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Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman

Titel: Als der Kalte Krieg am kaeltesten war - Ein dokumentarischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raimund August
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wirklich glauben, als er in den schwarzen EMW stieg, der vorgefahren kam als sie aus dem Gartentor traten. Dabei dachte er auch an Hans-Peter. Wenn die mich überprüfen, werden sie das auch mit ihm tun und mit Totila?
    Als er zum Autofenster hinausblickte, geriet er in etwas wie einen Trancezustand. Obwohl er dabei hellwach war versank er in einen Zustand, den er nur von Momenten hoher Gefahr her kannte wie zum Beispiel damals nach dem Aufstand in Berlin, als Bahnpolizei im Zug ihre selbstgemachte Bescheinigung kontrollierte.
    Sieh dir alles noch mal an, sagte eine Stimme in ihm, du wirst das lange nicht wiedersehen… Und da sah er den Bäckerladen, die Fleischerei daneben und Drei Linden, Richards Konsumkneipe, ganz deutlich die Treppenstufen zum Eingang, das rostbraune Eisengeländer, alles ganz nah, wie in Zeitlupe zog die Kulisse langsam vorbei. Dann schloß er eine Weile die Augen und als er wieder durchs Fenster blickte zog gerade das Haus in diesem parkähnlichen Garten, in dem Freund Hans-Peter wohnte in wieder normaler Geschwindigkeit vorbei.
    Das Auto fuhr sehr rasch, wesentlich schneller als erlaubt. Aber wer wollte schon die Stasi kontrollieren, wer konnte sie hindern, wer ihr Vorschriften machen, dem Schild und Schwert einer Partei, die immer recht hatte… wie es im Text eines in den Schulen verbreiteten Liedes hieß. Dann ging es auch bald in gleichbleibendem Tempo den Ilseberg hinauf Richtung Senftenberg und dort angekommen schließlich durch ein offen stehendes Gartentor. Hinter einer Villa parkte der Wagen. Das also ist die Senftenberger Stasizentrale, ging es Sebastian durch den Kopf.
    Er wurde zum Aussteigen aufgefordert. Einer ging voraus, öffnete die Eingangstür, die beiden anderen eskortierten ihn. Kaum war er in die geräumige Diele getreten, vernahm er hinter sich in barschem Tonfall die Aufforderung: „Hände auf den Rücken!“ Die halbwegs jovialen Ledermantelträger waren ganz plötzlich zu Häschern geworden. Sebastian sah sich um und blickte in veränderte Gesichter. Die beiden sahen ihn jetzt wie eine Beute an, dazu grinste der eine auch noch selbstzufrieden. „Hände auf den Rücken“, wiederholte der andere und im Tonfall schwang bereits etwas wie eine Drohung mit.
    Sebastian folgte, wenn auch widerstrebend, dieser drohenden Aufforderung. Schließlich schob man ihn in ein größeres Zimmer, karg eingerichtet: Ein grauer eiserner Schrank, wahrscheinlich aus Armeebeständen, ein großer Schreibtisch vor einem Fenster, vor das man schwarze Rollos ziehen konnte. Stuckverzierungen entlang der oberen Wandkanten und an der hohen Decke des Raumes und ein großes Walter-Ulbricht-Porträt an einer sonst völlig kahlen Wand.
    Ein Mann mittleren Alters in schwarzem Anzug mit roter Krawatte stand hinter diesem Schreibtisch. „Setzen Sie sich“, sagte er und wies mit der Hand in eine Ecke des Zimmers. Sebastian drehte sich um, sah dort einen Hocker stehen und nahm darauf Platz.
    „Sitzen Sie gerade“, wurde er angeherrscht, „legen Sie die Hände auf die Knie.“
    Die scheinen sich ziemlich sicher zu sein ging es Sebastian durch den Kopf.
    Schließlich betrat ein untersetzter Typ in Uniform den Raum durch eine Seitentür.
    Ein Raupenschlepper, registrierte Sebastian und meinte damit das Silbergeflecht auf den Schultern des Uniformierten, ein Major also. Der blieb stehen und sah auf Sebastian herab. „Wie heißen Sie?“
    Sebastian nannte seinen Namen. Das weiß der doch längst, sagte er sich.
    „Wohnhaft?“ fragte der Major weiter.
    Sebastian schüttelte unmerklich den Kopf und nannte seine Adresse.
    „Wen kennen Sie in Westberlin?“ kam schließlich ganz unvermittelt die Frage des Majors, die Sebastian so nicht erwartet hatte.
    „In Westberlin?“
    „Wen kennen Sie in Westberlin?“ insistierte der Major unbeirrt.
    „Also ja“, antwortete Sebastian verunsichert, „ich habe da einen Onkel.“
    „Den Namen?“
    „Otto Dittrich.“
    „Wen kennen Sie noch in Westberlin?“
    „Niemanden.“ Sebastian hob dazu leicht die Schultern, „nicht daß ich wüßte…“
    „Kennen Sie einen Hoffmann in Westberlin?“
    „Hoffmann? Nein.“ Sebastian unterdrückte sein Erschrecken. Woher wußten die von Hoffmann? Wo war hier was undicht?
    „Bodo Hoffmann kennen Sie nicht?“ bohrte der Major weiter.
    Sebastian schüttelte den Kopf. „Nein.“
    Der Major drehte sich abrupt um und wandte sich dem Zivilisten hinterm Schreibtisch zu. „Festnehmen und abführen“, sagte er. Der im

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