Alphacode Höhenflug
Maßnahmen Ho-Feng getroffen hatte, aber ich konnte mir nicht vorstellen, daß er uns ohne weiteres ziehen ließ.
Utan hatte einen Reiseführer aufgeschlagen.
»Im Kin-Lai-Viertel leben in erster Linie Geschäftsleute und Handwerker«, las er mir vor. »Ein großer Teil der Gebäude stammt noch aus den beiden Jahrzehnten nach der Kulturrevolution.«
Irgendwo, und wenn es sich um Angaben in Stadtplänen handelte, fand sich immer wieder ein Stück antiquierter Politik. Auf einen Mann, der die Erde als Einheit sah, wirkte das absurd.
»Kin-Lai liegt am Rande von Peking«, erklärte Utan. Er folgte mit dem Zeigefinger unserer ungefähren Flugroute. »Gorong hält sich womöglich nicht mehr in Peking auf.«
»Er kann überall sein«, entgegnete ich grimmig. »Vielleicht folgt er uns mit einem Gleiter, um uns nicht aus den Augen zu verlieren.«
›Landet auf der Parkfläche des Volkstheaters‹, vernahm ich Kinys Individualimpulse.
»Hast du sie empfangen?« fragte ich den Kleinen.
»Natürlich. Hoffentlich kennt unser ›Pilot‹ den Parkplatz.«
Wir flogen über eine breite Straße, die wie mit einem Lineal gezogen durch die Außenbezirke der Vierzig-Millionen-Stadt führte. Unwillkürlich schaltete ich mich kurzfristig in die Gehirnströme von Menschen ein, die sich unter uns auf der Straße bewegten. Da die Gedanken der Leute um für mich belanglose Dinge kreisten, zog ich mich schnell wieder zurück.
In Kin-Lai verließ unsere kleine Maschine die Hauptflugschneise.
Wenig später landeten wir auf dem von Kiny angegebenen Parkplatz. Das Volkstheater war ein quadratischer Klotz aus roten Steinen. Vor dem Eingang wehten die Fahnen des GAS.
»Sollen wir hier sitzen bleiben?« fragte der Kleine.
Ich stieg aus und sah mich um.
Die Szene, die sich meinen Blicken bot, gehörte zum allgemeinen Straßenbild. Rund um die Parkplätze hatten die geschäftstüchtigen Händler ihre Stände aufgebaut.
Wir schlenderten über den Parkplatz, konnten aber nicht feststellen, ob uns jemand folgte.
Plötzlich hatte ich das Gefühl, daß wir dicht am Ziel waren. Unwillkürlich blieb ich stehen. »Kleiner«, flüsterte ich. »Spürst du irgend etwas?«
»Ich habe ein eigenartiges Gefühl in der Magengegend«, erwiderte er. »Außerdem spüre ich einen dumpfen Druck im Hinterkopf.«
»Ich bin sicher, daß Gorong in unserer Nähe weilt.« Meine Blicke wanderten über den freien Platz vor dem Theater. Dort hasteten zahlreiche Menschen vorüber – Studenten, Hausfrauen und Arbeiter.
›Kommt ins Theater!‹
Wieder nur ein kurzer Impuls. Wir sahen uns an.
»Er ist im Innern des Gebäudes«, behauptete Hannibal und drehte sich langsam in Richtung des Theaters um.
Zögernd blieb ich noch stehen. Bot sich uns jetzt eine Chance? Zweifel stiegen in mir auf. Vielleicht war es eine geschickt aufgestellte Falle, der wir nicht mehr entfliehen konnten. Vielleicht beabsichtigte der Lama, das Theater mit seinen telekinetischen Kräften zum Einsturz zu bringen, sobald wir den Eingang passiert hatten.
Utans Augen verengten sich.
»Das paßt mir nicht«, nörgelte er. »Ich schlage vor, daß ich zunächst allein hineingehe. Du folgst mir erst, wenn ich dich rufe.«
»Umgekehrt«, gab ich ihm mit einer Handbewegung zu verstehen.
Er wollte protestieren, doch ich schnitt ihm das Wort ab.
»Beobachte ununterbrochen den Eingang«, verlangte ich. »Wir bleiben in ständigem telepathischen Kontakt.«
Er lehnte sich gegen einen Mast der Straßenbeleuchtung und zog Orpheus aus der Tasche.
»Ich werde mich mit ihr unterhalten, solange du weg bist«, rief er mir nach, während ich auf das Volkstheater zuging.
Im Augenblick beschäftigte mich der banale Gedanke, ob
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