Als ich lernte zu fliegen
laufen, Notizblöcke und sonstiger Schnickschnack für das ganze Personal, mit der neuen Firmenphilosophie …«
»Initiativ statt inaktiv, Lösungen suchen, nicht Probleme …«, sagt Asif.
»Du meine Güte! Sie haben das Memo tatsächlich gelesen!« Mei Lin lacht. »W ahrscheinlich sind Sie der Einzige!« Sie klopft ihm verschwörerisch auf den Arm und stöhnt hörbar auf, als Matt sich nähert.
»Meine Lieben, ihr kuschelt viel zu viel«, rügt er. »Das Gebot der Stunde lautet: Mischt euch unter die Leute, meine Süßen, stürzt euch ins Getümmel!« Er seufzt, als er sieht, dass die neuen Graduierten eine separate Gruppe bilden und nur untereinander plaudern. »Oh Mann, sieht ganz so aus, als müsste Onkel Matt mal wieder ran.« Er klopft mit dem Manschettenknopf an sein Weinglas, und als alle Blicke auf ihm ruhen, ruft er: »So, Leute, jetzt stellt euch mal alle schön im Kreis auf. Mit DIR fangen wir an.« Er deutet auf Ravi, der seine Unlust deutlich kundtut. »W as war die erste Schallplatte, die du dir im Leben gekauft hast?« Ravi lacht widerwillig, er ist mit der Übung schon vertraut, und nennt ein völlig unbekanntes, aber akzeptables Album einer Brit-Pop-Band. Asif denkt verzweifelt nach, was er sagen könnte, ohne bei sämtlichen Kollegen unten durch zu sein. Er kann sich nicht erinnern, was er beim letzten Mal genannt hat, aber die Wahrheit darf er auf keinen Fall sagen: Die erste Platte, die er gekauft hat, war Die Teletubbies sagen I-A , als Geschenk für seine kleine Schwester.
Fast zwei Stunden später, die nur durch Ströme von Importbier zu ertragen waren, verlässt Hector endlich den Empfang, was bedeutet, dass auch alle anderen gehen dürfen. »Gott sei Dank«, murmelt Mei Lin. »Melodys Babysitterin verdient sich eine goldene Nase, dabei sitzt sie bloß auf dem Sofa und schaut Supernanny .«
»Schönen Abend noch, Mei Lin«, sagt Asif etwas wehmütig. »Oder was davon noch übrig ist.«
Mei Lin bleibt an der Tür stehen und fragt Asif: »W arum nennen Sie mich denn nicht Lynn wie alle anderen?«
Asif fühlt sich irgendwie ertappt und windet sich: »Na, Lynn ist doch nicht Ihr richtiger Name. Sie heißen Mei Lin, und es kommt mir einfach nicht richtig vor, Ihren Namen zu verstümmeln.« Dann entschuldigt er sich noch: »T ut mir leid, wenn ich Sie damit genervt habe, weil ich Sie den ganzen Abend mit Mei Lin angesprochen habe. Mögen Sie das nicht?« Er ist erschüttert von ihrem wunderbar zarten Schlüsselbein, das er im Ausschnitt ihrer Bluse sieht.
Mit einem leisen, feinen Lächeln schlüpft Mei Lin in ihre Jacke und sieht ihm offen ins Gesicht. »Doch, das mag ich«, sagt sie. Dann geht sie zum Lift hinüber.
Schattentiere
Ich heiße Yasmin Murphy und mag keine Veränderungen, die machen mich unglücklich, und ich bekomme Juckreiz, genauso wie ich früher, als ich noch Antiepileptika eingenommen habe, bei hellem Sonnenlicht Juckreiz bekommen habe. Und obwohl ich schon seit Jahren keine Antiepileptika mehr nehme, ist die Erinnerung daran immer noch so stark, dass ich mich jedes Mal, wenn ich in die Sonne hinausgehe, unwohl fühle. Ich weiß, dass dieses Gefühl von Unwohlsein und Juckreiz von elektrischen Impulsen stammt, die nur von Gedanken ausgelöst werden und nicht von Nervenzellen in der Haut; trotzdem kann ich es nicht ignorieren und trage deshalb bei greller Sonne immer eine Sonnenbrille, einen Hut und langärmlige Oberteile. Das ist ohnehin vernünftig und verringert das Risiko von Hautkrebs und lebensgefährlichen Melanomen.
Früher hatte ich immer Angst vor der Sonne, deshalb hat mir Mum viele verschiedene Schattentiere beigebracht, damit ich mit Licht und Schatten spielen kann und darin etwas Schönes statt Schreckliches sehe. Meine Lieblingsschattentiere waren Häschen, weil sie leicht zu machen sind; man kann mit jeder Hand eins machen und das Näschen mit der Daumenspitze zucken lassen, und sie haben immer die gleiche Form, auch wenn Mum die Stellung der Ohren abwandelte: Ein glückliches Häschen spitzt die Ohren – die Finger sind nach oben gestreckt, ein trauriges Häschen lässt die Ohren hängen – die Finger zeigen nach unten, und ein freches Häschen hat ein Ohr oben und eins unten.
Ich weiß, dass es unvernünftig ist, Veränderungen nicht zu mögen, da sie sich nicht vermeiden lassen, wie es sich auch nicht vermeiden lässt, dass der Tag zur Nacht und wieder zum Tag wird, außer bei seltenen Gelegenheiten wie einer
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