abgeteilt. Die Verkäuferin, auch eine Collegestudentin, hatte ihnen Handtücher gegeben.
     
Chris kicherte. »Mir ist so kalt.«
     
»Zieh dich an. Der korallenrote Pulli wird dich wärmen.«
     
Chris zog den Pullover über, stieg in die Jeans und ging dann barfuß auf Zehenspitzen zu Vics Kabine. Sie legte die Hand auf den Türknauf, überlegte einen Moment und kehrte dann zu ihrer Kabine zurück.
     
»Wir haben Schuhe vergessen. Ich zieh die Espadrilles nicht wieder an. Meine Füße sind sowieso schon blau verfärbt.«
     
»Schuhe sind teuer.«
     
»Ich hab doch gesagt, daß ich alles bezahle.«
     
»Chris, das kannst du nicht machen.«
     
»Und ob ich das kann. Ich kann alles machen. Ich muß ja nicht von Sozialhilfe leben. Bist du fertig?«
     
»Ja.«
     
Chris öffnete die Tür und trat aus der Kabine. Vic, die sich die Haare zurückgekämmt hatte, trug einen weichen grünen Pullover und eine Levis.
     
»Grün steht dir fantastisch.

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