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Als könnt' ich fliegen

Als könnt' ich fliegen

Titel: Als könnt' ich fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ravensburger
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das ist wohl eine andere Sache. Gerade in diesem heißen Sommer kochte sie oft abends und dann meistens Speisen aus Indien oder Griechenland.
    »Da ist es immer heiß«, sagte sie und lachte. »Deswegen kann man mit diesen Rezepten eigentlich nichts falsch machen.«
    Marlies war ein fröhlicher Mensch. Sie lachte viel und verstand sich darauf, andere mit ihrer guten Laune anzustecken. An sie hätte ich mich glatt gewöhnen können. Dass Mutter und Tochter so vollkommen gegensätzlich sein konnten, ging nicht in meinen Kopf. Ilka hatte ich noch nie bei guter Laune erlebt. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie überhaupt wusste, was das war.
    An diesem Abend hatte es irgendein Reisgericht gegeben. Wir saßen auf der Terrasse. Alle Teller und die Pfanne waren leer gekratzt. Nur Ilka hatte kaum etwas angerührt. Sie achtete peinlich genau darauf, nicht mal ein tausendstel Milligramm zuzunehmen.
    Obwohl sie bei uns saß, war die Stimmung friedlich. Die Hitze des Tages hatte sich gelegt, die Luft war angenehm. Wir alle ruhten uns ein bisschen aus. Ein paar zankende Möwen flogen über den Garten. Wahrscheinlich fiel Ilka deshalb ein, dass es da noch etwas anderes gab als Harmonie. Jedenfalls warf sie einen nachdenklichen Blick nach oben, bevor sie loslegte.
    »Tobi hat eine neue Freundin«, sagte sie unvermittelt. »Hat er schon erzählt?«
    Ich sah meinem Vater an, dass er trotz ihres freundlichen Tonfalls nichts Gutes vermutete. Oder vielleicht gerade deshalb.
    Marlies strahlte unbefangen. »Nein, hat er nicht. Lernen wir sie mal kennen, Tobias?«
    Schadenfroh grinste Ilka mich an.
    Wenn eins an Marlies nervte, dann war es die Naivität, mit der sie ihrer Tochter immer wieder auf den Leim ging.
    »Illi labert Schwachsinn«, gab ich kurz zurück. »Und zwar totalen Schwachsinn.« Illi war meine Rache für Tobi , wenn auch keine besonders originelle.
    »Jetzt wird er rot«, säuselte Ilka. »Wie niedlich!«
    Langsam schien selbst Marlies zu spüren, dass ihre Tochter nur Gift versprühte. Ihre Miene wechselte schlagartig auf besorgt. Ilka rechtfertigte sofort ihr Misstrauen. »Eine Behinderte«, sagte sie. Ihr Ton war nur leicht verächtlich. Vordergründig hörten sich ihre Worte an, als hätte sie gesagt: »Eine Schönheitskönigin.«
    Ich stand auf. Ich war stinksauer.
    »Wenn nicht irgendwer dieser blöden Kuh bald das Maul stopft«, zischte ich, »dann übernehme ich das höchstpersönlich.«
    Ilka brach in ein Gelächter aus, als hätte ich einen unglaublich guten Witz erzählt. Ich rannte ins Haus. Ich bekam noch mit, dass Marlies ruhig, aber entschieden etwas sagte. Von da an war nur Ilka zu hören. Völlig hysterisch schrie sie ihre Mutter an. Ich konnte nicht alles verstehen, nur dass es um mich und meinen Vater ging und dass sie nichts mit uns zu tun haben wollte. Dann kam auch sie ins Haus gerannt. Gerade in dem Augenblick, in dem ich nach vorn heraus wieder verschwand. Ich hörte noch, dass Marlies ihr hinterherrief, sie solle auf der Stelle zurückkommen.
    »Ein Irrenhaus ist das geworden«, sagte ich zu Björn. Nachdem ich ihm alles erzählt hatte, ging es mir etwas besser. Wir saßen vor dem Shark. Inzwischen hatte auch Phil kapiert, dass dieser Sommer ein einziges Hitzeloch war, und ein paar Tische vor die Tür gestellt. Er brachte uns zwei Cola.
    »Wie geht’s Nadine?«, fragte ich.
    »Gut wie nie«, sagte Phil. »Sie liegt noch im Bett.« Er grinste provokativ. »In meinem, versteht sich.«
    Es tat nicht mehr weh. Es pikste nicht mal mehr. Erleichtert lächelte ich Phil an.
    »Na dann«, sagte ich, »viel Spaß weiterhin. Und grüß sie von mir.«
    Ich hob die Cola in seine Richtung. Wortlos drehte er ab. Die Enttäuschung war ihm deutlich anzusehen.
    Björn grinste anerkennend. »Damit steht’s eins zu null für dich.«
    »Wenn das Spiel zu Ende ist«, sagte ich, »ein optimales Ergebnis.«
    »Herzlichen Glückwunsch!«, sagte Björn. Und dann: »Was macht der denn hier?«
    Soeben war Marco um die Ecke gekommen. Mit zwei anderen Typen, die ich flüchtig vom Sehen kannte. Keiner der drei verkehrte sonst hier. Marco bemerkte mich und steuerte sofort auf unseren Tisch zu.
    »Na, ihr beiden!« Er grinste, als habe er uns bei irgendetwas erwischt.
    »Na, du Arschloch«, lächelte Björn. »Endlich Gleichgesinnte gefunden? Gar nicht so einfach, oder?«
    Marcos Grinsen gefror. Seine Begleiter guckten einander fragend an. Die Frage war, ob sie gleich zuschlagen sollten oder doch erst später. Besonders

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