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Als gaebe es kein Gestern

Als gaebe es kein Gestern

Titel: Als gaebe es kein Gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Winkelmann
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Karens Erkrankung und hatte dadurch immer eine Ausrede parat. Und auch wenn Karen feststellte, dass Arvin und Livia nicht besonders aufmerksam miteinander umgingen, war ihre Erkrankung eine wirksame Erklärung. Nur dass sie dann wieder mehr Zeit allein miteinander verbringen mussten …
    Es war ein ebensolcher Abend. Arvin hatte sich hinter ein Buch über Informatik verkrümelt. Er saß in seinem Sessel und hatte ihn so gedreht, dass er Livia schon fast den Rücken zukehrte. Auf diese Weise hatte Livia das Sofa ganz für sich allein; trotzdem fand sie keine Position, in der sie sich wohlfühlte. Und auch keine Beschäftigung, die ihr behagte. Sie blätterte schon seit geraumer Zeit lustlos in einem Gartenbuch. Das Problem war allerdings, dass sie kein einziges neues Bild mehr fand. Und wer las schon gerne Texte …? Sie winkelte also die Beine an, drückte sich in die Sofaecke und begann, Arvin zu beobachten. Interessanterweise wirkte er sehr vertieft, las aber ohne umzublättern! Livia kam es bald so vor, als betrachte sie eine Statue. Frustriert suchte sie sich eine andere Position, nahm die Fernsehzeitschrift vom Couchtisch und blätterte ziellos darin herum. Am liebsten hätte sie jetzt den Fernseher angemacht. Aber das ging ja nicht; schließlich hatte Karen ihnen einen Eheabend verordnet. Und es war ja auch nicht auszuschließen, dass man den Fernseher in den anderen Räumen hörte.
    Eine gute Stunde langweilte sich Livia zu Tode. Dann sagte sie: „Ich vermisse die Arbeit im Blumenladen.“
    Arvin rührte sich nicht.
    „Ohne die Blumen ist alles so furchtbar grau.“ Eigentlich meinte sie die Stimmung. Aber als sie zum Fenster hinaussah, war auch dort alles nebelig und farblos. Und das, obwohl noch nicht mal der Herbst begonnen hatte! Arvin schwieg.
    „Mir fällt hier die Decke auf den Kopf, weißt du?“
    Keine Reaktion.
    „Ich gehe hier zugrunde, Arvin!“, zischte Livia.
    „Du kannst ja wieder anfangen zu arbeiten, sobald –“ Er hatte zu sprechen begonnen, ohne auch nur den Kopf zu heben, und war dann genauso plötzlich wieder verstummt.
    „Sobald sie tot ist?“, vollendete Livia seinen Satz.
    Arvin schwieg erneut.
    „Wir müssen darüber reden, Arvin.“
    „Warum?“
    „Weil ich wissen muss, wie es mit uns weitergehen wird.“
    Endlich ließ Arvin das Buch sinken, drehte sich aber nicht zu Livia um. „Wie soll es schon weitergehen? Wir haben Karen ein Versprechen gegeben, und das werden wir einlösen. Vanessa wird bei uns aufwachsen. Sie wird bekommen, was sie braucht.“
    „Sie braucht Eltern, die einander lieben …“
    „Die bekommt sie doch“, antwortete Arvin kalt. „Oder hast du an meinem schauspielerischen Talent etwas auszusetzen? Also ich finde mich oskarreif …“
    „Glaubst du wirklich, wir können ihr auf Dauer verheimlichen, wie es um uns steht?“, ereiferte sich Livia.
    Arvin zuckte gleichgültig die Achseln. „An diese eine Sache wird sie sich einfach gewöhnen müssen.“
    „An diese eine Sache?“, brach es aus Livia hervor. „An diese eine Sache?“
    Arvin seufzte tief. „Ich gebe zu, dass sie einiges durchmacht. Aber es gibt nun einmal keine Möglichkeit, dieses Problem zu lösen.“
    „Du könntest mir verzeihen.“
    Arvins Kopf drehte sich ruckartig zu ihr herum.
    Livia sah ihn an. In ihren Augen schimmerten Tränen. „Bitte verzeih mir“, flüsterte sie.
    „Dann gibst du es also zu?“, fragte Arvin heiser.
    „W-Was?“
    „Dass du ein Verhältnis mit Enno hast.“
    Livia schüttelte heftig den Kopf. „Ich habe keins und ich hatte auch keins. Jedenfalls nicht in der Zeit, an die ich mich erinnern kann.“
    Arvin drehte den Kopf wieder weg. „Nun, dann gibt es ja auch keinen Grund, dir zu verzeihen“, sagte er kalt.
    „Doch, natürlich gibt es den! Ich war nicht ehrlich zu dir. Ich hab mich mit Enno getroffen und es dir verheimlicht. Aber das … das hab ich nur getan, weil … weil … Am Anfang haben wir sowieso nicht miteinander gesprochen und später … da hatte ich Angst, dass du es mir übel nehmen würdest …“
    „Und das soll ich dir glauben?“ Nichts in Arvins Position oder Mimik deutete im Moment darauf hin, dass er sich mit jemandem unterhielt.
    „Ja!“ Es war beinahe ein Flehen.
    „Warum?“
    Livia schluckte schwer. „Weil ich dich liebe“, flüsterte sie. Es klang beinahe verzweifelt.
    Arvin lachte auf. „ Liebe … ein großes Wort. Wahrscheinlich das Wort, das auf dieser Welt am häufigsten missbraucht wurde.“
    „Nicht von

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