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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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falscher Alarm, dachte sich »falscher Alarm«, und unten
erwartete ihn Alexa – also nicht falscher Alarm.
    »Hi.«
    Das Auto der Eltern war ein blauer VW-Golf. Das Wetter
drückte gerade ein paar Sonnenstrahlen durch, war also okay für einen Tag am
Berg.
    Sie fuhren ins Kleinwalsertal , 50
Kilometer, da war’s nett, erfuhr Birne und dass er schlecht ausschaute. Das
Letzte wollte er ungern auf sich sitzen lassen, ihr aber auch nicht dasselbe
Kompliment zurückgeben – wäre ein schlechter Start für den Ausflug gewesen.
    »Bin verprügelt worden.«
    »Nein.«
    »Nicht der Rede wert, Sache von gestern, heute ist heute.«
    »Du musst Anzeige erstatten. Soll ich zur Polizei fahren?
Komm, ich halte bei der Polizei.«
    »Nein. Heute ist unser Tag, außerdem ist das alles schon
erledigt.«
    »Ja. Waren die nett?«
    »Wer?«
    »Die Polizisten.«
    »Geht so.«
    Im Radio lief Bayern 3 und da lief Phil Collins und danach
lief BAP und Birne fand gar nichts mehr dabei, irgendwie gehörte das dazu, der
Tag gehörte dem Körper und den Geist musste man sich vorher rausspülen, nicht
dass dir da auf dem Weg nach oben gute Ideen kommen, und fluchst, weil du
eineinhalb Kubikmeter Wasser, aber keinen einzigen Stift und kein Stück Papier
da raufschleppst.
    »Was ist da so besonders im Kleinwalsertal ?«
    »Ist nett da.«
    »Ach so. Ist schon Österreich, oder?«
    »Ja, aber ist wie Deutschland. Was dagegen?«
    »Nein, nein, um Gottes willen. Die haben ja auch Euro.«
    »Freilich. Handy ist halt teuer. Erwartest du einen Anruf?«
    »Ja. Nein.«
    »Aha. Wer ist denn die Glückliche? Die von neulich?«
    »Nein, nein. Das hat nichts mit dem zu tun.«
    » Gib’s halt zu.«
    »Nein. – Was ist denn mit deinem Freund?«
    »Hab ihn noch, hab ihn noch nicht erreicht.«
    »Was ist denn, wenn er dich anruft auf dem Berg?«
    »Dann mach ich Schluss.«
    »Nein.«
    »Wieso denn nicht? Kann ich nicht auf dich zählen?«, spielte
sie schon wieder.
    »Freilich. Aber es kostet doch so viel.«
    »Was?«
    »Na, die Diskussion.«
    »Das ist ein Satz von mir, das ist keine Diskussion.«
    »Wieso bin ich dir nicht mehr genug? Hast du einen anderen?
Wenn es das nicht ist, was ist es dann?«
    »Du kannst die Sätze ja gut.«
    »Ich spiel nur. Wetten, du bringst das nicht hin mit einem
Satz.«
    »Doch.«
    »Dann zeig’s mir.«
    »Wie denn?«
    »Halt an.« Alexa bremste. Sie schaute auf ihrem Display und
hatte noch deutsches Netz. Sie wählte. Mailbox. Wie bei Simone und Birne.
    »Glaubst du es mir jetzt?«
    »Ist okay, fahr zu.«

     
    Sie fluchte ein wenig, weil der Parkplatz im
Tal, von dem aus sie losmarschieren wollten, Geld kostete, was früher noch
nicht so gewesen war. Birne warf großzügig die Münzen in den Automaten, was sie
jedoch nicht recht befriedigte, ihr ging es ums Prinzip.
    Unten führte der Weg an einem Fluss entlang, sehr malerisch,
ein Spaziergang. Sie fand seinen Rucksack etwas zu groß für die Tour, die sie
vorhatten. Er hatte nicht viel drin, dann war es wieder in Ordnung für sie.
Hoffentlich hielt das Wetter. Wenn das Wetter gut war, könnten sie ganz rauf,
was dann den ganz geilen Blick auf die Gipfel rund herum erst bedeutete. Die
Namen, die kannte sie gut. Auf den Bergen war sie mit ihren Eltern oft in ihrer
Kindheit gewesen und auch jetzt immer wieder. Birne vergaß sie immer, wenn er
selbst da raufging , seinetwegen würde er auch mit
seinen Kindern wandern. Heute wollten sie auf den Widderstein. Widderstein.
Widderkopf. Rammen. Schmerz im Bauch. Birne wollte sich kurz setzen. Es ging
schon ein bisschen bergauf durch Wiesen. Die Sonne schien jetzt. Man kam ins
Schwitzen. Birne zog die neue Jacke aus und entließ sein T-Shirt an die Luft.
Er trank. Sie trank auch, sie hatte eine alte
Eineinhalb-Liter-Cola-Zero-Flasche dabei. Aus dem Supermarkt, für 25 Cent
Pfand.
    »Strengt dich das an?«, fragte sie.
    »I wo.«
    »Treibst du Sport?«
    »Ich bin im Fitnessstudio.«
    »Gut.«
    Weiter.

     
    *

     
    Bruno schrie und fluchte. »Das ist doch keine
Notaufnahme, das ist ein Scheißpuff.«
    Eine Schwester kam und wollte ihn beruhigen. Bruno wollte
sich nicht beruhigen, er wollte schreien. »Mein Sohn stirbt vielleicht, sehen
Sie das nicht?«
    Sein Sohn starb nicht gleich, das sah man. Seinem Sohn ging
es nicht besonders gut. Er saß auf seiner Wartebank und wartete wie alle hier
und schämte sich für seinen Vater. Ihm wäre lieber gewesen, sie wären daheimgeblieben . Das sah man.
    Bruno

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