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Alptraum in Pink

Alptraum in Pink

Titel: Alptraum in Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John D. MacDonald
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wo bist du? Kann ich dir helfen? Was brauchst du?«
    »Geld.«
    »Süßer, ich hab die tausend Dollar noch, mit denen ich die Nutte bestechen wollte, die nie aufgetaucht ist. Hilft dir das?«
    »Und ob. Aber kümmert euch erst um die anderen Sachen. Hört zu. Das ist für euch beide wichtig. Geht nicht zum Essen aus. Trinkt nichts, wenn ihr außer Haus seid. Bereitet euch Essen und Getränke zu Hause zu und lasst niemanden in die Nähe. Ihr dürft auch niemand anderen für euch einkaufen lassen.«
    »Aber warum denn nicht?«
    »Ein einziger Tropfen einer geschmacklosen, geruchlosen Flüssigkeit, und ihr werdet zu Furien, die man mit Netzen einfangen muss. Das Zeug haben sie mir gegeben, wahrscheinlich auch Charlie und all den anderen. Damit verwandelt man sich in einen täuschend echten Wahnsinnigen.«
    »Süßer, das ist unbezahlbar. Ich habe früher Fu Man Chu angehimmelt.«
    »Du hast wirklich einen tollen Sinn für Humor, Terry. Du bist so witzig wie ein Stück Seife.«
    »Tut mir Leid, Trav. Ich wollte nur meiner Rolle treu bleiben.«
    »Ich nehme an, inzwischen weiß Mulligan, dass ich abgehauen bin. Er wird alles daransetzen, mich aufzuspüren und mundtot zu machen. Und er kann sich jede Menge Helfer leisten. Ich brauche Geld, und dann brauche ich eine Bleibe, eine Bleibe für zwei, falls ich ...«
    »Süßer, wo bist du jetzt?«
    Ich war so perplex, dass ich auf den Anhänger an meinem Zimmerschlüssel schauen musste. »Im Hotel Harbon in der 41. Straße, Zimmer 303.«
    »Bleib da und warte auf mich«, sagte sie und legte auf.
    Aber ich hatte es fürchterlich eilig, die nächste Nummer herauszusuchen und Münzen in den Geldschlitz zu stopfen. Ich hatte gedacht, ich könnte Nina am besten schützen, wenn ich überhaupt nicht mit ihr in Verbindung trat. Aber als ich Terry erklärte, wozu Mulligan fähig war, wurde mir klar, dass seine beste Waffe gegen mich Nina war. Damit hatte er mir schon einmal gedroht.
    Der unterkühlte britische Akzent der Empfangsdame erwies sich als unüberwindbare Barriere. Es tat ihr überaus Leid, aber Miss Gibson war in einer Besprechung und durfte nicht gestört werden. Ich sagte, es ginge um Leben und Tod. Sie meinte, wenn ich Namen und Telefonnummer hinterließe, würde sie Miss Gibson veranlassen, mich zurückzurufen. Als ich sie beschimpfte, seufzte sie kurz und brach die Verbindung ab. Mit meinem letzten Zehn-Cent-Stück rief ich noch einmal an. Ich bat sie, Miss Gibson möge so schnell wie möglich Mr. Jones in Zimmer 303 im Hotel Harbon anrufen. Ich legte besonderen Wert auf die Zimmernummer. Ich war mir sicher, in dem Laden wimmelte es nur so von Leuten beiderlei Geschlechts namens Jones.
    Ich kaufte mir eine Zeitung. Die Treppen kippten seitwärts weg, und das Geländer fühlte sich an wie eine nasse Schlange. Ich steckte sieben Schlüssel in sieben Schlüssellöcher, alle passten und ließen sich umdrehen, und ich stolperte in ein ganz in Pink tapeziertes Zimmer und kauerte mich auf dem Bett zusammen, die Knie an die Brust gezogen. Während ich dagegen ankämpfte, dachte ich mit schweren Gewissensbissen an die Menschen da draußen in Toll Valley, an den Mann, der seinen Kopf in die Wand rammte, an die Frau, die sich stückchenweise das Fleisch aus der Wange zupfte, an die Daumenlutscherin, an die Dauerläuferin, an alle, die so erbarmungslos in diesem schrecklichen Krankenhaus steckten, in dem die Wirklichkeit verzerrt war und wo Dinge aus der Wand auftauchten. Sie konnten nicht wissen, dass das Privatkrankenhaus grausam zweckentfremdet wurde. Es hatte Angestellte, Besucher, ambulante Patienten getroffen - jeder im Speisesaal hatte Anspruch auf ein Tässchen voller Alpträume.
    Es ließ nach. Die ganzen Pink getönten, wackligen Konturen nahmen wieder ihre gewohnten Farben an. Ich richtete mich auf und befand mich in einer Art posthalluzinatorischer Depression. Wer die extremste Art von Depression erfahren will, sollte sich einmal einen Schuss künstlich eingeflößten Wahnsinns zu Gemüte führen, möglichst in einem billigen Hotelzimmer in den Kleidern eines Toten. Kaltes Licht fiel auf den staubigen, abgewetzten Teppich, auf eine helle Holzkommode ohne Griffe, auf Stellen am Kopfbrett des Bettes, von denen die braune Farbe abgeplatzt war. Zehntausend Menschen hatten in diesem Zimmer den Gestank von Einsamkeit hinterlassen. Hier waren sie auf und ab getigert, hatten gehustet, mit den Knöcheln gekracht, Drinks verschüttet, Pillen geschluckt, gerülpst, geseufzt,

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