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Als die Roemer frech geworden

Titel: Als die Roemer frech geworden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Dreyer
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Orientreise 18/19 n. Chr. Auffällig war etwa sein
     Werben um Sympathien bei der griechischen Bevölkerung, indem er sie vor den |76| Übergriffen der römischen Behörden schützte. Publikumswirksam besuchte er u. a. das Lager von Antonius bei Actium, der ja
     versucht hatte, ein römisches Ostimperium nach hellenistischem Vorbild zu schaffen. Und Germanicus kam an, etwa in Athen,
     wo er mit allen möglichen Ehren bedacht wurde. Die Reaktion seines Intimfeinds Piso, der ihm inoffiziell als Aufpasser nachreiste,
     zeigt die Dimensionen von Germanicus’ Handeln, als er die Athener nach der Abreise des Prinzen schalt. 19 Die Athener hätten sich nach Piso seit Sulla in die Reihe der Feinde Roms – wie Mithradates und Antonius – gestellt. Zumindest
     nach Piso gehörte Germanicus in die Reihe dieser Feinde.
    Den Höhepunkt des Affronts gegen den Princeps Tiberius bildete jedoch die Ägyptenreise des Germanicus im Januar/März 19 n.
     Chr. Eine solche Reise war jedem Senator und Mitglied der
Domus Augusta
verwehrt 20 – die für das Reich lebenswichtige Provinz unterstand der Kontrolle des Princeps allein. Ungeachtet dieser Tatsache inszenierte
     sich Germanicus auch dort äußerst publikumswirksam und öffnete angesichts einer Hungerkrise unautorisiert die Getreidespeicher
     – wofür er offen und heftig von Tiberius kritisiert wurde.
    Mit seinen ehrgeizigen und populären Ambitionen stellte Germanicus eine Gefährdung des noch jungen Principats dar, wenn er
     auch nie offen in Opposition gegen Tiberius trat. Aber durch die in ihn gesetzten Hoffnungen, die er bewusst schürte, schuf
     er Unruhe und hinderte den Princeps bei seinen Versuchen, die Reichsbevölkerung auf seinen politischen Kurs einzuschwören;
     nicht umsonst holte dies Tiberius nach dem Tod des Germanicus nach, denn es war wichtig, dass sich die Reichsbevölkerung mit
     der Politik ihres Princeps identifizieren konnte.
     
     
    Der Feldzug des Jahres 14 n.Chr.
     
    Germanicus hatte also nach dem Tod von Augustus nur den rechten Zeitpunkt abgewartet und überschritt dann noch im Herbst des
     Jahres 14 n. Chr. den Rhein. Der Feind rechts des Rheins hatte natürlich von Augustus’ Tod erfahren. Gleichzeitig waren die
     römischen Armeen in |77| den Winterquartieren in hellem Aufruhr. Es war also keine Gefahr zu befürchten – dachte man. Die Marser, die zu den Stämmen
     gehört hatten, die der Armee des Varus den Garaus gemacht hatten, gaben sich dem Feiern hin, ohne die geringste Vorahnung
     dessen, was nun über sie hereinbrach.
    Ein Hauptzweck dieses römischen Feldzugs lag in der Disziplinierung der Truppen. Einen Aufruhr konnte man nicht tolerieren.
     Wenn man dies einmal durchgehen ließ, konnte man auf die Loyalität der Soldaten in Extremsituationen nicht mehr setzen, besonders
     wenn man so viel vorhatte: die aufrührerischen Elemente mussten verschwinden. Nun sollten die Soldaten die Schande der Meuterei
     durch entschlossenen Kampf gegen den Feind sühnen. So gab der römische Oberbefehlshaber einen Vorgeschmack auf das, was die
     Germanen in den nächsten Jahren erwarten sollte. Die Marser, die südlich der Lippe siedelten, wurden völlig ahnungslos erwischt
     und niedergemacht. Ihr Heiligtum ging in Flammen auf.
    Die Vernichtungsstrategie des Germanicus sollte den Widerstand der Germanen brechen. Doch – das hatte schon der verschärfte
     Kurs des neuen Statthalters Varus ab dem Jahr 7 n. Chr. gezeigt – das Gegenteil wurde erreicht: Je heftiger die römischen
     Initiativen zur Unterwerfung waren, desto einhelliger standen die ansonsten notorisch zerstrittenen germanischen Stämme hinter
     Arminius. Der Argwohn gegenüber jeder Form der direkten Herrschaft – eine Ambition, die man Arminius unterstellte – wurde
     deswegen freilich nicht geringer. Die Stämme Nordwestdeutschlands waren nicht zu mehr als der Installation eines Heerkönigtums
     auf Zeit bereit.
    Im Frühjahr 15 n. Chr. stießen die Römer unter der Führung des Germanicus in den Raum des heutigen Hessen ins Siedlungsgebiet
     der Chatten vor, die zu den Hauptakteuren im Aufstand gegen die Römer gezählt hatten. In dieser Zeit lief der cheruskische
     Fürst Segestes über. Er war der Führer der prorömisch gesinnten Partei in seinem Stamm. Er hatte bereits Varus vor dem Komplott
     des Arminius gewarnt.
    Sein Sohn Segimundus war wahrscheinlich 7 n. Chr. zum Priester des römischen Loyalitätskultes in Köln gewählt worden, hatte
     es dann |78| aber mit den

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