Alpendoener
Platz der
Erde, dem hässlichsten, dem verkommensten .
Am Bahnhof stieg er aus und ging erschöpft die letzten Meter
bis zu seiner Wohnung.
Daheim ging er als Erstes unter die Dusche, um
wieder klar zu werden. Sie hatten ihn heftig erwischt, daran bestand kein
Zweifel. Das heiße Wasser brannte auf den Wunden und gab Birne das Gefühl, rein
zu werden.
Ausgerechnet, als er sich gerade eingeseift hatte,
klingelte es an der Tür. Fluchend schlang er ein Badetuch um seine Lenden und
verließ die Kabine. Wie er den Teppichboden auf seinem Gang voll Wasser
tropfte, fiel ihm ein, dass er sich auch hätte am Arsch lecken lassen können.
Er fluchte noch einmal, bevor er die Tür aufmachte.
»Du lebst«, hüpfte Simone ihm in die Arme, dergestalt, dass
sich das Handtuch löste und er es festhalten musste. Um nicht nackt vor ihr
stehen zu müssen, konnte er sie nicht zurückumarmen .
»Wie geht es dir? Lass dich anschauen.« Sie trat einen
Schritt zurück und wollte ihm sogar das Handtuch wegziehen, um alles erkennen
zu können. Er ließ sie nicht.
»Das ist nicht schlimm, da bin ich froh, das werde ich dir
verbinden, und dann bekommst du eine Suppe, und alles ist wieder gut.« Sie
schmiegte sich an ihn. »Ich habe die Polizei angerufen, haben sie dich
gerettet?«
»Langsam, langsam«, bremste Birne sie aus. »Ich komme schon
allein zurecht. Lass mir einfach ein bisschen meine Ruhe.«
»Nein, nein, nein, das ist nicht in Ordnung, schließlich bin
ich auch ein bisschen schuld an dem, was passiert ist. Ich will dir helfen,
wieder in Ordnung zu kommen.«
Birne fiel nichts ein, woran sie nicht schuld war, aber er
war nicht in der Lage, mit ihr zu streiten, er wollte sie nur los sein.
»Ich komm rein und mach dir Pflaster auf die Stellen, und
dann gehen wir runter, ich hab dir Soljanka gekocht in Omas Wohnung, die wird
dir aufhelfen.«
»Ist gut, Simone. Ich bin gerade unter der Dusche. Wenn ich
fertig bin und dann nicht zu müde, komm ich vielleicht noch runter, okay?«
»Ich kann dich auch einseifen.« Sie grinste lasziv.
»Lass gut sein, Simone«, sagte Birne und schob sie aus der
Tür.
Splitternackt stand er im Gang und dachte sich: Was ich haben
kann, das will ich nicht, und was ich haben will, das krieg ich nicht. Scheiße.
Nach dem Duschen hatte er zwar keine Lust, aber
doch das Gefühl, dass man reden müsse, weil ganz so einfach durfte keiner von
beiden aus der Sache kommen. Sie musste erfahren, dass Männer nicht zum
Jonglieren da sind.
Er warf sich in seine unvorteilhafte Jogginghose und in ein
Karohemd und trank eine schnelle Tasse Kaffee ohne Milch, um ein bisschen aus
dem Mund zu stinken, und ging zu ihr.
Auf dem halben Weg fiel ihm was ein. Das wollte er noch
erledigen. Er ging zurück und holte das Glas mit der DNA-Probe.
Sie öffnete ihm und küsste ihn auf seine kalten Lippen. »Ich
bin ja so froh, dass du da bist. Wir machen uns heute einen schön gemütlichen
Abend.«
»Simone, ich bin gekommen, um zu reden.«
»Setz dich erst mal.«
Birne gab nach und schaute unbehaglich auf die Stelle, an der
die Oma in ihrem Blut gelegen haben musste. Sie waren in der Küche. Sie stellte
ihm vom Herd einen dampfenden Teller vor die Nase. Das Zeug war rot, darin
schwamm anderes Zeug, das wie scheußliche Wurst und Essiggurken aussah.
»Soljanka. Hat meine Oma immer gekocht. Iss das, das ist
gut.«
»Ich bin eigentlich nicht hungrig. Ich …«
»Och«, sagte sie und setzte sich auf seinen Schoß. Sie nahm
einen Löffel. »Komm jetzt, einen Löffel für …«
Birne schlug ihn ihr aus. Sie stand auf und hob ihn vom Boden
auf. Erst da sah Birne, dass sie weinte.
»Tut mit leid, tut mir leid, alles mach ich falsch, egal, was
ich anpacke, egal, wohin ich komme, alles mach …«
»Jetzt beruhig dich doch«, sagte Birne, beugte sich zu ihr
und nahm ihren Kopf in seine große Hand. »Du machst nicht alles falsch. Du bist
eine wunderbare Frau.«
»Aber schau dich doch an. Du bedeutest mir halt echt was, und
dann muss das passieren.« Sie schluchzte, und Birne kam die Szene von gestern
Abend wieder in den Kopf, und ihm gefiel das alles gar nicht. »Glaub mir, ich
wollte das nicht mit den Jungs, sie haben mich abgefüllt, und dann konnte ich
mich nicht mehr beherrschen. Tut mir leid, tut mir leid.« Sie versuchte Birne
zu küssen. Er wich aus. »Mensch, lass mich.«
»Bitte. Ich wollte das nicht. Du bedeutest mir echt so viel,
mit dir wollte ich echt
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