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Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition)

Titel: Als es Nacht war in Dresden: Roman (Frauenromane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Siemon
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zu, gab ihm die linke Hand, hielt sie lange fest und meinte: »Es ist deutlich zu erkennen, dass dieses Mädchen gut behütet wird. Sie will es nur nicht wahrhaben, dass man dauernd ein Auge auf sie werfen muss, damit sie keine Dummheiten macht!«
    Was war das, fragte ich mich, hatte Gisela den Vorfall erzählt? Sie jedoch hatte allen erklärt, dass ich mich ganz spontan nach getaner Arbeit entschlossen hatte, nach Niederau zu fahren. Somit war alles gesagt. Aber ich vermutete, dass Karl die Wahrheit wusste. Max wollte nun gleich zurückfahren. Ihn zur Bahn zu begleiten, so meinte er, sollte ich mal schön bleiben lassen. Sollten wir doch froh darüber sein, dass alles noch einmal gut gegangen war.
    Ich umarmte ihn. »Danke, Max«, flüsterte ich und drückte ihn noch einmal. »Grüße Hedy, und sobald ich kann, komme ich wieder, vielleicht auch mit Gisela. Komm gut nach Hause und nochmals tausend Dank.«
    Die Sorgen um Max ließen mich noch eine ganze Weile nicht los. So richtig konnte ich mich gar nicht freuen über unseren Besuch. Karl und Laurenz versuchten, mich zu beruhigen. Jedenfalls, so hoffte ich, kannten sie die Gründe nicht, die mir dafür Anlass gaben. Immerhin hatte ich Hedy und Max zu Mitwissern gemacht. Das war wahrlich Grund genug zur Sorge.

    Weihnachten war auch nicht mehr weit. Gebe der Himmel, dass nicht noch mehr Unheil geschah. Unsere Freunde bereiteten uns schon darauf vor, dass sie Weihnachten beurlaubt würden. Wohin sie der Krieg danach verschlug, darüber wollten sie für diese kurze Zeit, die uns noch blieb, weder nachdenken noch darüber reden. Für den übernächsten Tag hatte ich mich mit Karl verabredet. Er wollte abends mit mir essen gehen und, wie er mir schnell zuflüsterte, ein wenig mit mir alleine sein. Er gab mir genaue Anweisung, wie ich fahren sollte. Über die Carola Brücke, Haltestelle Rathenauplatz. Dort wollte Karl auf mich warten. Ganz in der Nähe würden wir einkehren. Karl kannte sich in Dresden gut aus. Ich dagegen war in solchen Dingen sehr ängstlich, besonders, wenn ich verabredet und mir nicht ganz sicher war, in der richtigen Bahn zu sitzen und hoffentlich auch in die richtige Richtung zu fahren. Aber es klappte, pünktlich stieg ich aus und meine Augen suchten Karl. Es war schon dunkel. Ich hatte Mühe, ihn unter den Wartenden zu erkennen. Dabei achtete ich auf die graue Uniform und den gewohnten Stock. Doch grau war fast alles. Die Beleuchtung war spärlich. Auf die Einhaltung der Verdunklung wurde streng geachtet. Die nächste Bahn kam aus der anderen Richtung. Da nutzte ich den schwachen Lichtschein aus und lief ein Stück seitwärts, um die Aussteigenden nicht zu behindern. Ich sah in die andere Richtung, da bemerkte ich einen Soldaten, der mich offensichtlich beobachtete. Also marschierte ich einfach mal forsch drauflos. Da ich den Blick gesenkt gehalten hatte, bemerkte ich Karl erst, als ich ihm direkt in die Arme lief.
    »Wo wolltest du eigentlich hingehen?«, kam seine Frage.
    »Dich suchen, ich konnte dich nicht erkennen. Wo hast du denn deinen Stock?«, stotterte ich.
    »Freust du dich nicht, mich zu sehen und das ohne Stock?«
    »Doch, und wie ich mich freue«, schluchzte ich, »und wie ich mich freue! Ist mit deinem Bein alles wieder gut?«, fragte ich ganz aufgeregt.
    »Nun, sagen wir mal, es ist besser als vorher. Die Ärzte meinten deshalb, ich solle langsam damit anfangen, ohne Stock zu gehen«, erklärte Karl. »Wollen wir noch ein Stück laufen? Ich habe im Lokal Bescheid gesagt, dass wir zum Essen kommen.«
    Karl zeigte mit einem Finger in eine Richtung, aber das war mir alles gar nicht so wichtig. Der Stock hatte einfach zu ihm gehört, Karl ohne seine Gehhilfe zu sehen, war noch ein ganz ungewohnter Anblick. Aber die Freude, dass eine Besserung eingetreten war, war groß. Trotzdem hakte ich mich wie gewohnt links ein und bekam gleich zu spüren, dass er mit seiner rechten Hand nach meiner Hand griff.
    Es war ein schöner Abend. Ich konnte Gisela im Nachhinein nicht einmal erzählen, was wir gegessen hatten, so war ich erfüllt und glücklich in Karls Nähe. Doch es lag auch schon ein Hauch von Abschiednehmen in der Luft und Karls Worte unterstrichen das noch. »Wir halten fest daran, unseren gemeinsamen Plan zu verwirklichen. Wenn wir vielleicht auch für eine ganze Weile getrennt sein müssen, wollen wir fest aneinander denken und das halten, was wir uns versprochen haben. Nämlich: Bleib du mein einziger treuer Schatz, wie ich

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