Alphacode Höhenflug
hinterher leer auszugehen. Hatte er uns nur eine Nachricht übermitteln wollen, oder lag ihm daran, auf diese Weise seine Macht zu beweisen?
»Reling und ich sind übereingekommen, Gorong ein Angebot zu machen«, unterbrach Ho-Feng meine Überlegungen.
»Was?« stieß ich hervor. »Was sagen Sie?«
»Wir werden ihn straffrei ausgehen lassen, wenn er sich jetzt ergibt«, erwiderte der Chinese.
Ich mußte sehr betroffen ausgesehen haben, denn er sagte in einem niedergeschlagenen Tonfall:
»Sie haben auch keinen besseren Vorschlag zu unterbreiten!«
Das war in der Tat richtig, aber die Vorstellung, daß dieser mehrfache Mörder unbestraft bleiben sollte, erschien mir unerträglich. Ich erhob jedoch keinen Protest, da ich mir vorstellen konnte, daß der Handel nicht zustande kommen würde. Gorong würde sich gegen keine noch so verlockende Garantie ergeben. Er wollte den Weg zur absoluten Macht weitergehen. Schon aus diesem Grunde mußte Ho-Fengs Plan scheitern.
Trotzdem verwünschte ich den Alten, der sich – ohne vorher Rücksprache mit uns zu nehmen – mit Ho-Feng geeinigt hatte. Vielleicht glaubte er, IAK-Gipfelpolitik ohne uns machen zu können.
»Thor!« rief Hannibal in diesem Augenblick. »Ich kann Kiny nicht mehr antasten.«
Ich streckte meine telepathischen Sinne nach Kiny aus, aber ich konnte sie auch nicht finden. In meinen Gedanken entstand das Bild des Mädchens; ich sah ihr schmales Gesicht mit den großen dunklen Augen, als stünde sie vor mir.
Jetzt erst, als ich in diese große Leere hineinrief, wurde mir bewußt, wie sehr ich mich an ihre telepathische »Stimme« gewöhnt hatte.
»Etwas ist passiert«, sagte Hannibal heiser. »Irgend etwas ist schiefgegangen.«
Ich brachte mein Gesicht dicht an die Bildfunkanlage.
»Ho-Feng, Sie haben kläglich versagt«, schleuderte ich ihm unbeherrscht entgegen. »Sie haben nicht die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.«
Diese Reaktion war ungerecht, das empfand ich, als ich die Worte ausgesprochen hatte. Ich wußte genau, daß man sich im allgemeinen auf ihn und seine Organisation verlassen konnte. Der GAS-Geheimdienst war nicht schlechter als die GWA oder der MADE. In dieser ungewöhnlichen Situation mußte man Verständnis für ein Fehlverhalten aufbringen, das nicht absichtlich begangen worden war.
»Ich habe noch keine Nachrichten bekommen«, sagte Ho-Feng.
»Zwei Ihrer Männer haben Kiny zu einer anderen Maschine gebracht«, erinnerte ich ihn. »Sie müssen doch in Verbindung mit der Mannschaft dieser Maschine stehen.«
Er nahm die Brille ab und rieb sich die Augen.
»Es gibt keine andere Maschine.« Die Worte kamen ihm schwer von den Lippen. »Es gibt auch keine anderen Männer. Miß Edwards sollte im GWA-Gleiter in Sicherheit gebracht werden.«
Ich drehte mich zu Hannibal um.
»Jetzt hat er Kiny!«
6.
Der Vorgang der Entführung ließ sich nicht genau rekonstruieren, aber Gorong mußte geahnt haben, daß Kiny sich auf dem Militärflughafen von Peking befand. Darauf hatte er seinen Plan aufgebaut. Er hatte alles riskiert und alles gewonnen.
Wenige Minuten, nachdem er von Amonskij die telepathische Bestätigung seines Verdachtes erhalten hatte, waren zwei von ihm kontrollierte Männer in dem GWA-Gleiter aufgetaucht. Wahrscheinlich hatte Gorong aus unmittelbarer Nähe das gesamte Personal im Hangar und in der Maschine durch suggestive Beeinflussung ausgeschaltet.
Bevor Kiny bemerkt hatte, daß sie in eine Falle ging, war sie betäubt worden. Nur so war die Unterbrechung unserer Gedankenverbindung zu verstehen.
Es gab noch eine andere Erklärung: Kiny war nicht mehr am
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