Als ich unsichtbar war
eine der größten Freuden, die ich ihr bereiten kann, sei das Vergnügen, das ich plötzlich an neuen Dingen entwickle. Sie meint, sie habe noch nie jemanden so intensiv genießen sehen wie mich. Und es macht sie glücklich, dass mich die Welt so oft in Erstaunen versetzt, denn es gibt fast so viele neue Erfahrungen und Überraschungen, wie es Wege gibt, ein Wonnegefühl zu genießen.
Bisher waren dies größtenteils persönliche Empfindungen und Gedanken gewesen, die ich niemandem vermitteln konnte, umso größer ist das Vergnügen, meine Freude jetzt mit Joanna teilen zu können. Sie lacht, wenn sie meine weit aufgerissenen Augen beim Anblick eines blutroten Sonnenuntergangs sieht, oder ich lächle erstaunt, wenn wir um eine Kurve kommen und sich vor uns die Schönheit einer smaragdgrünen Landschaft ausbreitet.
Die Akzeptanz, die sie mir entgegenbringt, ist der Grund, weshalb ich seit meiner Ankunft begonnen habe, immer mehr Dinge auszuprobieren. Sie möchte, dass ich größere Zuversicht in einen Körper entwickle, in den ich das Vertrauen schon vor langer Zeit verloren habe. Nachdem ich Joanna eine Woche lang in der Küche zugeschaut hatte, beschloss ich eines Morgens, jetzt sei ich mit einem Versuch an der Reihe. Bis dahin hatte ich noch nicht einmal eine Tasse Kaffee selbst gemacht, denn meine zittrigen Hände sind eine Belastung, der kaum jemand in einer Küche trauen würde. Joanna aber, die die ganze Woche über für mich gekocht hatte, sagte keinen Ton, als ich ihr mitteilte, jetzt sei es an mir, für das Frühstück zu sorgen.
Nachdem sie einen Styroporgriff an meiner rechten Hand befestigt hatte, mit dessen Hilfe ich kleine Teile wie Messer und Löffel aufnehmen konnte, schraubte sie die Deckel der Kaffee- und Marmeladengläser auf, von denen sie wusste, dass ich sie niemals allein öffnen könnte. Danach verließ sie die Küche.
»Ich werde noch etwas in meinem Buch lesen«, sagte sie.
Ich starrte auf den elektrischen Wasserkocher vor mir. Das kochende Wasser in die Tassen zu gießen, würde ich nicht wagen, aber ich konnte es zum Kochen bringen. Ich schaltete den Kessel an und widmete mich dann dem Glas mit dem löslichen Kaffee auf der Anrichte. Es stand dort etwa auf gleicher Höhe mit meinen Augen, und ich fixierte es genau, während ich meine Hand ausstreckte und mich in meinem Rollstuhl so weit es eben ging nach vorne beugte. Meine Finger umfassten das Glas, dann zog ich es zu mir heran und schob den Deckel herunter. Danach griff ich nach einem Löffel, meinem ganz persönlichen Angstgegner – ein winziges Objekt, um das sich meine gefühllosen Hände nicht vernünftig schließen können.
Der Löffel flatterte in meiner zitternden Hand, als ich ihn in das Glas stieß und nach dem Kaffee fischte. Beim Versuch, ihn herauszuziehen, fiel bereits ein Teil des körnigen Pulvers vom bebenden Löffel, der letzte Rest verteilte sich auf der Anrichte, als ich ihn schließlich ganz draußen hatte. Die Frustration nagte an mir, und ich wünschte mir, ich könnte meinen widerspenstigen Händen befehlen, sich auf der Stelle meinem Willen zu unterwerfen. Und so versuchte ich es noch einige Male, einen Löffel voll Kaffee in die beiden Tassen zu füllen, dann wandte ich mich dem Zucker zu. Es war ein hoffnungsloses Unterfangen, in einer Tasse befand sich genügend Kaffee, um daraus einen sirupartigen Teer zu brauen, in der anderen reichte es für ein wässriges Imitat. Immerhin, es war ein Anfang.
Als Nächstes war der Toast dran. Joanna hatte zwei Scheiben Brot im Toaster gelassen, und ich drückte den Hebel herunter, bevor ich mich an der Arbeitsplatte entlangzog, um die Butter und Marmelade zu holen. Ich legte mir beides auf den Schoß, stieß mich von der Anrichte ab in Richtung Tisch und stellte die Sachen dort ab. Dann stieß ich mich erneut ab, durchquerte die Küche und kam zum Schrank, in dem sich die Teller befanden. Ich bückte mich, öffnete die Tür, nahm heraus, was ich benötigte, fuhr wieder zum Tisch und deponierte die Sachen auf der Tischplatte.
Jetzt brauchte ich noch Messer. Wer hat behauptet, das Frühstück sei die einfachste Mahlzeit des Tages? Mir erschien es mitnichten so. Es gab so viele verschiedene Dinge, die gleichzeitig erledigt werden mussten. Die Toastscheiben waren schon fertig und wurden kalt, das Wasser im Wasserkessel hatte bereits gekocht. Ich musste mich beeilen, wenn ich Joanna noch etwas Warmes vorsetzen wollte.
Ich nahm zwei Messer aus einer Schublade, legte mir
Weitere Kostenlose Bücher