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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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sehr ich euren Wunsch diesen Verbrechern zu schaden verstehen kann, so sehr besorgt mich das auch. Und eure Eltern, die wissen nichts davon?“
    „Nein“, sagte Sebastian, „natürlich nicht, aber ich denke auch, sie sollten besser nichts wissen – obwohl ich meine, daß zumindest meine Mutter irgendwas ahnt, aber sie fragt nicht und das finde ich richtig.“
    „Und deine Eltern?“ wandte der Pfarrer sich Hans-Peter zu.
    „Die wissen von mir auch nichts“, entgegnete der.
    „Ein bißchen Sorgen macht mir deine Schwester“, sagte Pfarrer Kunzmann, beugte sich dazu mit dem Oberkörper und der Weinflasche in der Hand leicht über den Tisch und schenkte die Gläser voll. „Du hast sie, seit sie abgehauen ist, auch nicht mehr gesehen?“ fragte er.
    „Nein, schon aus Vorsicht nicht. Da waren wir beide uns einig“, sagte er und wies dazu mit dem Kopf auf Sebastian, „als meine Schwester noch im Lager war. Wir haben sie dort nicht mehr besucht“, und er blickte dabei wieder zu Sebastian, der neben ihm saß und zustimmend nickte.
    „Dann weiß sie auch nicht, daß ihr Bruder für den Westen arbeitet?“
    „Natürlich nicht“, entgegnete Hans-Peter.
    „Na ja, je weniger davon wissen“, sagte der Pfarrer, „umso besser ist es. Aber von dir weiß sie das“, wandte er sich an Sebastian, „also das mit dem Nachrichtendienst.“
    „Ist überhaupt nicht gesagt“, entgegnete der, „damals im Kaffeestübchen und im Hageneck war nur ganz allgemein die Rede davon. Es stand ja keinesfalls fest, daß ich da mitmache.“
    „Mag sein, aber da reicht ja schon so ein Kontakt. Das ist alles längst strafbar, wenn die davon erfahren hätten. Und Unschuld, wenn wir das mal so sagen wollen, muß in der DDR ja vom Beschuldigten nachgewiesen werden. Die juristische Maxime ‘im Zweifel zugunsten des Angeklagten’ gilt nicht im Arbeiter- und Bauernstaat. Das ist nur reaktionäres bürgerliches Rechtsverständnis.“
    „Arbeiter- und Bauernstaat“, sagte Sebastian, „Bauern hauen ja massenweise ab und nicht nur Bauern, sondern Handwerker, Unternehmer, Kaufleute, Ingenieure, Rechtsanwälte …“
    „Ja natürlich, die Bürgerschicht“, bestätigte Pfarrer Kunzmann.
    „Kann so was denn auf längere Sicht gut gehen?“ fragte Hans-Peter mit skeptischer Miene.
    Der Pfarrer verneinte. „Auf längere Sicht nicht“, sagte er.
    „Aber die werden an Fachschulen und Unis“, gab Hans-Peter zu bedenken, „ihre eigenen Spezialisten ausbilden.“
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. „Das allein reicht nicht“, sagte er, „zum nötigen Mentalitätswandel, nämlich hin zur Verantwortung der eigenen Freiheit als bürgerlicher Tugend. Selbständiges Denken und Handeln wird hier im Osten ja schon weitestgehend strafrechtlich verfolgt. Das Individuum an sich ist bereits verdächtig.“
    „Viele Gründe, gegen diese Bande vorzugehen“, meinte Sebastian.
    Der Pfarrer zuckte mit den Schultern. „Nur eben schlimm“, sagte er und nahm einen Schluck aus seinem Glas, „wenn Eltern ihre eigenen Sprößlinge diesen Weg gehen sehen. Da stellt sich natürlich auch schon die Frage, was könnt ihr denn erreichen? Ich weiß, ich weiß“, sagte er und wehrte mit erhobener Hand einen versuchten Einwand Sebastians ab, „die Fragen und Antworten darauf kenne ich natürlich auch: Wenn jeder so denken würde zum Beispiel … und: Steter Tropfen höhlt den Stein … und so weiter. Das ist ja alles richtig, aber fragen muß man immer wieder, ist denn das sehr weite Ziel – und davon müssen wir ausgehen – diesen hohen Einsatz wert?“
    „Hier ist doch jeder Einsatz, von wem auch immer, hoch, ganz egal ob jung oder alt“, antwortete Sebastian.
    „Es steht aber auch die Frage im Raum“, entgegnete Pfarrer Kunzmann, „könnt ihr denn, als doch sehr junge Leute, das wirklich abschätzen?“
    „Immer dasselbe“, sagte Sebastian mit wegwerfender Handbewegung, „dieser Spruch, ihr seid zu jung, den kenne ich schon“, und Freund Hans-Peter stimmte ihm nachdrücklich nickend zu.
    „Das grenzt bereits an Entmündigung“, erklärte er.
    „Liebe Freunde“, erwiderte der Pfarrer lächelnd, „nun laßt aber mal die Kirche im Dorf. Ich will euch doch gar keine Vorhaltungen machen. Um es aber auch mal zu sagen, der Westen ist nicht das Schlaraffenland, aber doch der erneute Einstieg in die Demokratie, der in Deutschland beim ersten Mal so katastrophal gescheitert ist. Und beim gestreuten Vorwurf, vor allem hier aus der Bonzenclique, daß im

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