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Almuric

Titel: Almuric Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
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diesem barbarischen Stammesgericht einen Anwalt gestellt zu bekommen – tatsächlich aber war dies auf Almuric allgemein Brauch. Gutchluk Tigerzorn hieß mein Anwalt, und er war, verschiedenen Beulen zufolge, einer meiner Kampfgegner aus dem Verlies. Er hinkte mit nur geringer Begeisterung vor und warf mir dabei giftige Blicke zu.
    Nachdem er Schwert und Dolch auf dem Thronsockel niedergelegt hatte, folgten der Reihe nach die anderen Krieger seinem Beispiel. Dann fragte Khossuth nach den Gründen, aus denen Esau Cairn – seine Aussprache meines Namens hätte mich in einer weniger ernsten Situation ziemlich belustigt – nicht in den Stamm aufgenommen werden sollte. Offensichtlich gab es scharenweise Gründe, die gegen mich sprachen, denn sofort sprangen mehrere Krieger auf und brüllten ihre Argumente, einer den anderen überschreiend, und Gutchluk antwortete ihnen mit gleicher Lautstärke. Meine Aussichten schienen mir recht schlecht zu sein – aber ich hätte mehr Vertrauen in die barbarische Demokratie der Kothaner setzen sollen. Gutchluk, der anfangs nur mit halbem Herzen bei der Sache war, wurde durch die heftige Opposition angestachelt, und sein Plädoyer fing Feuer. Nach den Argumenten zu schließen, die er mit blitzenden Augen und Donnerstimme der Gegenseite hinschleuderte, hätten er und ich lebenslängliche gute Freunde sein müssen.
    Von den anderen konnte jeder nach Geschmack mitmischen. Wenn Gutchluk einen überzeugt, das heißt, überbrüllt hatte, dann trat der Betreffende auf unsere Seite über. Bald waren es nicht nur Thab und Ghor, die an Gutchluks Seite ihre Stimmen zu meinen Gunsten strapazierten.
    Es war das pure Chaos – ein unvorstellbarer Tumult! Zeitweilig schienen alle der etwa fünfhundert Krieger gleichzeitig zu schreien. Es ist mir schleierhaft, wie Khossuth aus diesem Gelärme klug werden konnte. Wie eine reglose Statue, wie ein grimmiger Gott thronte er über dem Chaos und erhob nur manchmal seine Stimme, um den Lärm etwas einzudämmen.
    Ich versuchte vergeblich, den Argumenten zu folgen. Es wurden nämlich nicht nur völlig irrelevante Punkte zur Sprache gebracht, sondern auch uralte Präzedenzfälle ausgegraben, und mit gleichermaßen verstaubten Entscheiden widerlegt.
    Das Ablegen der Waffen war eine weise Vorsichtsmaßnahme gewesen. Der Disput wurde des Öfteren ziemlich scharf, Vorfahren und persönliche Gewohnheiten des Gegners wurden mit beißenden Kommentaren bedacht, körperliche Besonderheiten aufs Korn genommen. Mehr als einmal sah ich, wie einer empört an den leeren Gürtel griff.
    Es kam auch öfters vor, dass einer der Schreihälse sich in der eigenen Argumentation verstrickte oder überhaupt vergaß, auf welcher Seite er stand und plötzlich aus vollem Halse für die andere eintrat. Und sie schienen einfach nicht müde zu werden. Um Mitternacht wurde noch ebenso heftig und laut debattiert wie zu Anfang.
    Die Frauen beteiligten sich nicht. Als die Nacht voranschritt, zogen sie sich nach und nach samt den Kindern in kleinen Gruppen zurück, bis nur mehr eine einsame Gestalt auf den Bänken zurückblieb. Altha war es, die den Vorgängen mit unerklärlichem Interesse folgte.
    Ich hingegen hatte das schon lange aufgegeben. Gutchluk kämpfte tapfer, mit gesträubtem Bart und schweißnasser Stirn schüttelte er die Fäuste gegen die Opposition und brüllte unermüdlich. Ghor weinte fast vor Wut und bat Khossuth, ihn doch ein paar Hälse umdrehen zu lassen. Oh, warum musste er es erleben, dass die Männer von Koth zu hinterlistigen Schlangen mit dem Gehirn von Aasgeiern und dem Mute von Kröten wurden! keuchte er und hob anklagend die mächtigen Arme gegen den Himmel.
    Für mich war das ganze eine Irrenhausszene. Obwohl mein Leben auf dem Spiel stand, schlief ich schließlich ein, und um mich herum stritten die Männer von Koth um das Leben eines Fremdlings, während ihr geheimnisvoller Planet unter Sternen dahinwirbelte, denen alles Menschenschicksal gleichgültig war.
    Es wurde schon hell, als Thab mich wachrüttelte und mir heiser zubrüllte: »Wir haben gewonnen! Du wirst in den Stamm aufgenommen, wenn du Ghor besiegst!«
    Schlaftrunken grunzte ich: »Ich werd’ ihm das Genick brechen!« und fiel augenblicklich wieder in Schlaf, dort im großen, vom bittersüßen Geruch der heruntergebrannten Fackeln erfüllten Ratssaal der Stadt Koth.

 
4
     
    So begann mein Leben als Mensch unter Menschen. Als nackter Wilder hatte ich die erste Zeit auf dieser neuen Welt verbracht,

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