Alphavampir
wehtun, ihn aufhalten, ihn in die Schranken weisen, seine Herausforderung annehmen und über ihn siegen ...
«Nanouk!», rief Kristobal warnend.
Als hätte seine Stimme ihre Vernunft wieder eingeschaltet, stoppte sie rechtzeitig und riss ihrem Opfer stattdessen das Handgelenk mit ihren Krallen auf. Denn ihr Biss hätte ihn infiziert. Durch den Alphavampir war die Katastrophe gerade noch abgewandt worden.
Schmerztrunken schrie der Skua auf. Zuerst versteiften sich seine Finger krampfartig, dann begannen sie unkontrolliert zu zittern wie bei einem epileptischen Anfall. Sein Gesicht färbte sich rot. Die Pistole entglitt ihm.
Nanouk richtete sich wieder auf und konnte nur schwer ein triumphierendes, höhnisches Wolfsgeheul unterdrücken. Kraftvoll rammte sie ihm ihr Knie in die Magengrube. Er krümmte sich, so dass Nanouk auf seine vor Schweiß glänzende Halbglatze herabsah. Selbst der Haarkranz, der seine Seiten und den Hinterkopf bedeckte, war feucht. Inzwischen stank er nur noch nach Angst.
Der Rausch der Kampflust erfasste Nanouk. Sie schlang ihre Finger ineinander und schlug dem Skua ihre Faust in den Nacken. Jammernd fiel er auf sein Wohlstandsbäuchlein. Er wand sich vor ihren Füßen wie ein Wurm und hielt den Arm mit dem blutenden Handgelenk mit der anderen Hand fest.
Kristobal stand auf einmal neben Nanouk. Mit grimmiger Miene packte er den beleibten Mann, hob ihn hoch und schleuderte ihn durch den Wohnbereich ins Schlafzimmer, wo er gegen die Wand krachte, wie ein nasser Sack auf das Bett fiel und bewegungslos liegenblieb.
«Das war nicht nötig», keifte sie, nachdem sich ihr Gebiss zurückgebildet hatte. Vor ihrem geistigen Auge lief der Film noch einmal ab. Der Skua war keineswegs eine Bohnenstange und trotzdem hatte Kristobal ihn durch zwei Räume geschleudert. Durch zwei! Das Rudel musste sich vor ihm vorsehen. «Er lag schon auf dem Boden.»
«Aber er war nicht bewusstlos und hätte uns noch gefährlich werden können.»
Einen Moment lang dachte Nanouk, Kristobal wollte ihr drohen, da er sie gegen die Wand neben dem Vorhang drängte, doch er kickte lediglich die Waffe unter das Sofa.
«Jetzt sind wir dran.» Bevor der Alphavampir widersprechen konnte, nickte Canis Mila zu und zog kräftig an dem Sideboard.
Die Vampirin reagierte sofort, als wären sie und der Werwolf schon seit einer halben Ewigkeit im Kampf vereint. Sie riss die Eingangstür so pfeilschnell auf, dass der dahinterstehende Jäger, der seinen Kopf nach links gedreht hatte und seinem Kumpel gerade zurief: «Hinthrone, alles o...?», mitten im Wort abbrach. Er war genauso bullig wie der Bison, der auf seinem Sweatshirt abgebildet war.
Es waren eigentlich nur Sekundenbruchteile, in denen er mit der Waffe im Anschlag wie erstarrt dastand, aber die reichten, um seinen Vorteil – die Pistole – zunichte zu machen, denn Canis zögerte nicht.
Knurrend packte er das Handgelenk des Büffels und zerrte ihn schwungvoll ins Zimmer. Der Bulle stolperte vorwärts. Er war Canis’ Attacke hilflos ausgeliefert, weil der Werwolf zielsicher und furchtlos vorging. Sein Knie traf das Handgelenk des Skuas so hart, dass ein Knacken zu hören war. Die Waffe fiel durch den Schwung auf den Sessel, wo Mila sie augenblicklich mit einem Kissen zudeckte. Genauso kompromisslos wie Canis rammte sie dem Bison ihren spitzen Stiefel in den Bauch. Daraufhin schleuderte Canis den Bullen herum, als wäre er ein Fliegengewicht. Als die Wirbelsäule des Bullen hart auf den Boden knallte, jaulte der Skua vor Schmerz auf. Er wölbte seinen Rücken durch, biss die Zähne fest zusammen, und schaute Kristobal, der sich über ihn beugte, aggressiv an.
Der Alphavampir fasste sein Kinn und hob es an. Dann versenkte er seinen Blick in den des Büffels – mehr trat er nicht. Nach einer Weile entspannte sich der Skua, als hätte Kristobal ihm geholfen, ein enges Kleidungsstück, das ihm den Atem raubte, abzustreifen. Jegliche Aggressivität verschwand aus seiner Mimik. Seine Lider flatterten. Er gähnte und schmatzte wie ein Baby. Nachdem der Alphavampir ihn losgelassen hatte, erhob sich der Bison, schlurfte ins Schlafzimmer und legte sich neben Hinthrone ins Bett.
«Wenn er immer so laut schnarcht, frage ich mich, wie sein Zimmernachbar es mit ihm aushält?», frotzelte Nanouk.
Der Spott in Kristobals Stimme war unüberhörbar. «Besser?»
«Besser als einen Mann quer durch das Zimmer zu schleudern und ihm dabei versehentlich das Genick zu brechen?» Bei aller
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