Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alpendoener

Titel: Alpendoener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Spatz
Vom Netzwerk:
was aufbauen. Mensch, gib mir noch die Chance. Ich
schwör dir, ich werde anders, ich sauf auch nichts mehr. Gib mir diese Chance.«
    Birne wurde sachlich. »Was habt ihr gemacht, als ihr mich
gestern liegen ließt?«
    »Ich hab das ja gar nicht so mitbekommen. Ich war ja so
prall. Die haben mich auf ein Moped oder Mofa wieder mit in die Stadt genommen
und mich da einfach irgendwo auf die Straße geschmissen – ein Wunder, dass ich
nicht überfahren wurde. Aber ich hab nicht mit denen geschlafen, nur
geknutscht. Ehrlich.«
    Birne dachte: auch das noch. Wenn sie es schon so betont,
dann hat sie das auch noch gemacht.
    »Iss bitte deine Suppe.«
    Birne war tatsächlich hungrig und sah ein, dass er nicht viel
zu verlieren hatte, wenn er ihre Suppe aß. Sie schmeckte nicht schlecht, das
gab er zu, wenn auch Appetit der Co-Koch war. Sie saß ihm gegenüber und sah mit
einem Lächeln zu, wie sein Magen voll wurde.
    »Gut?«
    »Sehr gut, geb ich zu.«
    Und nach einer Weile: »Hast du das Geld?«
    Birne war jetzt satt und nicht mehr misstrauisch. »Ja.«
    »Gut.«
    »Kann aber sein, dass ich es selbst brauche.«
    »Wozu?«, fragte sie nervös.
    »Das weiß noch keiner: Sie haben mich gestern aus dem Job
geschmissen. Ich muss jetzt eine Zeit lang allein durchkommen, auf mich
gestellt, verstehst du?«
    »Komm. Wir finden was für dich. Wir schaffen das schon.
Vielleicht kann dir auch Bernd was besorgen, der kennt einen Haufen Leute.« Den
letzten Satz sagte sie leiser, weil ihr gleich, nachdem sie ihn begonnen hatte,
einfiel, dass es keine gute Idee war. In dem Zustand ihrer Beziehung.
    »Männer sind nicht nur zum Spielen da.«
    »Ich weiß, tut mir leid.«
    »Ich trau dir nicht.«
    »Wir werden bald so viel Schönes erleben, du wirst das alles
vergessen, was passiert ist und niemals hätte passieren dürfen, das versprech ich dir.«
    »Ich wünschte, ich könnte dir glauben.«
    »Das kannst du, ganz sicher. Willst du noch einen Teller?«
    Birne sagte nicht nein.
    »Wie viel ist es denn?«, fragte sie, als er dabei war die
Suppe zu löffeln.
    »Nicht wenig, würde langen eine Weile, mein ich.«
    »Gut, noch einen Teller?«
    »Gern, das schmeckt, das Zeug.«
    »Ja, das kommt aus dem Osten, wir haben das dauernd gehabt.
War doch nicht alles schlecht damals, auch wenn ihr das nicht glauben wollt.«
    »Man kann doch nicht wegen Suppe eine Diktatur wieder
einrichten.«
    »Wenigstens hatte damals jeder eine Arbeit.«
    Birne hatte jetzt schlechte Argumente, das musste er sich
eingestehen, er lenkte ab: »Du, ich habe noch eine fachliche Frage an dich.« Er
hob das Schnapsglas, das sie die ganze Zeit schon fragend betrachtet hatte,
hoch. »Da drin ist was, ein ziemlich wichtiges Beweismittel, und du sollst es
für mich in deinem Labor analysieren.«
    »Was ist das?«
    »Eine DNA-Probe, die hab ich mir unter den Fingernägeln
rausgekratzt, ich wurde vorgestern verprügelt auf dem Heimweg.« Ihm kam ein
Einfall. »Es waren die von gestern. Scheiße, ich habe die frischen Spuren
wieder abgespült.« Noch ein Einfall. »Vielleicht hängt noch was an dir, ich
brauche eine Gegenprobe und einen Zeugen, und beides kannst du liefern. Wo ist
denn das Gewand, das du gestern getragen hast? Wir kriegen die Buben dran und die
ihre gerechte Strafe.«
    »Langsam, langsam, Birne. Wir machen so was nicht.
Dafür braucht es Spezialisten, das wird nicht billig, überleg dir das. Außerdem
mein ich, dass dir das nichts bringt.«
    »Die machen ewig so weiter, ich bin meines Lebens nicht mehr
sicher. Die Polizei unternimmt nichts und ich muss womöglich sterben. Das darf
doch nicht wahr sein.«
    »Du übertreibst, sie sind noch halbe Kinder. Ich will sie
nicht zu sehr in Schutz nehmen, ich hab auch meine Fehler. Hast du nichts
falsch gemacht, als du in dem Alter warst?«
    »Doch schon, aber die sind gefährlich.«
    »Lass das Thema. Nimm mich lieber. Oder willst du noch einen
Teller?«
    »Danke, war gut, aber bin jetzt satt, danke.«
    »Dann können wir ja jetzt zum gemütlichen Teil übergehen«,
sagte sie und schob ihn mit seinem Stuhl nach hinten. Sie setzte sich auf
seinen Schoß – rittlings – und warf ihre Haare nach hinten. Sie beugte sich
nach vorne, um ihn zu küssen. Jemand sperrte die Wohnungstür auf. Sie sagte
»scheiße« und stand auf.
    Es war Bernd. Er stand plötzlich in einem Radanzug im Raum
und wusste sofort, was los war, trotzdem fragte er: »Was treibt ihr da?«
    »Bernd, ich kann dir das

Weitere Kostenlose Bücher