Als ich vom Himmel fiel
meiner Mutter fortführen würde. Und tatsächlich sehnte ich mich nach nichts mehr, als endlich wieder nach Panguana zurückzukehren. Meine Liebe zu allem Lebendigen, meine Neugier und mein Staunen angesichts der unendlichen Vielfalt der Natur, das hatte ich während unserer Reise wieder deutlich gespürt, waren immer noch genauso stark wie damals, als ich noch ein Kind war und mit meinen Eltern die Geheimnisse der Wälder erkundete. Ich hatte mich gut in Deutschland eingelebt, doch als ich mit meinem Studium begann, war es für mich eine ausgemachte Sache, dass ich eines Tages wieder nach Peru zurückkehren und dort auch leben würde.
Die erste Gelegenheit dazu bot sich 1977, als ich meine Diplomarbeit in Angriff nehmen musste. Ich brauchte ein Thema, etwas, was noch nicht untersucht worden war. Was hätte sich mehr angeboten als eines, das ich in Panguana bearbeiten konnte?
Natürlich sprach ich mit meinem Vater darüber, der sich über mein Interesse freute. Die Erforschung des Lebens in Panguana lag ihm immer noch sehr am Herzen. Meine Mutter und er waren damals aufgebrochen mit dem Plan, einen systematischen und ökologischen Überblick und ein möglichst vollständiges Arteninventar zu erarbeiten. So viele Jahre später war das nun erst zu einem kleinen Teil gelungen, so vielfältig ist das Leben in diesem Stück Regenwald. Unter anderem erwähnte er, dass es über die Tarnfärbungen der aas- und kotfressenden Tagschmetterlinge noch keine wissenschaftliche Untersuchung gäbe, wohl aber Veröffentlichungen über die warnfarbigen Falter. Und da dachte ich: Ja, das könnte doch etwas für mich sein. Mein Vater und andere Forscher hatten bereits eine Menge Schmetterlinge in Panguana gesammelt, also musste ich nicht bei null beginnen. Außerdem sind diese Tiere relativ leicht zu beobachten und anzulocken, sodass ich das Thema im Rahmen einer Diplomarbeit bewältigen konnte. Und auf diese Weise wurde ein weiterer Teil der Fauna unserer Station erforscht und erschlossen.
Für mich war es die erste und sehr willkommene Gelegenheit, endlich wieder nach Panguana zurückzukehren. Ich reiste nicht allein, sondern brach Anfang August 1977 mit vier weiteren Studenten auf, und wir formten ein buntes Trüppchen: Es begleiteten mich eine Diplomandin meines Vaters mit ihrem Mann, die sich beide sehr für Reptilien und Amphibien interessierten. Außerdem kam noch ein Doktorand meines Vaters mit, Andreas, der heute im Naturkundemuseum Stuttgart als Herpetologe arbeitet, also als Fachmann für Amphibien und Reptilien. Er promovierte über die Frosch-Artengemeinschaft eines Waldtümpels in Panguana und blieb etwa ein Jahr dort. Und schließlich begleitete uns eine weitere Studentin, die das Leben im Amazonas-Regenwald kennenlernen und außerdem Andreas Gesellschaft leisten wollte.
Als wir in Lima ankamen, erwarteten mich schon wieder eine Menge Journalisten. Ich konnte es kaum glauben, immerhin war ich über fünf Jahre fort gewesen und hatte gehofft, man hätte mich in Peru längst vergessen. Ständig wurde ich um Interviews gebeten, und das ging mir damals ganz schön auf die Nerven. Darum war ich froh, als meine Begleiter und ich Richtung Urwald aufbrachen, wo ich in Ruhe meiner Arbeit nachgehen konnte.
Wie sehr freute ich mich, Panguana wiederzusehen. Damals konnten wir noch das alte Haupthaus, in dem ich mit meinen Eltern gelebt hatte, bewohnen, das heute leider nicht mehr existiert. Es war umgeben von einer Arbeits- und einer Küchenhütte, und etwas weiter entfernt gab es noch ein Gästehaus. Dieses hatte zwar keine Wände, grenzte auf einer Seite aber direkt an den Urwald an, und hier, wo man vor Wind und Wetter ganz gut geschützt war, übernachteten wi r – auf dem Fußboden natürlich. Es war also genügend Platz für uns alle. Moro und seine Familie wohnten damals noch flussabwärts auf der anderen Seite des Yuyapichis auf seiner Farm »La Ponderosa « – »fundo« nennt man im amazonischen Peru die Viehzuchten. Erst später baute er das Haus auf dem Panguana-Gelände direkt gegenüber den heutigen Gästehäusern.
Insgesamt verbrachte ich drei Monate in Peru, davon einen in Panguana. Dort fing und fotografierte ich zahlreiche Schmetterlinge, die ich mit verschiedenen Ködern anlockte. Es gab zu der Zeit eine Menge wilder Ratten und Mäuse in der Nähe der Häuser und am Waldrand, vor allem Stachelratten. Moro half mir, sie zu fangen, und wenn geschlachtet wurde, erhielt ich auch anderes Fleisch. Diese oft
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