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Als das Handy eine Buschtrommel war

Als das Handy eine Buschtrommel war

Titel: Als das Handy eine Buschtrommel war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: wissen.de
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nehmen an, dass das Ur-Indoeuropäische wiederum aus dem »Nostratischen« hervorgegangen ist, das seinen Namen dem lateinischen »nostras« für »Landsmann« verdankt. Diese Ursprache soll vor etwa 15000 Jahren im Nahen Osten gesprochen worden sein, also in einem Gebiet, zu dem auch Anatolien gehört. Das Nostratische soll zahlreiche Sprachfamilien hervorgebracht haben, zu denen neben Indoeuropäisch auch Altaisch (mit Türkisch und Mongolisch), Afro-Asiatisch (mit Berberisch und Semitisch einschließlich Arabisch) und Uralisch (mit Finnisch und Ungarisch – zwei nicht indoeuropäischen Idiomen – und den Sprachen Sibiriens) gehören.
    Der US-amerikanische Sprachforscher Merritt Ruhlen schließlich hat anhand von Wortvergleichen einen Stammbaum aller Sprachfamilien der Welt aufgestellt und einige Wörter einer hypothetischen Ursprache rekonstruiert, aus der alle anderen Idiome hervorgegangen sein sollen. »Tik« für eins und Finger sowie »aqwa« für Wasser sollen diese ersten sprechenden Menschen zum Beispiel gesagt haben. In der Mehrzahl halten die Sprachforscher allerdings sowohl Ruhlens Untersuchungen als auch die Annahme einer »nostratischen Sprache« für pure Spekulation. Die meisten Experten setzen der Verwandtschaftsanalyse und Rekonstruktion von Sprachen ein Limit von etwa 10000 Jahren. Geht man tiefer in der Zeit zurück, lassen sich nach ihrer Meinung systematische Lautähnlichkeiten nicht mehr von zufälligen unterscheiden.
    Sprachverwandtschaften im Gentest
    Etwas Rückendeckung bekommt Ruhlen allerdings von dem Biologen Luigi Cavalli-Sforza, der schon die Ackerbau-Hypothese für Europa gestützt hatte. Dieser hat anhand von Vergleichen der Gene heute lebender Völker einen Stammbaum der Menschheit aufgestellt und ihn anschließend mit Ruhlens Sprachenbaum verglichen. Gene bestimmen zwar nicht, welche Sprache ein Mensch spricht, aber Sprachen und Gene verändern sich durch ähnliche Mechanismen – nämlich durch die räumliche Trennung von Volksgruppen. Daher, so Cavalli-Sforzas Annahme, müssten auch ihre Stammbäume übereinstimmen.
    Tatsächlich stieß der Biologe auf einige Parallelen. So entdeckte er zum Beispiel eine gemeinsame Abstammung vieler Völker Europas, Indiens und Nordafrikas, deren Sprachen einige Linguisten zur umstrittenen »nostratischen« Großfamilie zusammengefasst hatten. Weiter im Stammbaum der Völker zurück ergab sich eine Verwandtschaft dieser Gruppe mit den Menschen Zentralasiens – deren altaische Sprachen ebenfalls dem Nostratischen zugeordnet wurden. Es gab aber auch Abweichungen: So sprechen die Äthiopier eine afroasiatische, also »nostratische« Sprache, sind aber genetisch mit den Völkern des afrikanischen Hauptkontinents verwandt.
    Die Existenz einer einzigen Ursprache können diese Untersuchungen nicht belegen, sie rücken sie aber immerhin in den Bereich des Möglichen. Denn Cavalli-Sforza konnte seinen Stammbaum der Völker datieren, da sich die untersuchten Gene im Laufe der Zeit mit einer konstanten Rate verändern. Demnach ist der anatomisch moderne Mensch vor etwa 150000 Jahren erstmals in Afrika aufgetreten und hat vor 100000 bis 50000 Jahren den Kontinent verlassen und sich über die Welt ausgebreitet. Die menschliche Sprachfähigkeit, so vermuten die meisten Anthropologen, entstand vor mindestens 100000 Jahren, also vor dem Beginn des Exodus aus Afrika. So ist es denkbar, dass sich im Verlaufe der großen Völkerwanderungen die Menschheit nicht nur in immer mehr kleinere Völker, sondern auch in immer mehr Sprachen aufgespalten hat.
    Die vier Triebkräfte der Sprachentwicklung
    Seit den Arbeiten von Cavalli-Sforza haben sich immer mehr Sprachforscher nicht mehr nur der Archäologie, sondern auch der Genanalyse bedient. Durch ihre Untersuchungen haben sich vier Faktoren herauskristallisiert, die bei der Entstehung der Sprachen eine entscheidende Rolle gespielt haben könnten. Ein wesentlicher Faktor war die beschriebene Ausbreitung der Menschen von Afrika aus über die ganze Welt. Diesen Wanderungen folgten jedoch weitere, so dass in den meisten Regionen der Erde heute nicht mehr die Ahnen der ersten Besiedler leben und ebenso wenig deren Sprachen gesprochen werden.
    Ein zweiter wichtiger Entwicklungsschub ging von der Erfindung des Ackerbaus aus. Ähnlich wie in Europa soll die Landwirtschaft in verschiedenen Teilen der Welt zu einer Bevölkerungsexplosion und somit zu neuen Besiedlungswellen geführt haben, die für die Sprachentwicklung von

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