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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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Sebastian ebenfalls lachend.
    „Es ist aber nicht mehr unbedingt zum Lachen“, meinte Totila schließlich, „wenn sie dich erstmal am Wickel haben.“
    „Das liegt doch wesentlich an uns.“
    „Wesentlich, na gut, aber nicht nur.“
    Sebastian schüttelte den Kopf. „Wenn wir uns das dauernd vorhalten wollen“, sagte er, „hätten wir erst gar nicht anzufangen brauchen. Aber du vergißt hier den grundsätzlichen Unterschied. Wir leben nämlich in einem totalitären Staat.“
    Totila winkte ab. „Das weiß ich doch!“
    „Sicher, aber man muß sich das halt immer wieder klar machen. Das kann man vielleicht nur begreifen, wenn man an die ganzen Spitzel hier überall denkt, die auf Opfer lauern.“
    „Darüber könnt ihr gut mit meinem Alten reden“, sagte Totila, „der wird euch da vieles bestätigen.“

    51.

    Die schon ein wenig tiefer stehende Sonne warf bereits längere Schatten, als Sebastian und Hans-Peter sich auf den Weg zum Pfarrhaus machten. Ein leichter Wind streifte die Gesichter der beiden Freunde und von den Steinplatten des Bürgersteigs stieg spürbar Wärme auf. Sie gingen in kurzen Hosen und aufgekrempelten Hemdsärmeln.
    „Ob der vielleicht sauer ist, weil wir Totila angeheuert haben?“ wandte Hans-Peter sich an Sebastian.
    „Weiß ich nicht“, erwiderte der. „Totila meinte ja, daß das bestimmt nicht der Fall sein wird und deshalb verstehe ich nicht, warum der sich ins Kino verdrückt, auch noch zu irgend so’nem blöden Russenfilm. Aber egal, was der Pfarrer meint – vielleicht wirft er uns Leichtsinn vor, aber dann muß er auch sagen, wie man ganz ohne Leichtsinn gegen das Regime hier vorgehen soll, das sich ungefragt anmaßt uns zu regieren.“
    „Dabei hat er doch diesen Kettelhut, ich meine den orthopädischen Schuhmacher aus Belzig, so sehr bewundert“, warf Hans-Peter ein. „Und seine Predigten sind ja auch nicht gerade die pure Leisetreterei.“
    „Ganz genau“, stimmte Sebastian zu, „ob man nun selber Flugblätter herstellt“, sagte er, „oder heimlich russische Düsenbomber fotografiert, alles ist gleich leichtsinnig, jedenfalls, wenn man’s so sehen will.“
    Auf Vorwürfe, welcher Art auch immer, waren sie gefaßt, als sie verabredungsgemäß im Pfarrhaus erschienen, das ihnen ja schon von einigen vorhergehenden Besuchen vertraut war. Als die Haushälterin die beiden meldete und der Pfarrer aus seinem Arbeitszimmer in die große Diele trat, tat er das aufgeräumt und guter Laune wie immer.
    „Grüß Gott, junge Freunde“, empfing er die beiden und, nahe herangetreten, murmelte er grinsend: „Agenten des imperialistischen Klassenfeinds.“ Dann wandte er sich der Haushälterin zu: „Sie konnten längst Feierabend machen, Frau Kaczmarek, es ist ja wieder viel zu spät geworden.“
    Sie winkte ab, schüttelte den Kopf und lachte. „Nicht der Rede wert“, sagte sie, „aber ich gehe dann, wenn der Herr Pfarrer mich nicht mehr braucht.“
    „Nein, nein“, sagte der, „ich hab’ Sie ja lange genug beansprucht.“
    Die beiden Freunde sahen sich an. Hans-Peter hob unmerklich die Schultern und blinzelte Sebastian zu.
    Einen Vorwurf Totila verführt zu haben erwartete Sebastian jetzt nicht mehr.

    „Nun kommt mal rein in die gute Stube“, hörten sie schließlich die Stimme des Pfarrers. „Setzt euch, ihr wißt ja hier schon Bescheid“, und er wies mit der Hand auf den Couchtisch, neben dem die Stehlampe stand und auch wieder diesen Lichtkreis an die Zimmerdecke warf, weil die Fenster bereits dicht verhängt waren. Westliches Knabberzeug stand auf dem Tisch und in einem Glas so ein Bündel brauner Stäbchen – Salzstangen sagte der Pfarrer dazu und geröstete Erdnüsse, alles salzig, wie sie bald feststellen konnten.
    „Das macht Durst“, sagte der Pfarrer, „aber wir haben ja Wein und auch Wasser“, und er schenkte Rotwein in die Gläser. „Doch nun sagt mal, liebe Leute, wie um Gottes Willen kommt ihr denn zum Geheimdienst? So was steht doch eigentlich nur in dubiosen Schwarten.“
    Sebastian lachte. „Nee“, sagte er, „das dachte ich zuerst auch, aber so spannend wie’s in solchen Büchern steht ist das bei uns jedenfalls nicht. Wir kümmern uns eigentlich nur um das, was jeder sehen kann, aber das wissen Sie ja sicher bereits von Totila.“
    „Aber ihr wißt ja auch“, sagte der Pfarrer, „daß das hier keine Rolle spielt, Spionage heißt das allemal.“
    „Natürlich“, warf Hans-Peter ein.
    „Ja eben“, ergänzte Sebastian,

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