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Als die Roemer frech geworden

Titel: Als die Roemer frech geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Dreyer
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einen“ gegeben hatte. Denn hatte er einen
     Stock auf dem Rücken eines Soldaten entzweigeschlagen, pflegte er mit lauter Stimme nach einem zweiten und dritten zu rufen. 5
    Die Situation entglitt, besonders in den vier obergermanischen Legionen, wovon sich ein Teil beim Siedlungszentrum der Ubier
     (später Köln) befand. Es blieb dem Oberbefehlshaber zunächst nichts übrig, als vorerst zum Schein nachzugeben und die Soldaten
     hinzuhalten.
    Germanicus hatte sich bereits militärisch ausgezeichnet und war sehr beliebt; angeblich erwartete man auch in den Reihen der
     Aufrührer, dass er Tiberius die noch nicht fest etablierte Herrschaft offen streitig machen würde, indem er sich an die Spitze
     des Aufruhrs setzte. Doch er hielt seinem Adoptivvater die Treue, dessen Nachfolge er als Oberbefehlshaber in Germanien angetreten
     hatte. Unsere Nachrichten für die Zeit unmittelbar nach der Niederlage im Herbst 9 n.Chr. sind spärlich. So ist es schwer
     zu sagen, welche konkreten Direktiven Germanicus noch von Augustus erhalten hatte, als er den Oberbefehl am Rhein 12 n. Chr.
     mit 28 Jahren übernahm. Ein Hinweis mag sein, dass Germanicus – wie sein Vater Drusus kurz vor der Großoffensive gegen die
     Germanen 12 v. Chr. – in Gallien einen Zensus, eine Schätzung, vornahm, als er vom Tod seines Großvaters Augustus hörte.
    Daraus aber abzulesen, dass Augustus Germanicus mit der Wiederaufnahme der Offensiven quasi im Anschluss an Drusus betraut
     habe, wäre eine bestenfalls wahrscheinliche Vermutung: Was also hatte Augustus mit Germanien vor nach der katastrophalen Niederlage
     und dem Verlust von drei Legionen?
     
     
    |70| Augustus’ Pläne für Germanien
     
    Nach der Varuskatastrophe gab Augustus wenigstens offiziell das Ziel der Okkupation Germaniens nicht auf. In der Tat erforderten
     Furcht und Rachegefühle in der Bevölkerung Rücksichtnahme. Dichter der augusteischen Zeit beschreiben die Stimmung in der
     Bevölkerung:
    Kriege verkünden sie [die Gestirne] darüber hinaus, sowie Feuer und plötzlichen Aufruhr, / Gleichfalls Waffen, die in geheimem
     Verrat erhoben worden sind: / So einst unter den fremden Stämmen, als unter Vertragsbruch / Das wilde Germanien [uns] den
     Feldherrn Varus entriss / Und die Felder mit dem Blut von drei Legionen befleckte, / Sie steckten im ganzen Himmel überall
     bedrohliche / Fackeln an, und die Natur selbst brachte den Krieg mit Feuer / Und stellte [uns] ihre Kräfte entgegen und drohte
     mit dem Ende. 6
    Auch der nach Tomi am Schwarzen Meer verbannte Dichter Ovid gibt die Hoffnungen der Zeit kurz nach der Varuskatastrophe wider:
     Er wünscht sich einen Seemann, der den Weg nach Tomi findet und zu künden weiß, dass Tiberius die aufständischen Germanen
     besiegt hat:
    Mag er hoffentlich in der Lage sein, davon zu berichten, dass er von Caesars Triumphen / Gehört hat und die Gelübde an Jupiter
     Latiums erfüllt worden sind, / Nämlich dass Du, aufrührerisches Germanien, endlich Dein trauriges / Haupt unter die Füße unseres
     großen Feldherrn gelegt hast. 7
    Ein offen ausgesprochener Verzicht auf Germanien schien daher nicht opportun. Augustus hat deshalb wohl auch bis zu seinem
     Tode an dem einmal proklamierten Ziel der Unterwerfung bis zur Elbe festgehalten: „Weiter habe ich Germanien, soweit es der
     Ozean von Gades [heute Cádiz] bis zur Mündung des Flusses Elbe umschließt, befriedet.“ 8 Es scheint allerdings so, als sei Augustus mit diesem „heißen Eisen“ nur sehr vorsichtig umgegangen.
     
    |71| Mit seiner Formulierung hat Augustus schon für die Zeitgenossen unterschiedliche Interpretationen offengelassen: Meinte er
     die Beherrschung von Küstenstreifen und Binnenland, oder beschränkte er sich auf die Herrschaft des Landes entlang der Küsten?
     Noch offensichtlicher ist der Auslegungsspielraum in Augustus’ Testament, in dem er Tacitus zufolge geraten hat, „das Reich
     innerhalb der bestehenden Grenzen zu beschränken, wobei unsicher ist, ob er dies aus Furcht oder wegen Neid tat“. 9
    Welche Grenze – diejenige entlang des Rheins oder diejenige entlang der Elbe – gemeint war, wird nicht endgültig geklärt werden
     können. Möglich ist, dass Augustus ab 9 n. Chr. bewusst die endgültige Interpretation und Entscheidung seinem Nachfolger überlassen
     wollte. In jedem Fall blieb die administrative Organisation am Rhein bis zur Abberufung des Germanicus dieselbe, mit einem
     übergeordneten Kommando über acht Legionen im

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