Alphacode Höhenflug
konnte nicht übersehen, welches Schicksal sie erwarten würde.«
Ich verlor die Kontrolle über meine Stimme.
»Wissen Sie überhaupt, was er tut? Er macht andere Menschen zu seinen Dakoyts. Er versklavt seine Opfer so rettungslos, daß sie bereitwillig Selbstmord begehen, wenn er es von ihnen verlangt.«
»Gorong wird Kiny nicht umbringen«, verteidigte sich Reling. »Er braucht sie. Er wird uns eine Nachricht übermitteln und mit uns verhandeln.«
»Nein«, zerstörte ich seine Zuversicht. »Nicht mit Ihnen, auch nicht mit Ho-Feng oder sonst jemand. Sie alle sind in seinen Augen zu primitiv. Ihr Intelligenzquotient ist viel zu gering.«
Meine Worte verfehlten nicht die beabsichtigte Wirkung. Zweifel begannen den Alten zu plagen.
»Er wird nur mit Personen verhandeln, die ihm gleichwertig sind: mit dem Kleinen und mir«, fuhr ich fort. »Und auf diese Verhandlungen kann niemand einen Einfluß nehmen.«
Er war kreidebleich geworden. Seine Zungenspitze glitt über den stachligen Oberlippenbart.
»Hannibal und ich werden verhandeln«, betonte ich.
Reling sah uns nachdenklich an und schwieg. Er wußte, daß wir recht hatten und er die Forderung der IAK nicht länger vertreten konnte.
*
Die ungewöhnlichste Situation, in der wir uns bisher hatten bewähren müssen, war das Problem mit dem Marsversorger ALPHA-VI gewesen. Wenn ich jedoch unsere damaligen Schwierigkeiten mit denen verglich, die wir diesmal zu bewältigen hatten, mußte ich feststellen, daß Gorong uns an einer Stelle traf, die ich für unverwundbar gehalten hatte: an unserer Loyalität gegenüber den Verantwortlichen der GWA, IAK – und der Menschheit.
Unmittelbar nach Kinys Entführung konnte ich mir vorstellen, daß eine Situation eintreten würde, in der ich zunächst einmal an meine eigenen Belange dachte.
Ich versuchte mich selbst zu analysieren, um festzustellen, worauf dieser Unterschied beruhte.
Die Antwort war eindeutig: Ich hatte mich verändert!
Auf eine geheimnisvolle, noch nicht erklärbare Weise waren wir alle in Gorongs Einflußbereich geraten. Es war dabei von sekundärer Bedeutung, mit welcher Heftigkeit sich dieser Prozeß bei verschiedenen Personen vollzog und in welchen Formen.
Natürlich konnte Gorong keinen direkten Einfluß auf Hannibal und mich ausüben, aber seine Nähe und Taten genügten, um in uns zwiespältige Gefühle hervorzurufen.
In mir hatte sich jedoch die feste Überzeugung gebildet, daß dieser mich befremdende Zustand schlagartig beendet sein würde, wenn unser Einsatz erfolgreich verlief.
Diese merkwürdige psychologische Situation, der Hannibal und ich ausgesetzt waren, erschien mir um so gefährlicher, je deutlicher mir klar wurde, was der eigentliche Grund für die Veränderung war.
Gorong war wie Hannibal und ich ein Mensch mit einem ungewöhnlich hohen Intelligenzgrad und mit parapsychologischen Fähigkeiten. Ich konnte trotz ehrlicher Bemühungen nicht verhindern, daß ich unterschwellig an zwei Arten von Menschen dachte – an die normalen und an die Mutanten.
Vielleicht war das ein natürlicher Instinkt, eine Art Kollektivbewußtsein, wie es sich notgedrungen entwickeln muß, wenn etwas im Entstehen begriffen ist. Barkhon-Lama war zwar ein skrupelloser Verbrecher, aber auf Grund seiner Fähigkeiten ähnelte er mir.
»Ich glaube, du grübelst zuviel«, sagte Utan. »Deine Sorgen um Kiny sind verständlich, aber du darfst darüber nicht den klaren Verstand verlieren.«
»Sie hätte sich längst melden müssen«, überlegte ich.
Nach Kinys Entführung waren wir auf Relings Drängen hin in das Hauptquartier des
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