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Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
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alles erklären«, sagte Simone. »Wir
haben nur einen Teller Suppe zusammen gegessen.«
    »Und nun platz ich mitten in euren Nachtisch«, benutzte Bernd
ein ziemlich abgeschmacktes Bild.
    Birne war der Ansicht, niemandem hier etwas zu schulden. Er
stand auf mit den Worten: »Ich werde es jetzt packen, ich hatte einen
anstrengenden Tag.« Dann legte er seine Hand auf Bernds Schulter: »Es war
wirklich nur Suppe, den Nachtisch lass ich dir.«
    »Rühr mich nicht an«, bellte der Berührte. »So schnell sind
wir nicht fertig. Du legst mir jetzt schön Rechenschaft ab.«
    Birne ging ein wenig zu schnell, als dass es noch cool hätte
wirken können, zur Tür. Er haute sie zu, bevor Bernd nach ihm greifen konnte,
und gewann so den nötigen Vorsprung, um unbeschadet aus der Wohnung zu kommen.
    Von unten hörte er Bernd schreien: »Komm sofort zurück,
erklär mir das!«
    Birne lächelte und sperrte seine Tür auf. Bernd verfolgte ihn
nicht und klopfte vorerst auch noch nicht an seine Tür. Kopfschüttelnd bemerkte
Birne, dass es irgendwie auch verrückt war, was er erlebte, seit er hier war.

     
    Birne sah keinen Grund, hier zu verweilen, nur
damit die Närrischen von unten noch einmal seinen Frieden stören konnten. Er
bereute es, Simone von dem Geld erzählt zu haben. Deswegen würde sie ihn noch
belästigen, sie konnte ihn sogar in richtige Schwierigkeiten bringen, wenn sie
sich geschickt anstellte. Darüber wollte er jetzt nicht nachdenken. Er meinte
zu hören, wie sie sich unten gegenseitig anschrien .
Jetzt könnte er riskieren, durch das Haus zu gehen und sich im Korbinian ein bisschen Frieden zu kaufen.
    Sie stritten tatsächlich mächtig in der Küche der Toten.
Birne musste grinsen, er war froh, dem Stress mit der Frau entkommen zu sein.
Seine Liebe war mittlerweile keinen Kohlebrocken mehr wert. So schnell ging
das. Birne schüttelte sich. Er hörte Vorwürfe mit Bernds Stimme, sie treibe es
seit Jahren so, auf nichts könne man sich verlassen, der Sozialismus habe tiefe
Narben in ihrer Seele hinterlassen. Mit einem Grinsen auf den Lippen blieb
Birne stehen und lauschte Simones Verteidigung: »Du kannst mich nicht
einsperren, du Versager, alles hast du versaut in deinem Leben. Eine Frau sucht
Sicherheit, du Null. Wenn sie keine Sicherheit bekommt und den Mann nicht
verlässt, dann verrät sie ihre Natur.«
    Es folgten noch bösere Beschimpfungen, doch Birne
zog der Durst aus dem Haus. 200 Meter weiter, im Korbinian ,
war niemand – niemand von den Freunden, ansonsten war der Laden ganz gut
besucht. Trotz seiner Enttäuschung setzte er sich auf ein Bier hin und schaute
den Menschen zu. Menschen, die Schnitzel aßen, und Menschen, die das erste Bier
zu viel tranken und mit viel Handeinsatz dem Gegenüber die Lage erklärten. Sie
würden es bereuen, der Bedienung jetzt noch einmal zu winken, sie würden, wenn
sie so weitermachten, morgen aus dem Mund riechen nach altem Alkohol und kaltem
Rauch. Sie würden ihrem Chef negativ auffallen. Birne nicht, Birne konnte
saufen, soviel er wollte, wahrscheinlich würde das morgen keinen interessieren.
Er wollte aber nicht, es wurde ihm zu fad, er holte sich von der Garderobe von
einem Haken die Zeitung, die er nicht abonnierte, bestellte sich ein Helles und
blätterte die Journaille durch. Kaum etwas, was ihn in irgendeiner Weise
betraf. Die Stadt Kempten setze nun verstärkt Müllkontrolleure ein. Hoffentlich
hatte das sein Exboss gelesen. Das und ein klärendes Gespräch mit Alexa – der
Idiot Tim konnte auch ein Wort für ihn einlegen –, und der Chef konnte sich
schon morgen melden mit einer Entschuldigung und einer Gehaltserhöhung, falls
er wieder eintrete. Dann könnte es sich Birne überlegen. Er glaubte nicht
daran, aber er träumte halt so gern. Wenn man ihn gefragt hätte, was er lieber
wollte, mehr Geld oder seine Träume – er hätte nie auf seine Träume verzichtet.
Die Simone, wie sie ihm die scheußliche Suppe einflößte und gierig war, ihn
abzuschlecken oder die Simone, die er eine Woche lang begehrt hatte, wegen
nichts mehr als eines zufälligen Zusammentreffens im Studio.
    Er entschloss sich zu gehen, hier würde sich nichts mehr
rühren, nicht in ihm und nicht um ihn herum. Vielleicht daheim im Bett,
vielleicht waren seine Streitfreunde noch wach, vielleicht lief was im Fernsehen.
    Birne winkte der Bedienung, es war nicht dieselbe wie
mittags, die, die ihn ein bisschen eingenommen hatte mit ihrem

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