Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel
ohne die Zügel loszulassen. »Guck mal!« Er zog den Rest Marzipan aus seiner Tasche und hielt ihn lockend in die Luft.
So lotste er Sternschnuppe zum nächsten Laternenpfahl. Mit zitternden Fingern band er die Zügel daran fest. Geschafft. Nervös sah er sich um. Das Rentier war zum Glück in eine sehr kleine Straße gelaufen. Nicht ein Mensch war zu sehen.
»Mann, Mann, Mann!«, stöhnte Ben, schloss die Augen und lehnte sich erschöpft gegen den Laternenpfahl.
Nach ein paar Minuten kam Charlotte völlig außer Atem mit Wutz die Straße entlanggerannt. »Hast du es?«, stieß sie hervor.
Ben nickte. »Am Laternenpfahl. Es knabbert an meiner Jacke herum.«
Erleichtert lächelte Charlotte ihn an. »Das haben wir gut gemacht, was?«
»Stimmt«, sagte Ben.
Dann machten sie sich mit Sternschnuppe auf den Heimweg. Zurück zu Julebukk.
Die Werkstatt des Weihnachtsmanns
Julebukk?« Niemand antwortete, als Ben gegen die Wohnwagentür klopfte.
»Vielleicht geht er ’n bisschen spazieren«, sagte Charlotte, »oder machen Weihnachtsmänner so was nicht?«
Sternschnuppe knabberte schon wieder an ihrem Haar. Sie schob seine feuchte Nase weg und schaute sich um. Aber von Julebukk war weit und breit nichts zu sehen. Nur ein dicker Mann kam bepackt mit Einkäufen den Bürgersteig entlang, und ehe Charlotte sich’s versah, prallte er gegen Sternschnuppes unsichtbares Hinterteil.
»Hups!«, sagte er und ließ vor Schreck seine Pakete fallen. Verblüfft sah er sich um, aber das einzig Verdächtige waren die zwei Kinder auf Julebukks Wohnwagentreppe.
Charlotte zerrte an Sternschnuppes Zügeln. »Schnell, lass uns reingehen!«, zischte sie Ben zu. »Der guckt schon ganz komisch!«
Ben öffnete die bunte Tür. Im Wagen war es dunkel. Nur auf dem Tisch brannte eine kleine Kerze. Julebukks Kaffeetasse stand daneben. Aber von ihm selbst war nichts zu sehen. Der Schrank, auf dem die Engel immer saßen, stand einen Spaltbreit offen und ein schmaler Streifen Licht fiel auf den abgewetzten Teppich. Besorgt guckte Ben zu der weißen Tür, aber die war immer noch verschlossen. »Komisch«, murmelte er.
»Der Mann guckt schon wieder so!«, flüsterte Charlotte. Sie schob Ben in den Wagen, kam mit Sternschnuppe hinterher und schloss die Tür. Kaum setzte das Rentier den ersten Huf in den Raum, da wurde es sichtbar. Weiß wie Milch stand es plötzlich da, am Geweih Weihnachtsdekoration aus dem Kaufhaus, die Nase marzipanverschmiert.
»Oh, sieh nur!«, sagte Charlotte. »Ist er nicht wunderschön?«
»Hm!«, brummte Ben. Sternschnuppe leckte ihm die Nase. »Aber ob der hier reindarf? Ich weiß nicht.«
Charlotte wurde rot. »Na, ich dachte, so kann er nicht weglaufen.«
Ben zuckte die Achseln und sah sich um.
»Hier ist ja wirklich niemand!«, sagte Charlotte erstaunt.
»Sag ich doch.« Ben schob Sternschnuppes haariges Hinterteil zur Seite und ging auf den offenen Schrank zu. Merkwürdige Geräusche kamen da raus, leises Gehämmer, feine Stimmen, Füßetrappeln.
»Hörst du das?«, flüsterte Charlotte.
Ben nickte und spähte durch den Spalt. Im Schrank war es hell!
»Na, was siehst du?«, fragte Charlotte, aber Ben antwortete nicht. Was er sah, hätte jedem die Sprache verschlagen. Charlotte lugte über seine Schulter – und wurde genauso stumm wie Ben. Der Anblick war einfach zu wunderbar. Der alte Schrank war der Eingang zu Julebukks Weihnachtswerkstatt.
Sehr groß war der Raum dahinter nicht, kaum größer als der übrige Teil des Wohnwagens, aber es glitzerte darin wie in einer Schatzkiste. Nach Holzleim roch es und nach Räuchermännchen, und bis unter die rot gestrichene Decke stapelte sich Spielzeug, winziges, wunderbares Spielzeug.
Es füllte Regale, Holzkisten und Körbe, hing in Netzen von der Decke oder schwebte auf taschentuchgroßen Teppichen einfach durch die Luft. Vieles ahnte man bloß im Kerzenlicht, das die Werkstatt erleuchtete. Hunderte von Kerzen gab es, aber angezündet waren sie nur da, wo die Weihnachtskobolde arbeiteten.
Es wimmelte von Kobolden. Etliche hämmerten und feilten, sägten und leimten an einer Werkbank, die viel zu groß für sie schien. Andere standen auf den Regalen und packten das Zwergenspielzeug in buntes Seidenpapier, wieder andere stapelten, was fertig war, um Platz für neue Sachen zu schaffen.
Mitten in dem Gewimmel saß Julebukk in seinem zerschlissenen Weihnachtsmantel. Er lehnte über einem wackeligen Tisch und schrieb in ein kleines Buch. Neben ihm stand ein
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