Alptraum in Atlantis
übermorgen. Aber die Stunde des Untergangs ist nahe, glaube mir. Der Schwarze Tod wird mit Myxin noch um die Macht kämpfen müssen. Myxin wird verlieren – und…«
Er sprach plötzlich nicht mehr weiter, und das hatte auch seinen Grund.
Das Rot des Himmels, erst nur in der Ferne zu sehen gewesen, hatte sich ausgebreitet. Wie ein Teppich lag es über dem Land, ein geheimnisvolles Leuchten, das seinen Widerschein auch gegen die Stadt abstrahlte, in der wir uns befanden.
»Der Anfang vom Ende«, murmelte Delios.
Ich schaute ihn an. »Willst du damit sagen, dass Atlantis in diesem Augenblick am Ende steht?«
»Ja und nein. Es geht nicht so schnell, mein Freund. Atlantis wird Teil für Teil versinken und auseinanderbrechen. Aber sie tun alles, um dies zu beschleunigen. Spürst du nicht den Wind, mein Freund?«
Ja, ich spürte ihn auch. Er heulte mit einem seltsam klagenden Ton durch die Gassen und Straßen.
»Das ist der Wind des Todes«, flüsterte Delios. »Er begleitet unsere Feinde, kündigt sie an. Komm ins Haus, John Sinclair, der Schwarze Tod wird seine Truppen schicken.«
Delios zerrte mich an Arm, doch ich blieb stehen und schüttelte den Kopf. »Erst mal sehen, welche Truppen er schickt. Was sind das für welche?«
»Schwarze Skelette, die auf Flugechsen reiten.« Delios schluckte, bevor er flüsterte: »Meine Güte, Kara, sie ist noch nicht zurück. Ich mache mir Sorgen.«
»Haro wird schon auf sie acht geben«, beruhigte ich den weißhaarigen Mann. Ich selbst schaute mich auf dem Marktplatz um. Er hatte sich wirklich geleert. Nur noch die Soldaten warteten. Sie hatten die Blicke nach oben gerichtet, denn von dort würde die Gefahr kommen.
»Gib mir ein Schwert!« verlangte ich.
Die Hand des Alten zuckte zu seiner Waffe. Die, die einmal Karas Erbteil werden sollte, doch ich schüttelte den Kopf. »Nein, nicht das Schwert mit der goldenen Klinge. Irgendein anderes. Mach schnell, Delios, sie kommen bereits.«
Ich hatte die Feinde gesehen. Erst waren es nur dunkle Punkte am Rot des Himmels, dann aber wurden sie rasend schnell größer. Ich identifizierte sie tatsächlich als Flugechsen, so wie Delios es mir gesagt hatte.
Um mich herum begann ein hektisches Treiben. Aus den Hauseingängen schoben die Bewohner seltsame Geräte. Sie standen auf Lafetten, wo sich rechts und links Holzräder drehten und über das holprige Pflaster walzten.
Jetzt sah ich die Waffen näher. Es waren große, schon gespannte Armbrüste. Pfeile waren bereits aufgelegt, aber besondere Pfeile, denn sie besaßen kunstvoll geschmiedete silberne Spitzen. Die Menschen von Atlantis wussten genau, wie sie sich gegen ihre Feinde zu verteidigen hatten.
Aber reichten ihre Waffen aus?
Ich zählte sechs Geschütze. Viel zu wenig für diese mörderische Attacke, denn die Gegner befanden sich in der Überzahl. Sie waren sicherlich mehr als zehnmal so stark.
Delios stand auf der Treppe vor seinem Haus, während irgendwo eine Alarmglocke geschlagen wurde.
Weitere Krieger erschienen. Sie waren mit Schwertern und Lanzen bewaffnet und würden sich todesmutig den Dämonen entgegenstemmen. Auch ich wollte nicht untätig zusehen und besorgte mir ein Schwert.
Ich nahm es kurzerhand einem Soldaten ab, der zwei davon trug.
»Danke, Freund!« rief ich und machte mich kampfbereit.
Eine Gänsehaut rieselte über meinen Rücken, als ich die angreifenden Gestalten sah. Die Skelette waren wirklich pechschwarz, nur ihre Augen glühten. Und die grausamen Gestalten hockten auf den grünschuppigen Flugtieren, wo sie sich mit den Beinen festklammerten und ihre flammenden Peitschen schwangen.
In der Tat, es waren feurige Peitschen, mit denen sie in den Kampf zogen.
Ich hielt den Atem an. Jetzt hätte ich mir Desteros Schwert gewünscht, aber es musste auch anders gehen. Zusätzlich besaß ich noch mein Kreuz und die Beretta sowie Ersatzmunition.
Das Kruzifix hängte ich vor meine Brust, darauf hoffend, dass es einen magischen Schutzschirm um mich bauen würde.
Die Krieger warteten ruhig ab. Sie kannten diese Überfälle wohl. Sie hockten hinter ihren großen Armbrüsten und ließen die gefährlichen Monstren auf Schussweite herankommen.
Immer dunkler wurde es.
Ich kam mir vor, als würde ich inmitten einer roten Wolke stehen, die alles zerdrückte.
Dann schlief der Wind ein…
Für einen Moment wurde es fast totenstill. Auch die Glocke war verstummt. Nur das Atmen der Männer war zu hören. Mein Herz schlug schneller als gewöhnlich, eine
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