Alpha: Thriller (German Edition)
Grad zu umgehen. Er hatte gelernt, dass Gedanken oder Worte vollständig ausgeformt sein mussten, bevor die Anunnaki sie deuten konnten. Wenn er an etwas dachte, was sie nicht erfahren sollten, sorgte er daher dafür, dass es in seinem Kopf nie vollständig Gestalt annahm. Es war beinahe so, als versuche man, im Dunkeln zu sehen. Man fixierte den Gegenstand nicht direkt, sondern richtete stattdessen den Blick daran vorbei, um ihn mit seinem peripheren Gesichtssinn wahrzunehmen.
Und so lag Jacobs’ endgültiger Plan knapp außerhalb der Reichweite der Anunnaki. Zwar hatte er keine Garantie dafür, dass er funktionieren würde; aber auf jeden Fall war er es wert, verfolgt zu werden, wenn die Zeit dazu reif war.
Einstweilen allerdings genoss er einfach die Vorfreude, während er durch die dunklen, verschneiten Straßen von Genf chauffiert wurde. Er und seine Kollegen waren spät am Abend zuvor am Flughafen gelandet – sie waren jetzt wieder zu hundert, nachdem Saul Rubino, ein milliardenschwerer Diamantenhändler, sein Angebot angenommen hatte –und hatten beschlossen, die Nacht im Palais Grande mit seiner Aussicht über den wunderschönen See, der die Stadt so berühmt gemacht hatte, zu verbringen.
Wesley Jones war in Washington zurückgeblieben, um sich dort um alles zu kümmern und zu versuchen, die Ermittlungen an der Unfallstelle in der Nähe von Jacobs’ Haus zu behindern, sollte aber rechtzeitig zur Ankunft der Anunnaki nach Genf kommen. Im Lauf der Jahre hatte Jacobs gelernt, sich auf Jones zu verlassen, und hoffte, dass er es schaffen würde.
Der Rest der Bilderberg-Hundert verließ die Stadt jetzt im Konvoi und schlug die Autobahn ein, die durch die herrlichen Ausläufer der fernen Berge führte. Sie waren unterwegs zum Teilchenbeschleuniger des CERN, der Organisation, an deren Gründung er selbst beteiligt gewesen war, und zwar mit dem ausdrücklichen Ziel, die Anunnaki zurück zur Erde zu holen.
Philippe Messier hatte sich gestern Abend zum Essen im Hotel zu ihnen gesellt und die versammelte Gruppe bei Hummer und Dom Pérignon darüber informiert, dass die Maschine am Nachmittag des nächsten Tages betriebsbereit sein würde. Daraufhin war Jubel aufgebrandet und Messier hatte immer wieder darauf anstoßen müssen, bis er kaum noch stehen konnte.
Als die ersten Sonnenstrahlen über die Berge schienen, lehnte sich Jacobs in den tiefen Ledersitz der riesigen Rolls-Royce-Limousine zurück und nahm einen Schluck von seinem Morgencognac.
Sein Telefon klingelte, als er gerade das Glas an die Lippen setzte. Rasch zog er es aus der Tasche. Er sah, von wem der Anruf kam, und nahm ihn sofort an. Dann wich ihm das Blut aus dem Gesicht.
Colonel Caines hatte keine Lust gehabt, diesen Anruf zu machen. Aber besser, er kam direkt von ihm, als dass Jacobs aus anderer Quelle davon hörte; und das würde mit Sicherheit der Fall sein, ehe der Vormittag vorüber war.
»Mr. Jacobs«, begann er unbehaglich, »ich habe leider schlechte Nachrichten.«
Jacobs hörte aufmerksam zu, während Caines ihm eine Zusammenfassung der Ereignisse der letzten paar Stunden lieferte.
»Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte?«, fragte Jacobs.
»Nein, Sir«, gestand Caines und war froh, dass Jacobs sich nicht im selben Raum mit ihm befand. »Derzeit haben wir keine Vorstellung, wohin sie verschwunden sein können. Aber wir tun alles in unserer Macht Stehende, um sie wieder aufzuspüren.«
Kurz überlegte Jacobs, ob er Caines zusammenbrüllen sollte, ihn über das Telefon anschreien und ihm mit Folter und Tod drohen, weil er bei seiner Mission versagt hatte. Und dann hätte er am liebsten das Handy in Stücke geschlagen.
Doch stattdessen schob er das Telefon nur langsam wieder zusammen und beendete den Anruf ohne ein weiteres Wort. Es gelang ihm, sich zu beherrschen. Caines anzuschreien, würde gar nichts nützen. Wozu sollte das jetzt noch gut sein?
Adams und Edwards waren gerissen, und inzwischen waren sie gefährlicher denn je. Warum hatte er ihnen im Labor nur alles erzählt? Sein Stolz hatte die Oberhand gewonnen. Deswegen. Er war wahrhaftig alt genug, um es besser zu wissen. Aber ebenso wenig wie es nutzte, Caines anzubrüllen, führte es zu nichts, sich selbst Vorwürfe zu machen. Stattdessen überlegte er, während seine Limousine über die glatten Schweizer Straßen glitt, wie die beiden ihr Verschwinden inszeniert haben könnten.
Sekunden später richtete er sich abrupt auf und griff nach seinem Handy, um Caines
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