Alphacode Höhenflug
hatte er die Zweiteilung der Menschheit bereits vollzogen. In seinen Augen gab es zwei Parteien: Würdige und Unwürdige.
Ich dachte an all das Leid, das durch ähnliche Klassifizierungen in der Vergangenheit über die Menschheit gebracht worden war.
Niemals zuvor war diese Aufteilung jedoch derart extrem geschehen – und niemals zuvor hatte eine so kleine Minderheit für sich das Recht in Anspruch genommen, wertvoller zu sein als alle anderen Menschen.
»Wir werden Schulungszentren für Mutanten gründen«, fuhr Gorong fort. »Wir sind intelligent genug, um alle latent Befähigten zu fördern. Ein Volk von Mutanten wird entstehen, eine Herrschaftskaste von Würdigen. Die anderen werden uns dienen.« Er lachte triumphierend. »Und ich werde die Würdigen anführen.«
Wahrscheinlich sah er sich bereits im Kreise seiner Dakoyts, die widerspruchslos auf seinen telepathischen Wink reagieren würden.
Meine Blicke wanderten umher. Da er mich hören konnte, mußte er sich in meiner Nähe aufhalten. Aber er hatte Kiny; deshalb konnte ich so gut wie nichts unternehmen.
»Sie schweigen«, stellte Gorong Barkhon-Lama fest. »Ich kann mir vorstellen, daß Sie darüber nachdenken müssen. Lassen Sie nicht zuviel Zeit verstreichen. Sie strapazieren meine Geduld. Ich will sicher sein, daß Sie auf meiner Seite stehen. Aus dem Grund werde ich eine Entscheidung nur akzeptieren, wenn Sie mir den telepathischen Beweis dazu liefern.«
Es war sinnlos, ihn weiter hinzuhalten und ihm die Wahrheit zu verheimlichen. Er wollte sich in meine Gedanken einschalten, um herauszufinden, wie meine Einstellung wirklich aussah.
Er würde erkennen, daß ich ihn für einen Wahnsinnigen hielt, der die Welt bedrohte.
Es gab keine Möglichkeiten für Verhandlungen.
Ich drehte mich um.
»Konnat!« rief er. »Ich kann Sie sehen .«
»Ja«, sagte ich stockend.
»Sie wollen fliehen, ohne mir eine Antwort zu geben. Das bedeutet, daß Sie sich gegen mich entschieden haben.«
»Stimmt«, bestätigte ich und warf mich zur Seite. Etwas Schweres durchschlug das Bühnenbild und krachte neben mir zu Boden. Der Samurai hatte seinen Oberkörper verloren.
›Thor!‹ Kiny konnte plötzlich wieder zu mir durchdringen. Ihre Gedanken stürzten auf mein Bewußtsein ein. ›Paß auf, Thor! Er will dich töten.‹
Ich kroch auf allen vieren davon. Ein durchdringendes Knirschen ging durch den Requisitenkeller. Über mir begann sich die schwere Bühne aus den Verankerungen zu lösen.
Ich rannte in geduckter Haltung weiter, um mich aus der Gefahrenzone zu bringen. Ein schwerer Scheinwerfer flog geschoßartig an mir vorbei und schlug in die Bilder ein.
Farbe und Mörtel regneten auf mich herab. Ein Teil der Bühne brach durch. Der schwere Brocken wurde von einigen dünnen Drahtverstrebungen aufgehalten und schwang wie ein gewaltiger Pendel über mich hinweg. Anschließend prallte er gegen die Rückwand des Kellers. Von dort stürzten die Trümmerstücke zu Boden.
Ein weiteres Stück der Bühne gab nach und fiel in den Keller. Staubschwaden wurden hochgewirbelt.
Ich hatte die gegenüberliegende Wand erreicht und sah mich nach einem Fluchtweg um. Wenige Schritte von mir entfernt befanden sich die Zugseile des Bühnenaufzuges. Der Aufzug selbst war von der Bühne mitgerissen worden.
Mit zwei Sprüngen hatte ich die Metallseile erreicht. Ich umklammerte sie und hangelte mich wie ein Affe an ihnen hoch. Gorong konnte mich offenbar augenblicklich nicht sehen, sonst hätte er mich erneut angegriffen.
Weiter oben schwang ich mich auf eine Plattform, die von der Bühne übriggeblieben war und rollte mich seitwärts in den Orchestervorraum. Dann rammte ich einen
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